Kapitel 1 ~ Abschied

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Ein lautes Scheppern schreckte mich aus dem Schlaf. Ich saß kerzengerade im Bett und lauschte nach weiteren Geräuschen. Doch da hörte ich auch schon das Gefluche meiner Tante und ich sank erleichtert zurück in die Kissen. Vermutlich hatte sie mal wieder etwas fallen gelassen. Sie war bestimmt gerade dabei, die letzten Sachen zusammen zu kramen. Ich drehte mich auf die Seite und schaute auf den Wecker. Ich seufzte. 4:17 Uhr. Na toll. Heute war der große Umzug. Heute zogen wir in die Heimat meiner Mutter und meiner Tante. In das wunderschöne, verregnete und langweilige Deutschland. Juhu. Das Leben war manchmal echt nicht fair. Warum konnte nicht alles so bleiben, wie es war?

Ich würde am liebsten liegen bleiben, mich unter meiner Decke verkriechen und diesen Tag verschlafen. Aber jetzt wo ich einmal wach war konnte ich genauso gut aufstehen und meiner Tante helfen. Ich schlug die Decke weg und krabbelte aus meinem Bett. Verschlafen schleppte ich mich nebenan ins Bad.

Ich streifte mir mein Nachthemd vom Körper und stieg in die Dusche. Ich drehte den Wasserhahn nach rechts und ließ einfach nur eiskaltes Wasser an mir herunterlaufen. Dabei schweiften meine Gedanken mal wieder zu meinem Traum. Seit ein paar Wochen träumte ich fast jede Nacht dasselbe. Allerdings träumte ich ihn nie zu Ende, was mich mittlerweile ziemlich frustrierte. Immerhin wusste ich jetzt, dass der Name der Frau mit „Ar" anfing. Das war schon ein deutlicher Fortschritt. Leider hatte ich ihn nicht ganz hören können, weil meine Tante ausgerechnet dann etwas fallen lassen musste.

Als meine müden Glieder sich endlich wieder bewegen konnten, stellte ich auf warmes Wasser um, seifte mich ordentlich ein und wusch mir die Haare.

Es war ja wohl nicht normal, dass ich schon seit Wochen denselben Traum hatte. Genauer gesagt seit meinem 17. Geburtstag, wie mir auffiel.

Um nicht ewig hier zu stehen bis meine Finger schrumpelig wurden und ich mir über etwas Gedanken machte, was nicht einmal real war, stieg ich aus der Dusche und putzte mir die Zähne. Danach zog ich mir meine Lieblingsjeans und ein gemütliches Sweatshirt an. Nachdem ich mir noch die Haare geföhnt hatte, ging ich nach unten.


Außer meiner Tante war noch niemand wach. Sie wuselte gerade in einem der letzten Umzugskarton herum, als ich ins Wohnzimmer kam. Die meisten Kartons und unsere Möbel waren bereits auf dem Weg nach Deutschland. Bis auf die größten Möbel, wie die Küche, die Betten und die Schränke, nahmen wir Alles mit. In unseren neuem Haus gab es die anscheinend schon.

>> Morgen Rya!<<, sagte meine Tante ohne aufzuschauen und winkte zur Begrüßung grob in meine Richtung. >>In der Küche findest du noch Obst, Brot und ein wenig Aufschnitt, falls du das fragen wolltest.<<

Ich lächelte zufrieden und machte kehrt. Sophie schien immer zu wissen, was ich wollte.

Als ich kurz darauf mit meinen wild zusammengewürfelten Frühstück zurückkam, verschloss Sophie den Karton, indem sie ihn von oben bis unten mit Klebeband einwickelte.

Ich schmunzelte. >>Wenn du so weitermachst, hast du bald kein Klebeband mehr für die restlichen Kartons.<<

>>Sicher ist sicher. Außerdem haben wir bestimmt noch irgendwo ein, zwei Rollen. Hilf mir lieber das restliche Zeug in die Kartons zu packen!<<, lachend warf sie mir einen zusammengefalteten Karton zu und deutete auf die übrigen Sachen, die überall verteilt lagen.

Ich faltete den Karton auf und schrieb mit einem dicken schwarzen Edding „DEKORATION" auf den Deckel und machte mich daran, allerlei Deko ordentlich zu verstauen.

Gerade als wir den letzten Karton mühsam zu klebten, kam mein Onkel verschlafen die Treppe herunter.

>>Genau dann, wenn wir fertig sind, tauchst du auch mal auf.<<, sagte ich und zeigte anklagend mit der Klebebandrolle auf meinen Onkel Dan. >>Wir hätten ruhig Hilfe gebraucht. Immerhin ist das auch dein Kram!<< fügte ich hinzu.

Immergrün *pausiert* #TeaAward2018Where stories live. Discover now