Kapitel 32 - Hundert Schwerter für ein Leben

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Da dies für heute mein letztes Unterrichtsfach war und morgen Wochenende war, wo ich wieder nach München ging, fragte ich Thranon, nachdem wir uns von Zarrn verabschiedet hatten, ob wir nicht heute länger machen konnten.

>>Ich sehe schon, du besitzt den Ehrgeiz deiner Mutter.<<, sagte er und zwinkerte mir zu. >>Dann komm. Heute gibt es nicht viel zu tun und für alle Fälle ist auf Alarion - meinem Stellvertreter - bestens Verlass.<<

>>Alarion ist dein Stellvertreter? Aber ist er nicht viel zu jung, um so eine hohe Position zu bekleiden?<<, fragte ich erstaunt.

Thranon lachte und legte mir freundschaftlich die Hand auf die Schulter. >>Prinzessin, sehe ich etwa für dich wie ein 378 jähriger Mann aus?<<

>>Ähm nein, natürlich nicht.<<, antwortete ich und lachte vorsichtig. Thranon sah gerade mal aus wie Mitte Vierzig, wenn auch seine Haare vollständig silbern waren. Aber es stand ihm. Er war ein wirklich attraktiver Elf und das meinte ich nicht nach menschlichen Maßstäben. Ich hatte bisher noch keinen Elf gesehen, der in irgendeiner Weise ein bisschen unattraktiv war und Thranon übertraf die meisten von ihnen. Und noch dazu war er mit wenigen anderen, der netteste, den ich bisher begegnet war. Kein Wunder, dass meine Tante und er mal was miteinander hatten.

Darauf antwortete er nichts mehr und ich fragte mich, wie alt Alarion wirklich war. Ich musste ihn demnächst unbedingt nach seinem wahren Alter fragen.

Wir verließen den Palast nach hinten heraus und auch den Palastgarten. Weiter dahinter lag ein Stück Wald, das wir durch einen mit Mamor ausgelegten Weg durchquerten. Schließlich erreichten wir ein riesiges, sandiges Feld, welches sich als Trainingsplatz der Wächter des Waldes und der Palastwachen auswies.

Neben dem Feld - das so groß wie drei Fußballfelder war - befand sich auch eine Art offene Halle, in der Übungswaffen lagerten und man trainieren konnte, falls mal schlechteres Wetter herrschte.

Da die Sonne jedoch schien, befanden sich alle, die gerade trainierten auf dem Übungsfeld.

Vor mir bot sich ein Schauspiel, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Im hinteren Bereich waren Zielscheiben aufgestellt, die von Elfen mit Pfeil und Bogen ins Visier genommen wurden, während im vorderen Teil die Schwertkämpfe stattfanden.

Ich bezweifelte, dass der beste menschliche Schwertkämpfer der jemals irgendwann existiert hatte, auch nur ansatzweise an den schlechtesten der Elfen herankam.

Schwertklingen schnitten durch die Luft und trafen im Bruchteil einer Sekunde auf eine andere. Das ganze Feld war erfüllt vom Kreischen und Klirren der unzähligen Klingen.

Es sah beinahe aus wie ein wilder, tödlicher Kampf. Ihre Bewegungen waren voller Anmut und Eleganz, ihre Angriffe und Paraden genau überlegt und doch blitzschnell, dass sie für das menschliche Auge wohl kaum zu erkennen waren. Jeder Schritt und jede Aktion wurde mit höchster Präzision ausgeführt.

All dies verlieh den Kämpfen etwas schönes. Diese Schönheit stand jedoch im starken Kontrast zu dem, wofür diese Kämpfe eigentlich gedacht waren. Zum töten.

>>Wenn dich die anderen Elfen stören und es dir unangenehm ist, kann ich sie gerne abziehen lassen, damit wir in Ruhe trainieren können.<<, schlug Thranon vor, als wir uns dem Rand des Feldes näherten.

>>Nein, es ist schon in Ordnung. Ich möchte nicht, dass sie nur wegen mir ihre Übungen unterbrechen müssen. Das wäre mir unangenehm.<<, verneinte ich und beobachtete ehrfürchtig die kämpfenden Elfen.

>>Wie du wünschst, Rya. Solltest du es dir jedoch anders überlegen, zögere nicht es mir zu sagen.<<

Wir betraten den sandigen Boden des Feldes und sobald man uns bemerkte, unterbrachen die Elfen jegliche Kämpfe und machten uns Platz, damit wir hindurch gehen konnten.

Immergrün *pausiert* #TeaAward2018Where stories live. Discover now