Niall {1}

68 12 3
                                    

Früh morgens werde ich von dem "schönsten" Geräusch der Welt geweckt. Meinem Vater, der das ganze Haus zusammen schreit, weil ich gestern keine Drogen verkauft habe. Wie schön der Tag doch anfängt, nicht. Sogar dein Sarkasmus ist erbärmlich. Meine innere Stimme ignoriere ich und stehe auf, nur um mich danach zu erschrecken, da mein Vater ins Zimmer stürmt. "HEUTE VERKAUFST DU VERDAMMT NOCHMAL DIESEN STOFF ODER DU KANNST GUCKEN, WO DU LEBEN WIRST!", schrie er und ich merke, wie mein ganzer Körper anfängt zu zittern und schnell hebt und senkt sich mein Kopf, was ein nicken darstellt. Mein Vater geht wieder aus meinem Zimmer und schimpft dabei weiter vor sich hin, nur eindeutig leiser. Ich gehe an meinen Schrank und suche mir mit etwas verschwommener Sicht Kleidung aus, danach stolpere ich zurück ein meinen Nachttisch und nehme meine Brille um sie mir danach aufzusetzen.

Mit leerem Magen stehe ich jetzt vor dem Schultor und wünsche mir nix sehnlicher, als zu gehen, nur kann ich nicht. Tief atme ich durch und betrete dann meine persönliche Hölle von Erden. Mein Blick ist auf den Boden gerichtet und ein gefälschtes Lächeln liegt auf meinen Lippen. Da ich einen viel zu großen Hoodie anhabe, verdeckt dieser meine vernarbte Haut und meinen dünnen Körper. Mit schnellen Schritten gehe ich in meinen Klassenraum und lasse mich angekommen auf meinen Platz fallen. Meine Sachen lege ich auf den Tisch und fahre mir durch die blondierten Haare. Ich muss sie wieder färben gehen.. Wieso denn? Hübscher macht es dich eh nicht. Für einen kurzen Moment schließe ich meine Augen, dass bereue ich aber sofort, da mein Gehirn mir Streiche spielt und mich die schlimmsten Gesichter der Welt sehen lässt. Meine Augen öffne ich deshalb sofort und merke, dass mein Atem sich etwas beschleunigt hat. Meine Lippen zwinge ich dazu, ein Lächeln zu bilden und sie kriegen es gekonnt hin.

Nachdem die Schule zu Ende ist, gehe ich nach Hause und schnappe mir die Tüten, die mein Vater mir sorgfältig auf die Kommode gelegt hat und lege diese in meine innere Jackentasche. Meine Hände fangen leicht an zu zittern, als ich daran denke, was ich gleich tun muss. Das mulmige Gefühl, welches ich jeden Tag habe, wird nur stärker und lässt mich schwer schlucken. Ich gehe aus dem Haus und schließe hinter mir leise die Tür. Danach laufe ich los und komme nach wenigen Minuten an. Ich stelle mich in eine Ecke und versuche meinen Körper unter Griff zu bekommen. Die Kapuze des Hoodie's habe ich tief in mein Gesicht gezogen. Ich sehe einen Jungen auf mic zu laufen und erst erkenne ich nicht, wer es ist, doch als ich ihn erkenne ist es schon zu spät. Ich suche nach einem Fluchtweg und als ich einen gefunden habe, will ich grad flüchten, da werde ich vom Älteren am Kragen gepackt und an die Wand hinter mir gedrückt. Ein ängstliches Wimmern verlässt meine Lippen und ein fieses Grinsen bildet sich auf den Lippen von der Person mir gegenüber. "Du weißt, warum ich hier bin. Her mit dem Zeug", gibt er gefährlich knurrend von sich. "A-aber..d-d-", gebe ich stotternd von mir, als seine Faust meine Magengegend trifft und mich auf meine Knie fallen lässt, da er meinen Kragen los gelassen hatte. Kein Geräusch verlässt meine Lippen. Meine Augen sind zusammengekniffen und seine flache Handfläche knallt an meine linke Gesichtshälfte. "Sieh mich an, du kleine Missgeburt", die Worte spuckt er mir ins Gesicht und als ich meine Augen immer noch nicht öffne, scheint es ihm zu reichen und seine Faust trifft wieder meine Magengegend. Meinen Kragen lässt er los und, nachdem ich auf dem Boden liege, fängt er an auf mich einzutreten. Vor meinen Augen bilden sich immer mehr schwarze Punkte, bis ich bewusstlos werde und nix mehr von der Außenwelt mitbekomme. Ich bin in einem schwarzen Loch. Verloren, so fühle ich mich. Ich kann meine Augen nicht öffnen, dafür sind meine Augenlider zu schwer. Wo bin ich? Meine Ohren sind wie zugestopft. Ich bin in einem schwarzen Loch und kann mich nicht bewegen. Meine Gliedmaßen sind eingeschlafen. Fühlt es sich so an, frei zu sein?

Als sich meine Augenlider flatternd öffnen, sehe ich nur weiß. Grelles weiß. Mein Kopf brummt und mein Orientierungssinn hat mich verlassen. Langsam drehe ich meinen Kopf nach links, was dennoch weh tut und mich vor Schmerz aufstöhnen lässt. Mit zusammen gekniffenen Augen und Zähnen warte ich darauf, dass die Schmerzen vergehen, doch das passiert nicht. Langsam öffne ich meine Augen und meine Hand versucht nach dem Knopf zu greifen. Als ich den Knopf erreiche, drücke ich ihn und warte. Als die Schwester dann, nach 15 Minuten, kommt, sehe ich sie an und bitte mit heiserer Stimme um eine Schmerztablette. Die Schwester geht und ich schließe meine Augen wieder. Als sich die Tür wieder öffnet, öffne ich meine Augen und blicke zur Schwester, diese hilft mir beim aufsetzen und reicht mir dann ein Glas Wasser und die Tablette. Sie lächelt mich an, merkt dann aber, dass ich es nicht erwidern werde und geht. Ich lege mir die Tablette auf die Zunge und setze das Glas an meine Lippen und kippe es leicht an, damit das Wasser in meinen Mund fließt und ich die Tablette schlucken kann. Das Glas lege ich auf den kleinen Tisch und lege mich wieder mühsam hin, die Schmerzen ignorierend und warte darauf, dass die Tablette wirkt und das passiert nach wenigen Minuten. Danach lege ich mich in meine Schlafposition, schließe meine Augen und falle in einen traumlosen Schlaf.

Als ich dann nach ein paar Stunden und meine Augen öffne, müssen diese sich erst an die Dunkelheit gewöhnen, da sie mich umhüllt. Langsam erinnere ich mich wieder und wünsche mir, diese Erinnerungen löschen zu können. Nachdem ich mich aufgesetzt habe, versuche ich langsam auf zu stehen, doch meine Beine können mein, eindeutig zu hohes, Gewicht nicht halten und so plumpse ich zurück auf's Bett und lege mich hin. Alles in mir schmerzt und mein einziger Wunsch ist es, dass die Schmerzen aufhören. Wieso ich? Jeder einzelne Schlag von meinem Herzen schmerzt sogar. Meine Augen schließe ich wieder und bereue es augenblicklich, denn sie werden mir gezeigt. Drei Menschen, die mir schon vom Aussehen Angst machen. Dennoch lasse ich meine Augen geschlossen und sehe zu wie das Bild vor meinem inneren Auge verwischt und ein Neues entsteht. Es ist ein Chatverlauf, besser gesagt einer von brOKen und mir.

@brOKen
Ich kann nicht mehr. Er zerstört mich.

@Monster
Kämpf'. Bald bist du ihn los.

@brOKen
Wie kommst du drauf?

@Monster
Bisher sind ihn alle los geworden.

@brOKen
Ich bin aber nicht alle..

@Monster
Stimmt. Du bist besser. Du hast einen wundervollen Charakter. Einen besonderen, im Guten Sinne. Ich versteh ehrlich gesagt nicht, wie man dich mobben kann. Du bist wunderschön von innen und von außen sicher auch. Wirklich, es ist doch krank jemanden wie dich zu mobben. Ich wünschte, ich würde dich kennen und könnte dich in den Arm nehmen. Ich würde dich nie wieder los lassen. Wenn du jemanden also zum Reden brauchst, ich bin für dich da und das für immer.

@brOKen
Wie süß du bist. Ich bin auch immer für dich da und ich möchte dir dafür danken, dass du mir immer ein Lächeln auf die Lippen zaubern kannst.

@Monster
Ich bin nicht süß .-. Und du musst mir nicht danken, dafür sind Internet - Freunde da.

@brOKen
Du bist süß, hör auf zu diskutieren Kleine.
❤️

Darauf hatte sie mir bis heute nicht mehr geantwortet und als ich dran denke, mache ich mir Sorgen und beiße mir nachdenklich auf die Unterlippe. Der Kloß, welcher sich gebildet hatte, versuche ich herunter zu schlucken und räusper mich kurz danach. Dieser Chat stimmt mich normalerweise glücklich nur heute nicht, eher werde ich nachdenklich. Was sie wohl hat? Warum kommt sie nicht mehr online? Hat sie Stress? Wie sieht sie wohl aus? Flatternd öffnen sich meine Augenlider, da ich dringend auf die Toilette muss. Langsam stehe ich auf und im Schneckentempo laufe ich Richtung Bad.

Jetzt liege ich wieder in meinem Krankenhausbett und schließe meine Augen. Wieder taucht das Bild von dem Chat auf und ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Sie ist so süß. Und zerstört. Musst du immer an den unpassendsten Momenten kommen? Mein Job, ja. Innerlich verdrehe ich meine Augen und versuche zu schlafen. Hör auf deine Augen zu verdrehen. Nörgler! Ich bin kein Nörgler. Mecker über mecker über mecker. Wenn du nur was zum Meckern anbietest. Autsch.. Schwer schluckend sage ich nix mehr und wälze mich hin und her, auch wenn es weh tut. Ich will schlafen. Nachdem ich meine Schlafposition gefunden habe, versuche ich zu schlafen nur bekomme ich das nicht hin. Frustriert fahre ich mir durchs Haar und setze mich wieder auf, die Schmerzen ignorierend und suche mein Handy. Wo ist es? Auf dem Nachttisch du Idiot. Sei leise! Nö. Du bist nervig. Sagst gerade du? Ich entscheide mich dazu, nicht mehr zu antworten und nehme mir mein Handy vom Nachttisch. Als ich auf die Hometaste klicke kommt mir grelles Licht entgegen und am liebsten würde ich mein Handy gegen die Wand schmeißen. Meine Augen sind vom Licht geblendet und müssen sich erst daran gewöhnen um etwas zu erkennen. Nachdem das passiert ist, entsperre ich es und gehe ins Internet. Die Seite Suicide Room ist schon offen und ich gehe auf den Chat von brOKen und mir. Guck mal auf die Uhr du Idiot! Sei doch einfach still. Sie hört anscheinend drauf, denn sie wird still. Ich gucke auf die Uhr. 2 a.m. Vielleicht ist sie ja noch wach... Langsam fange ich an zu tippen und hoffe wirklich, dass sie online kommt und es liest.

@brOKen
Hey Little. Ich hoffe dir geht es okay. Ich wollte dir einfach mal schreiben. Du schläfst aber wahrscheinlich und deswegen: sleep well Little ❤️

Als ich nach fünf Minuten keine Antwort bekomme, lege ich das Handy weg und ziehe die dünne Decke enger um mich. Ich schließe meine Augen und versuche zu schlafen. Ich schlafe ein und dieser Traum kriegt mich in seine Fänge...

Suicide Room.Where stories live. Discover now