Kapitel 10

714 69 3
                                    

Das einzig freie Zimmer hatte ein Bett und einen Sessel. Für ein bisschen mehr Geld würden wir ein altes Klappbett kriegen.

"Es geht immer schlimmer.", versuchte Chung Hee die Stimmung aufzulockern.

Ungläubig schaute ich ihn an und meinte, er würde scherzen. Doch er hatte seine Worte todernst gemeint. Namjoon fuhr sich über das Gesicht. Es sah aus, als würde er nicht wissen, ob er weinen oder lachen sollte.

"Ich geh an den Strand.", sagte ich deswegen. "Bevor ich in dieser Kammer ersticke.", murmelte ich beim Herausgehen.

Das laute "Hey!" machte deutlich, dass ich nicht gerade leise war.

Ohne darauf zu achten, ging ich in die kleine schäbige Lobby und aus dem Gebäude raus. Die alte Dame an der Rezeption scannte mich über ihre runde Brille und verzog keine Miene.
Vorhin hatte sie gemeint, dass sie riechen konnte, wenn jemand Ärger machte. Anscheinend war ihr der Geruch von Geld dennoch wichtiger.

Kaum draußen empfing mich die salzige Seeluft. Ich schloss kurz die Augen und genoss den Wind auf meiner warmen Haut und in den Haaren.

Das tat nach dieser verdammten Hitze ziemlich gut.

"Macht es dir etwas aus, wenn ich dich begleite?", fragte mich eine bekannte tiefe Stimme.

Ich schaute nur zu dem Rapper und lief dann los.

Als ob ich eine Wahl hätte.

Das Hotel war direkt am Strand. Mittlerweile war es schon am dämmern und nirgends war jemand zu sehen. Ein paar Möwen flogen schreiend über das Meer. Ansonsten konnte man nur das Wasser hören.

Die Stille beunruhigte mich und löste dennoch eine Ruhe in mir aus. Es schien, als würde ich für einen kurzen Moment alles vergessen.

"Man könnte fast meinen, dass alles was passiert ist, ein dummer Traum war.", sagte Namjoon. Genau wie ich starrte er auf das Wasser.

"Für dich wird es bald rum sein."

Ich konnte seinen Blick auf mir spüren. Er brannte sich förmlich auf meine Haut.

"Ich hab das gestern Nacht auf dem Klo gehört. Du musst bald zurück. Bevor es wirklich ausartet.", erklärte ich ruhig.

Der Rapper verzog das Gesicht und schien sich zu ärgern.

"Ich werde bleiben. Bis zum Schluss.", versicherte er. Sein Ton war lauter geworden. Bestimmt waren seine Augen wieder dunkle.

Mein Lachen war spöttisch.

"Namjoon, du bist berühmt. Es ist ein Wunder, dass dich noch niemand erkannt hat." Ich wand mich zu ihm. "Abgesehen davon, dass du zu viel für ihn aufs Spiel setzt, bist du ein Risiko. Weil du eben so leicht zu erkennen bist."

Er schaute mich angespannt an. Man konnte förmlich sehen, wie er nach einer guten Antwort suchte. Doch ich hatte Recht.

Namjoon war ein Risiko.
Für uns alle.

"Ich kann euch nicht zurücklassen. Nicht wenn wir endlich wieder zu dritt sind." Seine Gesichtszüge wurden nun wieder sanfter. Nervös fuhr er sich durchs Haar.

"Du bist uns nichts schuldig."

"Doch. Du hast selber gesagt, dass du uns das übel nimmst. Dass wir gegangen sind. Ich möchte dich nicht wieder zurücklassen." Sein Ton war drängend.

Ich lächelte müde. Eine Wärme breitete sich in mir aus.

"Das ist in Ordnung. Ich bin ein großer Mädchen. Meine Stärke ist es mittlerweile in dieser harten Welt alleine zu überleben." Spaßig boxte ich gegen seinen Arm. "Du hast aber zuhause lauter Leute die auf dich warten. Deine Jungs brauchen dich. Du bist ihr Leader. Und das hat dir Yoongi auch ziemlich deutlich am Telefon erklärt. Du musst zurück. Du hast keine Wahl."

Erneut lächelte ich, obwohl ich mich scheiße fühlte.

Das Meer weckte wieder meine Aufmerksamkeit und ich blickte darauf. Namjoons Grübeln war deutlich zu spüren.

In mir entstand ein Drang ihn zu beruhigen. Klar zu machen, dass es in Ordnung wäre.

"Versprich mir einfach, dass wir wieder hierher kommen. Ans Meer. Also nicht unbedingt in dieses Loch, aber du weißt ja was ich meine. Mit Lagerfeuer und Volleyball. Gegrilltes Fleisch ist auch wichtig und deine Jungs können auch kommen! Und ach ja-"

"Ich hab es verstanden, Jamie!", lachte Namjoon über meine Begeisterung.

Ungewollt wurde ich rot und schaute weg. Ich hatte mich gehen lassen. Anscheinend fand ich die Idee wirklich super...

"Hey Jamie?", fragte er.

"Ja?", fragte ich und schaute ihn an.

Dann spürte ich auch schon seine Lippen auf meinen.
Und sie fühlten sich an, wie sie aussahen.

Voll und warm.

Sanft bewegte er sie und ich krallte mich unbewusst an ihm fest.

Es war, als hätte er ein Tor geöffnet und alles was ich verdrängt hatte floss nun heraus.

Die ganzen Gefühl von Teenageralter an bis jetzt.

Zu diesem komischen Moment.
Hier in nirgendwo.

Schwer atmend lösten wir uns.
Zögernd schaute er mich an und fuhr über meine erhitzte Wange.

"Ich verspreche dir, dass wir hierher kommen werden. Dass ich wieder zu dir komme. Ich meine das ernst, Jamie.", flüstere er und küsste auf meine Stirn.

Ich schluckte und spürte den Kloß in meinem Hals. Meine Gefühle packten soviel auf einmal nicht. Sie waren absolut überfordert. Die Zeit in der ich sie verdrängt hatte, war zu lange gewesen.

Deswegen hielt ich nur den kleine Finger hin. Lachend machte Namjoon mit und besiegelte das Versprechen somit.

Dann nahm er mich in den Arm und strich mir über das Haar. Hin und wieder flüsterte er mir etwas zu.

Es war wie ein Traum.

Und genau deswegen konnte ich endgültig all den Ärger vergessen und mich in seinen Armen wohlfühlen.

Verdammt.

Wie sehr ich Namjoon doch liebte.
_______________________________________
Hello!
Neue Kapitel (na endlich...)
Jedoch ist es kürzer als sonst, aber mit ganz viel Kitsch!😌😏
Ich hoffe es gefällt euch und ist gut geworden!
Viel Spaß beim Lesen!💕

Stay Away || GERMAN|| Donde viven las historias. Descúbrelo ahora