|| I will nøt leave

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In meinem Zimmer angekommen, beeilte ich mich damit, neue Klamotten aus dem Schrank zu holen, um nicht wieder dem Ticken der Uhr zu verfallen und ohne, dass Blurryface dazu kommen würde, mich umzustimmen. Wäre Josh nicht hierhergekommen, säße ich jetzt bestimmt immer noch weinend auf dem Bett, bis ich völlig zerstört wäre.

Jetzt zog ich mich schnell um und verschwand dann auch nochmal im Bad, um mich wenigstens etwas zu richten. Blurryface versuchte dabei natürlich wieder mich runter zu ziehen, aber diesmal hatte er keine Chance. Ich summte leise ein Lied vor mich hin, um ihn zu übertönen und es funktionierte tatsächlich. Schließlich verließ ich das Bad, holte mein Handy aus meinem Zimmer und lief die Treppe nach unten, wo Josh schon auf mich wartete. Nachdem ich Schuhe und Jacke angezogen und den Schlüssel in die Jackentasche gesteckt hatte, gingen wir aus dem Haus.

Kaum waren wir draußen, füllten sich meine Lungen mit der kühlen frischen Luft und ließen mich durchatmen. Ich war einen kompletten Tag nicht aus dem Haus gewesen, aber es fühlte sich an wie eine ganze Woche. Mein Zeitgefühl hatte gewaltig nachgelassen, wie ich jetzt bemerkte. Nun spürte ich den Blick von Josh auf mir, sah aber nur stumm geradeaus und versuchte weiterhin, Blurryface aus meinem Kopf zu verbannen. Josh hatte unrecht. Die frische Luft tat mir nicht wirklich gut. Wir waren gerade mal eine Straße weitergelaufen und ich wäre am liebsten wieder umgedreht und nach Hause gegangen.

"Und? Geht's dir ein bisschen besser?" Ich sah Josh kurz an, als er mich das fragte. "Nein...Ich fühle mich immer noch schwach und mies", antwortete ich dann mit gesenktem Blick. Es kam für ein paar Minuten nichts mehr von Josh, aber dann durchbrach er wieder die Stille. "Lass uns kurz zu mir fahren, damit ich mir Klamotten zum Schlafen holen kann." Ich nickte nur, auch wenn ich eigentlich immer noch viel lieber umgedreht wäre. Doch jetzt liefen wir zur Bahnhaltestelle, wo uns ein paar Leute merkwürdig anschauten. Danke, ich weiß, dass ich fertig aussehe!

Es schien so, als ob Josh meine Gedanken lesen konnte, denn er legte beruhigend eine Hand auf meine Schulter und gab mir damit erfolgreich zu verstehen, dass ich die Blicke ignorieren sollte.

Ein wenig später kamen wir dann bei seinem Haus an. Ich wusste nicht wie lange wir gebraucht hatten, denn auf die Zeit hatte ich nicht geachtet. Das einzige, was ich wollte war, so schnell wie möglich wieder zu Hause zu sein und ansonsten war mir alles egal. Deshalb beachtete ich auch nicht das Aussehen des Hauses, sondern betrat es einfach nur, als Josh mich hereinbat. Er meinte, dass er schnell ein paar Sachen zusammenpacken würde und ich solange auf dem Sofa im Wohnzimmer warten könne, was er mir zeigte.

Ich setzte mich also und dann verschwand er. Alleine im Wohnbereich von Josh Dun...Für mich war das mal wieder gleichgültig. Ich sah mich kurz um, verschränkte dann aber meine Arme und sah auf den kleinen Tisch vor mir. Ich fühlte mich ziemlich fremd hier, was zwar normal war, aber für mich war das Ganze noch verstärkter. Es kam auch noch hinzu, dass ich so langsam immer unruhiger wurde und die Warterei kam mir ewig vor, bis Josh endlich mit einem geschulterten Rucksack den Wohnbereich betrat. "Wir können los", meinte er lächelnd. Ich stand daraufhin auf und verließ schon fast fluchtartig das Haus.

Auch auf dem Rückweg wechselten wir kaum ein Wort, aber ich war mir sicher, dass Josh mir mit Absicht meine Ruhe ließ. Mehr und mehr merkte ich, was er eigentlich für ein toller Mensch war. So rücksichtsvoll und fürsorglich. Er schaffte es schon allein durch seine Anwesenheit mich zu beruhigen. Als wir dann bei mir ankamen, war es mittlerweile halb sechs.

Wenig später saßen wir nebeneinander auf dem Sofa und hörten Musik. "Hast du Hunger?" Josh sah mich fragend an. Eigentlich hatte ich keinen, aber ich wusste, dass er welchen hatte. "Ein bisschen", antwortete ich deshalb und wir beschlossen Pizza zu bestellen. Nachdem diese gekommen war, aßen wir gemeinsam, wobei ich jedoch nur knapp die Hälfte von meiner Pizza aß und mit der Ausrede kam, dass es zu viel für mich wäre. Dass ich eigentlich überhaupt nicht hungrig gewesen war, musste er ja nicht wissen. Kurz darauf aß Josh also noch meine restliche Pizza. Auf einmal fing mein Handy an zu klingeln. Marius. "Geh ran", meinte Josh und nickte mir ermutigend zu. Ich tat mal wieder das, was er mir sagte und nahm den Anruf entgegen.

"Hey Marius."

"Hi Süße...Es tut mir leid, dass ich nicht gecheckt hab, dass es dir nicht gut geht..."

"Nein warte, ich muss mich entschuldigen. Ich habe mich nicht bei dir gemeldet."

"Nimm dir diese Woche frei, Leo hilft mir hier ab und zu."

"Bist du dir sicher?"

"Ja, ich schaff das schon. Soll ich heute noch bei dir vorbeischauen?"

"Nein, Josh bleibt hier."

"Okay gut, du kannst dich jederzeit melden, ja?"

"Ja, danke, bis dann."

Ich legte auf und seufzte leise. "Ist alles okay?" Josh setzte sich nun wieder neben mich, nachdem er die Pizzakartons weggeschmissen hatte. "Nein, es ist nichts okay. Mein bester Freund hat so jemanden wie mich nicht verdient. Ich mache ihm nur Sorgen und hindere ihn daran, ein glückliches Leben zu führen..." "Hey, was redest du denn da?" Josh drehte sich zu mir. "Ist doch so. Ich bin einfach schlecht für andere und bekomme mein eigenes Leben nicht in den Griff!" Meine Stimme wurde etwas lauter, bevor ich aufstand und nach oben ging, wo ich meine Zimmertür schloss und mich auf die Bettkante setzte.

Blurryface lachte mich aus. Das Lachen hallte in meinem Kopf und bescherte mir sofort Kopfschmerzen. Nein, nicht schon wieder! Er sollte mich für immer in Ruhe lassen, verdammt!

Ich schaffte es aufzustehen und mein Zimmer zu verlassen. Mich würde es nicht wundern, wenn Josh gegangen wäre. Doch als ich den Wohnbereich betrat, saß er immer noch auf dem Sofa und sah nun in meine Richtung. "Es tut mir leid, ich wollte dich nicht so anfahren...", meinte ich und fuhr mir mit einer Hand durch die Haare. Josh erhob sich und kam zu mir. "Ist schon in Ordnung...Ich weiß, dass du es eigentlich nicht so meinst." "Ach ja?" "Ja...Das bist nicht du." Wie kam es nur dazu, dass er mich so verstand? Lag es an der Sache mit Tyler? Ich wusste es nicht, aber es tat gut so jemanden wie Josh bei sich zu haben, denn bei ihm fühlte ich mich nicht so, als wäre ich völlig durchgeknallt, obwohl ich das vielleicht war. Mein Blick wanderte wieder zu seinen Augen, in denen sich so viel Ruhe wiederspiegelte wie ich sie noch nie erfahren hatte.

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