|| Øn the abyss

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Sicht von Melina

Ich konnte nicht mehr. Diesmal wirklich nicht. Zwar hatte ich endlich mal wieder ruhig geschlafen, aber als ich aufgewacht war und Josh neben mir liegen gesehen hatte, war es bei mir vorbei gewesen. Ich fühlte mich ihm gegenüber wirklich schlecht und zwar deshalb, weil er so viel für mich tat und ich ihm einfach nichts zurückgeben konnte! Außerdem wurde mir mal wieder alles zu viel. Die Sache mit meinen Eltern und allgemein meine derzeitige Situation zogen mich immer weiter runter. Blurryface hatte leider recht, ich war nutzlos und tat anderen nicht gut. Bevor ich mich im Bad umgezogen und anschließend das Haus verlassen hatte, habe ich nochmal auf den schlafenden Josh gesehen und ihm sanft eine Haarsträhne aus der Stirn gestrichen. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen, als ich die Straßen entlanglief. Man könnte sagen, dass ich fast wie in Trance ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen durch die Gegend irrte.

Die Nachricht auf dem Zettel, den ich hinterlassen hatte, war direkt aus meinem Herzen gekommen. Es tat mir wirklich alles leid und ein bestimmtes Ziel hatte ich doch: Ich wollte es beenden. Es wäre besser für alle...Irgendwann bin ich auf dem Friedhof angekommen und stand vor dem Grab meiner Eltern. Alles war still, nur der Wind ließ die Blätter an den Bäumen rascheln. Ich strich mit zwei Fingern auf der oberen Kante des Steines entlang, um den wenigen Blütenstaub zu entfernen. "Ich besuche euch mal wieder...Ich wollte, dass ihr wisst, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir uns wiedersehen."

*Das ist bei weitem die beste Entscheidung, die du je getroffen hast!*

Ich ignorierte die Stimme und verließ stattdessen den Friedhof. Wie, als hätte ich einen inneren Kompass, der strikt eine Richtung bestimmte, lief ich nun weiter durch die Straßen, fuhr ein paar Stationen mit dem Bus. Nach einer Weile wusste ich dann auch, wo ich hin wollte. Nach weiteren Minuten des Gehens befand ich mich vor dem Trampelpfad, wo Josh und ich das Treffen hatten, welches ziemlich schiefgelaufen war. Ich wunderte mich, warum ich ausgerechnet hier gelandet war, aber dann kam mir der Abgrund in den Sinn. Ich wette, dass Blurryface mich im Unterbewusstsein gelenkt hatte. Leise seufzend setzte ich mich also wieder in Bewegung und lief den Pfad entlang. Je weiter ich lief, desto schwerer wurden meine Beine und ich war kurz davor zusammenzubrechen, da mein Kreislauf sowieso schon am Ende zu sein schien. Doch ich schaffte es bis nach oben und kam auf die kleine, schöne Lichtung. Als ich dann weiter zum Abgrund lief, fingen meine Hände wieder an, leicht zu zittern und ein kalter Schauer lief über meinen Körper. Letztendlich stand ich nur wenige Zentimeter von der Kante entfernt auf dem Waldboden und sah in die Ferne.

*Tu es, es ist besser so! Na los!* Ich fuhr mir durch die Haare. Wenn ich sprang, würde Blurryface endlich für immer verschwinden und ich könnte bei meinen Eltern sein, aber wäre dadurch gleichzeitig auch alles besser?

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