Kapitel 12

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Leider gehen die drei Wochen, die Mats und Marco in München hatten viel zu schnell vorbei und jetzt stehe ich hier und blicke mit Tränen in den Augen dem Auto hinterher, dass Marco in das ca. 600km entfernte Dortmund zurückbringt. Philipp, Manuel und Robert kann ich für diese Zeit gar nicht genug danken. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass es ihnen reicht, dass ich mich in der Zeit mit Marco nicht geritzt habe und auch wieder richtig gelacht habe. Allerdings ist das jetzt vorbei. Wir hatten abgemacht, dass jeder sein Leben ohne den anderen aufbaut und daran würde ich auch arbeiten. Die perfekte Ablenkung habe ich schon gefunden. Ich würde Manuel und Robert dazu bringen sich ihre Gefühle zu gestehen. Es ist ziemlich offensichtlich, dass sie aufeinander stehen, aber sie schaffen es ohne zutun wohl nicht. Wir haben gemeinsam beschlossen, dass die WG bestehen bleibt. Das Gefühl seine Freunde um sich zu haben, gibt halt und jeder ist für den anderen da.
Als das Auto schon lange weg ist, stehe ich immer noch hier. "Meinst du es war die richtige Entscheidung?" Philipp. Wie immer. "Ich weiß es nicht. Aber Marco ist damit glücklich, also werde ich versuchen es auch zu sein. Du Phips sag mal, was ist das mit Manuel und Robert eigentlich?"
"Manuel und Robert? Ich weiß nicht, was du meinst."
"Du warst schon immer ein miserabler Lügner. Also?" Ich weiß, dass ich Philipp nur ein wenig bedrängen muss, damit er mit der Sprache raus rückt, aber noch bevor er etwas sagen kann, sagt eine andere Stimme hinter uns: "Manu und ich sind zusammen. Wir lieben uns. Eigentlich wollten wir es dir vorerst wegen der ganzen Sache mit Marco nicht erzählen, aber da du es scheinbar eh schon ahnst, können wir auch reinen Tisch machen." Als ich mich zu Robert umdrehte, sehe ich, wie er von hinten von Manuel umarmt dasteht. Sanft lächle ich die beiden an und sage: "Ich freue mich für euch. Wirklich. Aber könnten wir jetzt vielleicht was essen? Ich hab hunger." Das letzte bringt alle zum lachen und schnell bestellen wir uns Pizza. Keiner von uns hat Lust gehabt, zu kochen.
Die Zeit verging. Einmal gab es einen riesen Streit zwischen Manuel und Robert, bei dem Robert sich bei mir im Zimmer verschanzt hat und Manuel die ganze Zeit heulend auf dem Sofa saß. Irgendwann hat es Philipp und mir dann gereicht und wir haben sie beide in ihrem Zimmer eingeschlossen und waren ins Training gefahren. Als wir zurück kamen, hatten die beiden sich verwöhnt und die verpasste Trainingseinheit durch lautstarken Bettsport nachgeholt.
Manchmal höre ich Pep noch zu Philipp sagen, dass ich wieder der Mario bin, der ich mal war, aber das stimmt nicht ganz. Klar nach außen hin, war alles gut, aber ich fühle mich leer und mit jeder Woche die vergeht habe ich das Gefühl innerlich mehr abzustumpfen.
"Hey Jungs, bin wieder zuhause.", rufe ich und gehe zu den Jungs ins Wohnzimmer. Diese versuchen schnell den Fernseher auszumachen. Aber es ist zu spät. Ich sehe, wie Marco ein Mädchen küsst. Wie die Reporterin erklärt, seine neue Freundin Scarlett. In mir zerbricht etwas. Obwohl wir immer noch regelmäßig schreiben, hat er mir nichts davon erzählt und damit jetzt endgültig all meine Hoffnungen zerstört. Ich renne in mein Zimmer, die Rufe der anderen ignorierend. Ich will einfach nur allein sein. Zun ersten mal kommt in mir auch wieder der Wunsch auf mich zu ritzen, den Schmerz einfach mit größerem Schmerz zu überdecken und aus mir raus fließen zu lassen. Aber etwas hält mich davon ab. Nach all der Mühe und Anstrengungen, die Manuel, Robert und Philipp für mich auf sich genommen haben, wäre es nicht fair, wenn ich jetzt wieder mit dem Ritzen anfangen würde.

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