Kapitel 10

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Rosie war, abgesehen von Éowyn, die einzige Lehrerin an dieser Schule. So hoch, wie Tolkiens Meinung über Frauen zu sein schien, überraschte es mich, dass es überhaupt so 'viele' waren. Die einzige weitere Möglichkeit wäre Arwen gewesen, doch nach ihr hatten wir Lindir schon gefragt.

"Sprecht Aragorn nie auf dieses Thema an!", wies er uns an. "Wir konnten es ja alle kaum fassen..." Nun hing jeder an seinen Lippen und der Elb erzählte widerwillig weiter. "Nach dem Ende des Krieges erfuhr Aragorn, dass Arwen der Ausgang des Krieges zu ungewiss gewesen war und sie mit einigen anderen Bruchtal-Elben nach Valinor gesegelt ist. Vielleicht hat sie noch erwartet, er würde ihr folgen, aber selbst wenn er als Mensch dazu privilegiert wäre, er hätte sein Volk nie im Stich gelassen..."

"Wie kann man so etwas machen?", fragte Tonja entsetzt. "Wie ging es Aragorn danach?"

"Er war natürlich am Boden zerstört, natürlich wollte er es selbst so, damit sie in Sicherheit war, aber sie hat ihm sehr gefehlt... Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis er sich damit arrangiert hatte und er ist auf dieses Thema heute noch nicht ansprechbar."

Wow. Das hatten wir nicht erwartet. Ich konnte verstehen, dass Arwen die anderen Elben nicht einfach ziehen lassen konnnte und sie vor Sauron fliehen wollte... aber wieso war es im Buch und im Film anders gewesen? Hatte Mittelerde plötzlich irgendwie beschlossen, sich von Tolkien selbstständig zu machen? Was hatte sich sonst noch geändert?

Ich traute mich gar nicht, Lindir diese Frage zu stellen... außerdem würden wir es im Unterricht bald genug erfahren. (Vermutlich.)

Die sich öffnende Tür unterbrach meine fröhlichen Gedanken und eine gut gelaunte Rosie trat herein. Sie begrüßte uns und begann, wie Bilbo auch, mit einem Brainstorming.

"Was denkt ihr, verstehe ich in meinem Unterricht unter Kultur?"

"Na ja... das ist von allem ein bisschen was, oder? So etwas wie Gewohnheiten, Gedichte oder so, Geschichte, Glauben, Politik und so etwas", war Adelinas Meinung.

"Genau! Wir werden uns erst einmal mit der 'Politik' der Hobbits beschäftigen, das ist nicht besonderes kompliziert..."

Die Stunde war schnell vorbei. Wir kamen irgendwann vom Thema ab und landeten bei meiner Lieblingsstelle im Buch:  der Schlacht von Wasserau. Ich fand es toll zu sehen, wie sich die sonst so gemütlichen Hobbits selbst gegen einen Istar wehren konnten, wenn ihr Leben, wie sie es kannten, bedroht wurde.

"Ich freue mich auf unsere nächste Stunde, bis zum Abendessen" Rosie verabschiedete sich lächelnd und verließ das Zimmer.

Nicht einmal fünf Minuten, nachdem sie gegangen war, kam schon Thranduil in unser Klassenzimmer stolziert.

"Guten Tag. Für die Sportstunde bitte ich euch, schnell auf eure Zimmer zu gehen, euch umzuziehen und mich auf dem Sportplatz wieder zu treffen. Wisst ihr, wo der sich befindet?" Allgemeines Kopfschütteln. Der Elb seufzte genervt.

"Ihr müsst dem Weg zu den Gärten folgen, dann noch einmal diese Strecke in die selbe Richtung und ihr seht den Sportplatz. Wir sehen uns in zehn Minuten." Mit diesen Worten rauschte der Elbenkönig wieder hinaus und ließ uns sprachlos zurück.

"Ist der immer so schlecht gelaunt?", fragte Ben. "Er schien doch bis jetzt ganz okay zu sein!"

"Der ist immer so!", murmelte ich.

"Ein Hoch auf den, der es schafft, ihn zum Lächeln zu bringen!", beschloss Jenni und alle mussten lachen.

Wir machten uns auf den Weg zu unseren Zimmern. Als wir uns umgezogen wieder am Schuleingang trafen, waren bereits zehn Minuten um.

Elbisch für AnfängerWhere stories live. Discover now