Kapitel 30

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Wir fanden Loki und Morgoth schließlich im Herzen Mithlonds, direkt an den Häfen. Sie hatten es irgendwie geschafft, sämtliche umliegenden Häuser zu demolieren und man sah deutlich einen Krater dort, wo Morgoth vermutlich erschienen war. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, wie Loki ihn wieder zurückbringen wollte. Die Vorstellung des Möchtegerngottes, wie er irgendetwas auf Valarin zitierte und ihn so verschwinden ließ, war irgendwie lächerlich.

Keiner von beiden schien außer Atem, was ich ausgesprochen unfair fand. Da Morgoth auf die Schnelle wohl an keine andere Waffe gekommen war, kämpfte er mit Lindirs Schwert und Loki hatte sein eigenes durch zwei lange Dolche ersetzt.
Es war deutlich sichtbar, dass Morgoth seehr lange keinen Gegner mehr gehabt hatte. Seine Bewegungen waren kraftvoll und er war eindeutig stärker als Loki, aber auch unsicher und langsam. Für seinen Gegner eigentlich die perfekten Voraussetzungen, da er direkte Konfrontationen vermied und schnell und zielsicher handelte. Schlug Morgoth zu, war Loki schon wieder weg, drehte er sich dann um, konnte er Lokis Schlag meistens gerade noch so abblocken.
Mit der Zeit schien Loki aber langsamer zu werden. Sein Kampfstil verbrauchte sicher jede Menge Kraft. Morgoth dagegen wurde immer selbstsicherer, seine Angriffe präziser und noch stärker.

"Sollten wir nicht etwas tun?", fragte Marina leise, als wir uns alle in sicherer Entfernung versammelt hatten.
"Was denn?", gab Aragorn zurück. "Wem würdest du denn helfen?"
Marina blieb stumm. Ich wusste, wie sie sich fühlte. Wer auch immer hier gewann, es würde vermutlich über unser Leben entscheiden. Oder auch nicht, da beide uns am liebsten tot sehen würden. So gesehen fand ich Saskias Vorschlag von vorhin noch am idealsten: wir sollten einfach hoffen, dass sie sich gegenseitig ausschalteten.

In diesem Moment zogen die beiden wieder unsere Aufmerksamkeit auf sich. Morgoth schien genug von Lokis Taktik zu haben und machte eine schnelle Drehung zur Seite, auf seinen Gegner zu. Der kam aus dem Gleichgewicht und als er den Arm zum Blocken heben wollte, hatte Morgoth schon längst ausgeholt. Mir stockte der Atem. Ich konnte in diesem Moment nicht sagen, ob ich wollte, dass Morgoth ihn traf, oder nicht.
Viel zu schnell traf das Schwert des ehemaligen Vala auf seinen Gegner. Ich erwartete, Loki fallen, oder zumindest ins Stocken geraten zu sehen, aber stattdessen... löste er sich in Luft auf.

Überrascht holte ich Luft. Im selben Moment ärgerte ich mich über mich selbst. Hätte ich mir das nicht denken können? Ich kannte Loki doch. Na ja, mehr oder weniger. Außerdem gefiel mir nicht, wie erleichtert ich darüber war, dass er nicht tot war.

Morgoth hatte einige Sekunden lang überrumpelt auf die Stelle gestarrt, an der sein Gegner verschwunden war, fing sich aber gleich wieder.
"Hast du keine Ehre im Leib, du Feigling?", höhnte er. "Kannst du dich deinem Kampf nicht stellen wie jeder normale Mann?"
"Ich bin kein Feigling." Gelassen trat Loki hinter ihm aus dem Schatten. Dann grinste er. "Ich bin nur schneller."

Alarmiert hob Morgoth erneut sein Schwert. Gerade noch rechtzeitig, denn schon prallten die Klingen erneut aufeinander. Der Kampf ging weiter, doch jetzt war Morgoth eindeutig im Nachteil. Ich wusste nicht, ob Loki sich absichtlich zurückgehalten oder der Kommentar von Morgoth ihn einfach nur noch mehr angestachelt hatte, aber er hatte vorhin eindeutig nicht alles gegeben. Die Wahl seiner Waffen machte es für seinen Gegner noch schwieriger. Morgoth musste sein Schwert mit beiden Händen führen, um einen von Lokis Dolchen abzuwehren. In dieser Zeit war dessen andere Hand frei. Morgoth hätte sich doppelt so schnell bewegen müssen wie sein Gegner, um wenigstens alle Schläge zu parieren. Von einem Angriff ganz zu schweigen.
Es war ein Wunder, dass Morgoth keinen Knoten in den Beinen bekam. Er versuchte, Loki zurückzudrängen und steckte ein paar lange Schnittwunden ein. Es war ihm anzusehen, dass er geschwächt war, aber Loki war gnadenlos. Nach fünf Minuten stand Morgoth keuchend mit dem Rücken zur Wand, das Schwert erhoben und einen so hasserfüllten Blick in den Augen, wie ich ihn noch nie gesehen hatte.

"Du- du hast nicht die Macht, mich zu verbannen!", keuchte er. Loki grinste nur.
"Habe ich nicht? Ich bin ein Gott!" Ich verdrehte die Augen, der ehemalige Vala schien aber nicht mehr allzu zuversichtlich, als Loki weitersprach.
"Außerdem habe ich dich doch auch hergeholt, oder nicht? Und jetzt, da ich dich geschlagen habe, werde ich dich auch wieder verbannen."
Okay. Dann war die ganze Aktion ja eigentlich für die Katz gewesen.
Morgoth schien die Behauptung, besiegt worden zu sein, überhaupt nicht zu gefallen. Er stürmte vor und griff erneut an, aber Loki wehrte ab, als hätte er den Angriff erwartet. Oder sogar beabsichtigt? Sein Gesichtsausdruck ließ auf das Zweite schließen. Er wartete noch einen Moment, wich dann zur Seite aus und machte noch einen Schritt. Gleichzeitig rammte er ihm einen Dolch in die Schulter und entwaffnete ihn mit dem anderen.

Voller Schmerz schrie Morgoth auf. Er zog das Messer aus der Schulter und blickte Loki verächtlich an.
"Kannst du mir verraten", knurrte er, "wie du mich in die Stadt schaffen willst? Von hier aus wirst du es ja wohl kaum schaffen, dafür ist die Entfernung zu Valinor zu groß!"
Hm. Waren wir nicht schon in der Stadt? Wenn Morgoth noch drei Schritte machte, würde er ins Meer fallen. Näher an Valinor ging ja wohl nicht, oder? Hatte er keine Augen im Kopf?

Loki schien zu wissen, wovon er redete, denn er lachte. "Ich verrate es dir sehr gerne." Er machte eine Handbewegung und - es passierte nichts. Sehr beeindruckend.
Morgoth jedoch keuchte entsetzt auf und sah sich um. "Das ist unmöglich!"

"Was hat er denn?", fragte Mira ratlos. Faramir lächelte verschmitzt.
"Es scheint, Loki hat den lieben Morgoth glauben lassen, sie seien noch vor der Stadt."
"Ein Trugbild also", folgerte Kilian und Faramir nickte.

Morgoth selbst war seltsamerweise nicht ganz so beeindruckt. Er versuchte zu entkommen, aber Loki stellte sich ihm in den Weg. "Du willst doch nicht etwa fliehen?"
Sein Gegner zog es vor, nicht zu antworten. Loki trat einen Schritt zurück.
"Im Namen der Valar"- nein, er war überhaupt nicht scheinheilig- "verbanne ich, Loki, Laufeys Sohn, dich, Morgoth, in die Zeitlose Leere, aus der du gekommen bist."

Mit einem Wutschrei warf Morgoth das Messer, das er bis eben noch in der Hand gehalten hatte, doch es war bereits zu spät. Es flog zu schief, als dass es etwas hätte ausrichten können. Lindirs Körper löste sich auf, bis nichts mehr von ihm übrig war außer einem Häufchen Asche. Einen Moment lang starrten wir alle ehrfürchtig auf den Platz, wo er gerade noch gestanden war. Dann lenkte ein Husten unsere Aufmerksamkeit ab.

Loki stand noch am selben Ort wie gerade eben, nur dass er jetzt das Gesicht vor Schmerz verzerrt hatte und die Hände um den Griff seines eigenen Dolches gelegt hatte, der ihm aus der Brust ragte. Der, den er eben noch in der Hand gehalten hatte, lag neben ihm am Boden. Erneut hustete er.
Was? Wie war das möglich? Ich war mir ganz sicher gewesen, dass das Messer in seiner Flugbahn niemanden treffen würde!
Sprachlos machte ich einige Schritte nach vorne, neben mir Kilian und Johanna. Loki drehte sich ein wenig zu uns und seinen Mund zierte das für ihn typische spöttische Lächeln. Seine Augen jedoch drückten etwas anderes aus, das ich nicht verstand. Für einen Moment lang sah er mich an, dann wanderte sein Blick weiter zu Kilian. Dann brach er zusammen und blieb zusammengekrümmt auf dem Boden liegen. Vorsichtig machte ich noch einen Schritt auf ihn zu.
Er bewegte sich nicht mehr.

Elbisch für AnfängerWhere stories live. Discover now