Die Ruhe vor dem Sturm?

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Manchmal verzweifelte ich an der Kapazität meines Hirnes. Zum Beispiel dann, wenn ich merkte wie mein Gedankenfluss zäh und träge wurde, wenn ich bis in die frühen Morgenstunden hinein arbeitete. Oder dann, wenn ich zu verstehen versuchte, wie man in einem pinken Sportanzug mit Plastikglitzersteinen und durchgelatschten Flip-Flops den Mut haben konnte sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Aber besonders kämpfte ich in letzter Zeit mit dem unsäglichen Betrug den mein Hirn vollzog in dem es sich mit meinem Körper verbündete.

Es war nichts Tragisches. Nichts was mich derart verstörte, dass ich mich in meinem Zimmer einschließen und als Luxuseremit leben musste. Dennoch irritierte es mich auf täglicher Basis, das sowohl Hirn, als auch Körper es für nötig hielten mich auf Daehyuns Anwesenheit aufmerksam machen zu müssen.

Wusstet ihr, dass man anscheinend einen unglaublich scharfen Blick entwickelt, sobald man die Person beobachtet, die man mag. Dass man jedes auch noch so kleine Härchen auf deren Haut und jede auch noch so verblichene kleine Narbe sehen konnte. Manchmal fehlte es nur noch, dass ich Daehyun in Zeitlupe sah. Doch das alles, würde mich nicht weiter interessieren, würde mich mein Gehirn nicht mehr als sonst auf ihn aufmerksam machen.

Ich spürte seinen Blick öfter als normal auf mir ruhen, spürte mehr als sonst seine Nähe, wenn er sich neben mich stellte, oder über meine Schulter beugte um sich ein Video oder ein Bild anzusehen. Alles kleine Dinge die mich irritierten und die es mir schwer fallen ließen mein Pokerface zu bewahren.

Gerade eben erst hatte ich misstrauisch ein Foto von Seo hyeon betrachtet, welches mich vermutlich eifersüchtig machen sollte, als ich plötzlich Daehyuns Brust nur wenige Millimeter von meinem Rücken entfernt gespürt hatte und mich der Geruch von Daehyuns Rasierwasser benebelte.

„Ist das da ein Ferrari im Hintergrund?"

Daehyuns Stimme war unangenehm nah an meinem Ohr gewesen und ich hatte seinen warmen Atem in meinem Nacken gespürt. Selbst durch pure Willenskraft hatte ich die feinen Härchen in meinem Nacken nicht davon abhalten können sich aufzustellen.

Es verging der Bruchteil einer Sekunde – Schnell genug ohne das es auffallen würde – ehe ich mich wieder gefasst hatte und ich erneut das Bild musterte um Daehyuns Frage beantworten zu können.

Als er sich dann nach ein paar Herzschlägen wieder von mir entfernt hatte bemerkte ich, dass ich den Atem angehalten hatte und stieß lautlos die Luft wieder aus. War es wärmer im Raum geworden?

Natürlich nicht! Ich hatte hinter seinem Rücken die Augen gerollt und mir die Ärmel hochgerollt, ehe ich mich neben ihm auf die Couch plumpsen hatte lassen.

Seht ihr jetzt warum das nervt?





Ohne lange zu zögern setzte ich den Springer auf E5. Ich erlaubte meinen Mundwinkeln einen Mikrometer in die Höhe zu wandern und ließ meine scheinbar teilnahmslosen Augen auf Himchan ruhen, welcher schlecht gelaunt das Schachbrett musterte. Ich hatte ihn in eine Ecke gedrängt und so gut wie nichts mehr würde mich davon abhalten seinen König Schachmatt zu setzen.

Wie immer fühlte ich Daehyuns Blick zwischen Schachbrett, Himchan und mir hin und her wandern, aber ich schob das kribbelige Gefühl, das man bekam, wenn man beobachtet wurde, in den hintersten Winkel meines Kopfes und widmete meinen Fokus komplett dem Spiel.

Himchan startete einen kläglichen Versuch seine Ehre zu retten, indem er mir einen Turm in den Weg stellte. Ich schenkte ihm meinen besten enttäuschten Blick und ließ meinen Läufer vorrücken.

„Schach", sagte ich mit einem süffisanten Lächeln und lehnte mich mit ineinander gefalteten Fingern in meinem hohen Stuhl zurück.

Die Sekunden in denen Himchan sich unnötigerweise seinen Kopf zerbrach, nutzte ich um meinen Blick einmal schnell durch den Raum schweifen zu lassen. Es waren nicht viele Leute da. Bloß ich Himchan und Daehyun mit seinen Freunden. Die Prüfungen waren vorbei und deshalb gab Junhong im kleinen Anwesen seiner Familie eine kleine Party.

Ferien/ Hölle auf dem BauernhofWhere stories live. Discover now