Weihnachtsspecial

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Ich war gerade mal sechs Jahre alt. Es war Weihnachten und damit einer der wenigen Tage, an denen meine Eltern mal nicht arbeiten mussten. Unsere Wohnung war festlich geschmückt und im Wohnzimmer stand ein schöner, großer Weihnachtsbaum, dessen Kerzen, auf den Zweigen, einen warmen Schimmer verbreiteten. Auch Luke, der schon damals mein bester Freund war, würde mit seinen Eltern kommen, um mit uns Weihnachten zu feiern. Eine herrlich riechende Weihnachtsgans stand auf dem Tisch, direkt neben vier flackernden Kerzen.
»Jasmin, hilfst du mir beim Plätzchen verzierendrang die Stimme meiner Mutter aus der Küche und ich hörte auf damit, eines der Geschenke zu schütteln, um herauszufinden, was darin war. Das Geschenk war groß, aber ziemlich leicht. Vielleicht Klamotten?
»Ich komme gleichrief  ich zurück und sah sehnsüchtig auf die anderen Geschenke unter der Tanne. Meine Eltern hatten mir erklärt, dass ich sie erst öffnen dürfe, wenn alle da waren. Ich seufzte leise und stand auf. Mit einem letzten wehmütigen Blick auf die Geschenke, lief ich in die Küche, um meiner Mutter beim Verzieren der Plätzchen zu helfen, die sie heute extra noch gebacken hatte.
In der Küche roch es herrlich, wie in einer Bäckerei. Drei Bleche voller Plätzchen standen auf der Anrichte und meine Mutter war schon dabei, die ersten zu verschönern. Die Plätzchen hatten verschiedene Formen, Sterne, Weihnachtsmänner, Sternschnuppen, Weihnachtsbäume. Alles mögliche war dabei. Ich versuchte mir eines zu stibitzen, doch meine Mutter bemerkte dies und schüttelte lächelnd den Kopf. »Erst, wenn die Gäste da sind... Wobei wenn zwei Plätzchen fehlen, fällt das schon niemandem auf, nicht wahr Sie zwinkerte mir zu und schob sich ebenfalls einen Keks in den Mund. Die dunkelbraunen Haare meiner Mutter waren in einem unordentlichen Knoten zurück gebunden und etwas Teig klebte in ihnen. »Aber jetzt müssen wir wirklich die Plätzchen verzieren, sonst haben wir am Ende alle aufgefuttert und es sind keine mehr für Luke und seine Eltern übrig
Ich kicherte und fing wie meine Mutter an, die Plätzchen mit Zuckerguss und Streuseln zu verschönern, wobei ich ab und zu ganz aus Versehen ein paar Plätzchen zerbrach, um diese naschen zu können. Irgendwann kam auch mein Vater dazu, der bis dahin noch in seinem Arbeitszimmer gearbeitet hatte. Zusammen verzierten wir die Plätzchen, sangen dabei Weihnachtslieder und bewarfen uns gegenseitig mit Mehl. Als es schließlich an der Wohnungstür klingelte, sah die Küche aus als hätte es einen Mehlsturm gegeben- und wir, als hätten wir mitten drin gestanden.
»Ich geh schonsagte ich fröhlich und rannte zur Tür.
Meine Mutter lachte. »Ist gut! Wir ziehen uns schon mal etwas anderes, sauberes an
Ich öffnete die Wohnungstür und umarmte Luke fest, der zusammen mit seinen Eltern davor stand. Auch seine Eltern entkamen meiner Bärenumarmung nicht. Sie waren so etwas wie meine zweite Familie, waren meine Eltern nicht da.
»Wo sind deine Elternfragte Lukes Mutter, Susanna.
»Die sind noch nicht fertig erklärte ich und zog die drei in die Wohnung, bevor sie noch irgendetwas sagen konnten.
»Was hast du eigentlich an den Sachen, Maus? Ist das MehlLukes Vater, Rick, war riesig, sogar größer als meiner.
Ich grinste und schob Luke zum Weihnachtsbaum. »Wir haben gebacken
»Ah, jetzt rieche ich es auch lachte Rick und streckte die Nase in die Luft, um nochmal zu schnuppern. Seine Haare waren schwarz wie die dunkelste aller Nächte. »Ich bin etwas erkältet, da habe ich diesen herrlichen Duft nicht gerochen
Luke und ich grinsten uns zu, dann stürzten wir beide gleichzeitig zu den Geschenken. Susanna hatte Lukes Geschenke schon heute früh vorbei gebracht, damit wir beide unsere Geschenke zusammen auspacken konnte. Ich glaubte schon seit langem nicht mehr an den Weihnachtsmann, Luke dafür aber umso mehr, als müsste er für uns beide mit glauben. Daher hatten seine Eltern ihm erzählt, sie hätten dem Weihnachtsmann angeboten, die Geschenke für Luke und mich hierher zu bringen, damit er einen etwas kürzeren Weg hatte.
Bevor Luke und ich uns auf die Geschenke stürzen konnten wie Verdurstende auf Wasser, kamen meine Eltern aus ihrem Zimmer.
»Zieh dir doch erstmal etwas anderes an, Jas meinte meine Mutter, hob mich hoch, ohne auf meinen Protest zu achten, und trug mich in mein Zimmer. »Du musst doch hübsch angezogen sein, wenn Besuch da ist erklärte sie, während sie schon in meinem Schrank wühlte.
»Aber ich möchte endlich die Geschenke auspacken! Luke darf sie bestimmt auch schon öffnenBeleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust, doch meine Mutter achtete gar nicht darauf.
»Das ist doch schön, odermurmelte sie, während sie ein Wollkleid hochhielt und es betrachtete. Es hatte ein satte rote Farbe als Untergrund und kleine weiße Schneeflocken als Muster. Meine Großmutter hatte es mir gestrickt, sie war vor einem Jahr verstorben. Ich mochte es nicht. Der Stoff war kratzig und das Kleid war unbequem.
»Das zieh ich nicht ansagte ich und wich etwas zurück.
»Ach, Jasmin! Es wird wunderschön an dir aussehen! Außerdem hätte es Oma Rosalie bestimmt toll gefunden, wenn du es trägst Meine Mutter sah mich aus ihren grünen Augen bittend an.
»Das kratzt immer sojammerte ich.
»Jasmin, bitte
Ich seufzte leise. »Na gut. Dieses eine Mal.« Meine Mutter lächelte, wenn sie lachte fielen ihre Sorgenfalten kaum auf.
Nicht einmal fünf Minuten später stand ich in einem komplett neuem Outfit im Wohnzimmer. Meine Mutter hatte mir noch zusätzlich eine weiße Strumpfhose angezogen, als sie bemerkte, dass das Kleid inzwischen ziemlich kurz war. Luke hatte die Geschenke noch nicht öffnen dürfen, worüber ich sehr froh gewesen war. Es wäre schließlich unfair gewesen, hätte ich Stunden warten müssen und er konnte sie schon nach fünf Minuten auspacken.
Kaum hatte ich das Zimmer betreten, hatte Luke sich das erstbeste Geschenk mit seinem Namen geschnappt und das Geschenkpapier zerrissen. Auch ich machte mich ans Auspacken, allerdings zerriss ich das Papier nicht, sondern wickelte es vorsichtig auseinander.
Luke war bereits nach zehn Minuten mit dem Auspacken fertig und spielte mit dem blauen Spielzeugauto, das er unter anderem bekommen hatte. Ich jedoch ließ mir Zeit, begutachtete jedes Geschenk einzeln, legte es ordentlich neben mich. Eine Stoffpuppe, neue Anziehsachen, Wissenschaftsbücher, ein Experimentierkasten zum Salzkrebse züchten. Die Salzkrebse waren das einzige, das ich mir gewünscht hatte. Ich spielte nur selten mit Puppen, viel öfter mit Autos. Ich liebte es zwar zu lesen, aber ich hasste solche Wissenschaftsbücher. Trotzdem bedankte ich mich artig und begann die Gebrauchsanweisung der Salzkrebse durch zu lesen.
»Ein Geschenk haben wir noch meinte mein Vater und hielt mir ein kleines blaues Päckchen entgegen. Ich lächelte und nahm es ihm vorsichtig aus der Hand. Mit der gleichen Vorsicht begann ich es auszupacken, bis schließlich eine schwarze lederne Box zum Vorschein kam, gerade mal so groß wie ein Hühnerei. Schon allein das Kästchen war schön und ich wusste, dass mir der Inhalt noch besser gefallen würde. Ganz langsam öffnete ich die Box, nahm den Inhalt hinaus. Es war ein silbernes Medaillon, verziert mit Blumenranken. Staunend fuhr ich die Linie nach, betrachtete es von allen Seiten, während sich das Kerzenlicht im Silber spiegelte.
»Öffne es flüsterte mir meine Mutter zu, die mich zusammen mit meinem Vater beobachtete.
»Es lässt sich öffnenMeine Stimme war nicht mehr als ein Hauch, so begeistert war ich. Ich konnte meine Augen gar nicht von dem Schmuckstück wenden, während ich es langsam öffnete. Man konnte das Medaillon in drei Teile gliedern. Im linken Drittel war ein Bild von meinen Eltern, in der Mitte ein Bild meiner Eltern und mir, und links war ein Bild von Luke und seinen Eltern.
»Es ist wunderschön flüsterte ich, konnte mehr nicht Zustande bringen.
Meine Eltern lächelten mir zu. »Komm her, ich mach sie dir um Meine Mutter nahm mir die Kette vorsichtig aus der Hand und legte sie mir um.
»Danke.« Ich strahlte von einem Ohr über den anderen. Das Medaillon war eindeutig das beste Weihnachtsgeschenk!
Der Rest des Tages war nicht weiter interessant. Wir aßen alle das Festessen (Gans mit Klößen und Rotkohl), spaßten und genossen den Abend einfach. Nach dem Essen zeigte ich Luke die Bilder im Medaillon, er war zwar nicht so begeistert wie ich, aber auch er fand die Kette wirklich schön.
Als Luke und seine Eltern schließlich aufbrechen wollten, war es schon spät in der Nacht. Meine Eltern konnten sie jedoch überreden, über Nacht zu bleibenWozu haben wir schließlich ein Gästezimmer, wenn nicht für Momente wie diese?«). Luke kam jedoch irgendwann in der Nacht zu mir ins Bett gekrochen, sein Vater schnarchte ziemlich laut, Susanna hatte sich zwar daran gewöhnt, aber Luke konnte so nicht einschlafen. Wir waren wie Bruder und Schwester und schliefen oft in einem Bett, wenn ich mal bei ihm, wie so oft, übernachtete. Ich hatte mich daran gewöhnt, dass Luke neben mir lag und ich seinem Atem lauschte, bis ich einschlief.
Dieses Weihnachten war wohl das Schönste überhaupt- und das Letzte, das ich mit meinen Eltern verbringen würde. Aber das wusste ich damals natürlich noch nicht.

Hey, meine Lieben,
ich wünsche euch frohe Weihnachten! Hier ist ein kleines Weihnachtsspecial (ich hoffe, das ist richtig geschrieben). Morgen wird leider kein Kapitel kommen, weil ich keines mehr vorgeschrieben habe. Dafür bekommt ihr jetzt dieses Kapitel (auch wenn es schon spät ist), als kleines Weihnachtsgeschenk von mir und als Wiedergutmachung. Wie ihr sicher schon wisst, ist das Kapitel aus Jasmins Vergangenheit, um der Geschichte treu zu bleiben.
Was habt ihr alles für Geschenke bekommen? 🎅🎄🎁
Mit weihnachtlichen Grüßen
eure
MoonyGirl2.

P.S. 1583 Wörter

P.P.S. Ich weiß, das Lied passt jetzt nicht sooo zu Weihnachten, aber da die Weihnachtslieder zur Zeit rauf und runter laufen, wollte ich mal ein anderes Lied machen.

Jasmin Strange - Das Feuer lodert in unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt