14. Die Vergangenheit holt jeden irgendwann ein

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»Lichteinfall also, ja
»Ja?« antwortete ich, doch es klang eher nach einer Frage.
Der Captain schüttelte leicht den Kopf. »Ich hab mal über dich rechachiert, Jasmin
Oh, oh...

Jetzt bloß nichts anmerken lassen, dachte ich und lächelte das unschuldigste Lächeln, das ich zu bieten hatte. »Ach ja, warum denn das?«
»Jasmin, denkst du wirklich, du kannst uns etwas vormachen? Ich bin schon bei deinen Fähigkeiten stutzig geworden, dann habe ich von dem Tod deiner Eltern erfahren und habe das Bild aus deiner Kindheit gesehen.« Steve war ziemlich groß, wie mir jetzt auffiel, wo er vor mir stand.
Ich versuchte weiterhin so zu tun, als wüsste ich nicht, wovon er spricht. »Warum sollte ich euch denn etwas vormachen?«
»Jasmin« Steve seufzte schwer. »Ich habe eine ganze Menge über dich herausgefunden, auch wenn in deiner Akte weniger als bei anderen steht. Soll ich es mal aufzählen?« Bevor ich antworten konnte, fuhr Captain Amerika fort. »Jasmin Elaine Strange, geboren in New York. Deine Eltern hießen Alina McKenzie und Mark Strange, sie haben am 16.07.1997 geheiratet und Alina änderte ihren Namen zu Strange. Beide waren sehr bekannte Wissenschaftler und untersuchten die Auswirkungen der Naturenergie auf Menschen.« Nichts anmerken lassen... »Sie starben am 16.08.2005 angeblich bei einem Autounfall.« Es gefiel mir nicht wie er das angeblich betonte. Er weiß es, schoss es mir durch den Kopf. Ja, Steve wusste es. Er kannte das Geheimnis, das ich nun schon seit so vielen Jahren hütete. Mein Herz klopfte bis zum Hals, ich wurde blass. Nein. »Das wurde zumindest der Presse und den anderen Menschen verklickert. Die Wahrheit ist, dass sie durch einen Unfall im Labor gestorben sind. Etwas ist schiefgelaufen. Diesen wahren Grund kennen nur S.H.I.E.L.D. und die Wissenschaftler, die am selben Projekt wie Alina und Mark arbeiteten. Und ihre Tochter. Soll ich weiter reden oder willst du das tun?« Steve sah mich auffordernd an.
Ich schluckte schwer, atmete tief durch. Inzwischen hatten auch Natascha und Clint sich unserem Gespräch zugewandt und lauschten neugierig. »Wo soll ich anfangen?« fragte ich Steve. Meine Stimme klang ungewöhnlich rau. Eigentlich hatte ich mir doch geschworen nie darüber zu reden, was in dieser Nacht geschah.
»Erzähl es uns. Einfach alles.« meinte er nur.
Ich nickte leicht und schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. »Früher« fing ich an. »als ich noch klein war, musste ich oft mit zur Arbeit meiner Eltern. Sie hatten keine Zeit, mich immer in den Kindergarten zu bringen. Damals hatte ich keine richtigen Freunde, höchstens einige Wissenschaftler, die sich ab und zu mit mir beschäftigten. Also dachte ich mir Freunde aus, lebte in meiner eigenen kleinen, friedlichen Welt, in der meine Eltern immer Zeit für mich hatten. Ich wurde älter, kam in die Schule und lernte Luke kennen. Er wurde mein erster und einziger Freund. Die anderen Kinder fanden mich komisch, wollten nichts mit mir zu tun haben. Aber bei Luke war das nicht so. Er war mit mir befreundet, gerade weil ich anders war. Ich fand einen Weg aus meiner Phantasiewelt heraus und ging nur wieder hinein, wenn ich mit Luke stritt, was zu meinem Glück nicht sehr oft vorkam, oder wenn meine Eltern wieder keine Zeit für mich hatten, wie so oft. Lukes und meine Eltern freundeten sich an und wenn Mum und Dad wieder einmal keine Zeit für mich hatten, brachten sie mich zu Susanna und Rick. Sie wurden so etwas wie eine Ersatzfamilie für mich.« Es fiel mir schwer davon zu erzählen, weil es sich so anhörte, als wären meine Eltern schlechte Eltern gewesen. Aber das stimmte nicht. Sie waren so oft es ging für mich da, kümmerten sich so gut um mich wie es eben ging. Ich schaute niemanden an, während ich leise, schon beinahe flüsternd, weiter sprach. »Eines Abends holten mich meine Eltern wieder erst sehr spät von Luke ab. Es war eigentlich wie jeden Abend. Meine Eltern meinten allerdings, dass wir nochmal in ihr Labor fahren mussten, weil sie dort noch etwas zu erledigen hatten. Ich sagte dazu nichts, sondern schwieg einfach, bis wir da waren. Mum befahl mir sitzen zu bleiben, bis sie zurück kamen. Ich wartete nicht einmal fünf Minuten, dann folgte ich ihnen. Meine Eltern bastelten an irgendeiner Maschine, aus der Funken stoben. Sie haben versucht, sie zu reparieren. Dad sah auf, als ich das Labor betrat. „Verschwinde hier, Jasmin. Hier ist es zu gefährlich für dich!” rief er. Dann schrie Mum plötzlich und alles um mich herum explodierte. Ich flog zurück, knallte gegen die Wand. Blaue Strahlen schossen durch die Gegend einer traf mich und ich spürte erst ein beißenden Schmerz, dann ein angenehmes Kribbeln. Alles um mich herum brannte, noch immer schossen die Strahlen umher und immer wieder traf mich einer von ihnen. Und dann sah ich sie. Meine Eltern lagen reglos neben der Maschine, die sie versucht hatten zu reparieren und die nun die Strahlen um sich schoss. Ich drehte mich um und rannte. Ich wusste nicht einmal wohin, wollte einfach weg. Ich war feige. An den Stellen, an dem mich die Strahlen trafen, hatte ich kein Gefühl mehr und doch fühlte ich mich stärker. Als die Polizei und mehrere Krankenwagen vorbeifuhren, wusste ich, dass das, was passiert war, schlimm war. Und mich über kam die Gewissheit, dass ich meine Eltern nie mehr sehen würde. Ich stand unter Schock, bemerkte nicht einmal, dass jeder meiner Schritte brennende Fußabdrücke hinterließ.
Susanna schrie auf, als sie mir die Tür öffnete. Ich selbst wusste nicht, warum. Susanna hatte Luke geweckt, er starrte mich an, als wäre ich eine Außerirdische. Ich sah in den Flurspiegel und erkannte mich selbst nicht wieder. Meine Haare hatten rote Strähnen, die wie Feuer zu lodern schienen, meine Augen wurden nach und nach immer heller und blauer. Ich schrie und weinte, mir wurde bewusst, dass meine Eltern mit großer Wahrscheinlichkeit tot waren und dass etwas mit mir nicht stimmte.
Am nächsten Tag kamen Männer in Anzügen, fragten mich aus und verbannten die Peters vorläufig aus ihrem eigenen Wohnzimmer.
Ich brauchte Jahre, um über den Tod meiner Eltern hinweg zu kommen, auch wenn sie kaum da waren. Wahrscheinlich bin ich auch heute noch nicht ganz darüber hinweg. Aber ich habe gelernt damit zu leben. Ich habe bisher niemandem, außer diesen Männern in Anzügen, erzählt, was in der Nacht wirklich geschah. Nicht einmal Luke.« Ein paar Tränen liefen mir über die Wangen und ich senkte den Kopf, damit niemand sie sah. »Ihr wisst gar nicht wie schwer es war, meine Fähigkeiten geheim zu halten...« Langsam sah ich wieder auf. Reue und Schuld stand in Steves Augen geschrieben. Er bereute es, mich gezwungen zu haben, mein größtes Geheimnis preiszugeben. Auch Clint und Natascha sahen mich mitleidig und entsetzt an. Ich hasste solche Blicke. Die bekam ich von jedem, der erfuhr wie früh ich meine Eltern verloren hatte.
Ich versuchte ein Lächeln, allerdings misslang es mir kläglich. »Hört auf, mich so anzusehen. Wir müssen einen verrückten Gott aufhalten.«

Jasmin Strange - Das Feuer lodert in unsWhere stories live. Discover now