Kapitel 4

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Das restliche Frühstück stellte sich als zähe Angelegenheit heraus, denn es wurde nur eine sehr karge Konversation geführt.

Angesichtes der Tatsache, dass meine Stiefschwestern und Levania es als unter ihrer Würde betrachteten, mit ihren Gästen zu sprechen, wie ich an ihren verkniffenen Gesichtern und herablassenden Blicken ablesen konnte und den grimmigen Blicken, die mein Vater seinem alten Freund zuwarf, wunderte es mich, dass es überhaupt so etwas wie ein Gespräch am Tisch aufkam.

Ich versuchte wenigstens so etwas wie eine Konversationen in Gang zu halten und erkundigte mich nach der Reise unseres Besuches.

Gute Miene zum eisigen Klima im Esszimmer machend, beantwortete mir der Laird meine Frage.

Als es endlich vorüber war, erhob sich der Laird kurz nach meinem Vater und verkündete: "Lord Redvers, ich möchte Eure Gastfreundschaft nicht länger in Anspruch nehmen als erforderlich, weswegen wir mit Eurer Tochter noch vor dem Mittagessen aufbrechen."

Bei diesen Worten merkte ich, wie mir merklich das Blut aus dem Gesicht wich.

Das ging mir alles viel zu schnell!

Wir hatten erst in ein paar Tagen mit unseren schottischen Besuchern gerechnet und jetzt waren sie nicht nur viel zu früh bei uns eingetroffen, sondern wollten mich auch noch sofort aus meinem bisherigen Leben reißen!

Auch wenn ich nicht wirklich mit Einwänden von Seiten meines Vaters gerechnet hatte, tat es dennoch weh, ihn sagen zu hören: "Dafür habe ich natürlich vollstes Verständnis! Dann gebe ich dem Butler Bescheid, dies an den Stallmeister weiterzugeben. Eure Pferde werden gegen Mittag bereit stehen.

Kommt doch mit in mein Arbeitszimmer, dann können wir das Geschäftliche gleich regeln und Ihr habt die Möglichkeit pünktlich aufzubrechen."

Darauf verschwanden mein Vater und der Laird aus dem Esszimmer, gefolgt von seinen schottischen Landsleuten, denen er auf Gälisch befohlen hatte, alles Nötige zusammenzupacken.

Völlig überwältigt blieb ich noch einige Augenblicke an meinem Platz am Tisch sitzen, während Levania und ihre Töchter schon munter schwatzend und bestens gelaunt ihrem Tagewerk entgegengingen, nämlich unsere Dienerschaft zu drangsalieren.

Erst als sie außer Hörweite waren und ich mich alleine im Raum befand, wagte ich es, meine aufgesetzte ruhige Fassade fallen zu lassen.

Zitternd entließ ich die Luft aus meinen Lungen, bevor ich mich ein wenig schwankend erhob und mich prompt an der Tischplatte abstützen musste.

Doch es brachte nichts, mit der Realität zu hadern und es mir selbst noch schwerer zu machen.

Außerdem hatte sich mein Zeitplan von jetzt auf gleich erheblich verkürzt.

Vorbereitungen waren zu treffen, Leute zu instruieren und die Verabschiedung von den Menschen, die das Leben hier lebenswert gemacht hatten, stand mir bevor.

Eilends zog ich los, um mich meinen letzten Aufgaben in diesen Gemäuern zu widmen.

In der Eingangshalle konnte ich zu meinem Glück Mr. Higgins abfangen, der eben noch einen Angestellten zurechtgestutzt hatte und ihn nun seiner Wege schickte.

Als er mich erblickte, trat ein unendlich trauriger Ausdruck in seine Augen und er fragte: "Sie werden uns also schon so bald verlassen, Mylady?"

Mich aufs Äußerste am Riemen reißend, damit ich nicht auf der Stelle vor allen in Tränen ausbrach, nickte ich zur Bestätigung nur einmal kurz.

Nach einem Räuspern fragte ich: "Mr. Higgins, könnten Sie wohl organisieren, dass sich unsere Dienerschaft in einer halben Stunde für einen Augenblick im kleinen Saal im Westflügel versammelt? Ich würde mich gerne noch verabschieden. Ihr wisst welche Leute."

Allana - Das VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt