Kapitel 5

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Die Stimmung war grauenhaft.

Und das war noch geschmeichelt.

In der ersten Zeit nach unserem Aufbruch, hatten die Männer noch die Feinheiten unserer Reiseroute ausgearbeitet und allerhand zu bereden gehabt.

Doch danach hatten die Gespräche relativ schnell ein Ende gefunden und ich hatte die Gelegenheit genutzt, meinen zukünftigen Schwiegervater, der rechts neben mir ritt, nach seiner Heimat auszufragen.

Er beschrieb mir die Burg und ließ sich dann im Allgemeinen über die schroffe Schönheit der schottischen Highlands aus.

Er sprach so voller Begeisterung und mit zärtlicher und liebevoller Stimme davon, dass sich in mir sogar ein winziger Funke der Vorfreude rührte.

Unsere Konversation schien die Wachen allerdings schnell zu langweilen und so verlegten sie sich auf eine andere Art des Zeitvertreibs: das Lästern.

Meine Herren, über was sie sich alles ausließen!

Und das auch noch auf Gälisch, wahrscheinlich in der Annahme, dass ich dieser Sprache nicht mächtig war.

Doch weit gefehlt!

Mutter war da sehr gründlich gewesen und hatte mich mit der Sprache ihres Herzens großgezogen.

Sie erzählte mir von ihrer schottischen Familie, ihrem Zuhause, Erinnerungen aus ihrer Kindheit und Jugend.

Da ich durch meine Mutter zur Hälfte Schottin war, wollte sie, dass ich meine Herkunft kannte und mit der Kultur vertraut war.

Auf mein Bestehen hin, musste sie mir als Kind jeden Abend vor dem Einschlafen Geschichten aus ihrer Heimat erzählen oder mich in den Schlaf singen.

Doch was nun aus den Mündern der Wachen kam, war alles andere als ein Märchen.

Sie machten sich über den Luxus meines früheren Zuhauses lustig, vor allem über den 'überflüssigen Schnickschnack', wie sie es nannten, hangelten sich über - die ihrer Meinung nach - zu pompösen Gemächer und das zu ihrem Entsetzten völlige Fehlen von Burgmauern hin zu den Besitzern dieses Anwesens.

Um schließlich zu meiner Person zu gelangen.

Schnell wurde mir klar, dass die hier Anwesenden alles andere als begeistert davon waren, eine englische Lady quer durchs Land zu eskortieren, geschweige denn, dass sie mich auch noch behalten mussten und zukünftig an der Backe haben würden.

Und zwar eine ziemlich lange Zeit.

"Vielleicht ist sie gar nicht so übel. Bis jetzt hat sie sich zumindest noch nicht beschwert!", verteidigte mich Kieran, der zuvor beharrlich geschwiegen hatte, erstaunlicherweise und musterte mich mit nachdenklichem Blick, wie ich aus dem Augenwinkel erkennen konnte.

"Wir sind ja auch erst zwei Stunden unterwegs!", argumentierte Douglas.

"Außerdem: Du hast schon die beiden Albträume aus Rüschen gestern mitbekommen, wie sie sich in der Eingangshalle fast an die Kehle gegangen sind, oder? Und die da ist deren Schwester, also kannst du dir ja ausmalen, wie die da sein wird", warf Angus ein.

'Die da' hatte gerade erhebliche Mühe den Ausführungen des Lairds über seine Ländereien zu folgen, wenn sich im Hintergrund seine Truppe auf Gälisch das Maul über meine Wenigkeit zerriss und ich auch noch jedes einzelne Wort davon verstand.

Doch ich hatte nicht vor, diese Rüpel davon in Kenntnis zu setzen.

Zum einen aufgrund ihrer bodenlosen Frechheit in meiner Anwesenheit so über mich zu reden und zu urteilen, obwohl sie mich nicht kannten.

Allana - Das VersprechenWhere stories live. Discover now