Aufregung ist eine Form von Aufwachen

371 51 23
                                    

Als Anders aufwachte, fragte er sich die ersten Sekunden warum er so ein komisches Gefühl hatte.

Es war, als hätte er gerade erfahren dass er etwas gewonnen hatte, es aber erst richtig realisieren musste.

Gestern war er mit Nika und Johanna in der Stadt gewesen, und Einkaufen. Und dann war er Ernst begegnet.

"Ein komischer Typ", hatte Anders nur gemeint als Nika ihn am Abend danach gefragt hatte.
Das mit dem T-shirt oder überhaupt irgendeine andere Information sagte er seiner Schwester jedoch nicht, trotz ihrer Neugier und Eingeschnapptheit, als sie dann merkte dass er es ihr wirklich nicht sagen würde.

Anders musste etwas grinsen als er daran dachte.
Seine Schwester konnte sehr viel Reden, aber auch sehr viel Zuhören.
Doch er selbst konnte beides nicht so gut, oder zumindest dachte er das.

Anders sass jetzt auf der Bettkante und musste erstmal überlegen was das grad für ein Gefühl war.
Er starrte kurz  in sein Zimmer.

Motivation.
Ja, das war es. Er war motiviert aufzustehen, ziemlich sogar.
Er zog sich um und ging in die Küche.

Heute machte sich Nika zwar keine beste Banane-Brokkoli Bemme aber eine "schrecklich scharfe Schilli Schnidde!" und hustete deswegen so viel, dass Anders sich mit seinem Müsli auf die Fensterbank verkroch.

"Ich sterbe.", sagte sie, als sie scheinbar fertig gehustet hatte. Und dann hustete sie demonstrativ doch noch ein bisschen, wo sie denn schonmal dabei war.
"Ich nicht.", meinte Anders und schlürfte die restliche Milch aus seiner Schüssel.

Nika lachte zwischen ihren Hustern und grinste ihn mit Krümeln um den Mund rum an, was ziemlich bescheuert aussah und Anders auch zum Lächeln brachte.
Dann trank sie einen großen Schluck, nur um danach nochmal zu husten.

Jemand kam mit schlurfenden Schritten zur Küchentüre rein.
"Niki was machst du denn? Der Hund von der Nachbarin antwortet schon auf dich!"
"Na ich sterbe.", sagte Nika und grinste ihren Vater an, bevor sie schnell nochmal was trank.
"Ja, aber doch nicht so früh."
"So jung oder so früh am Morgen?"
"Beides."
"Tschuldigung!" sagte Nika fröhlich und machte sich auf den Weg zur Küchenspüle um sich noch mehr zu Trinken zu holen.

"Na, guten Morgen.", sagte Jaan zu Anders bevor er sich der Fensterbank und ihm gegenüber an den Küchentisch setzte
"Hast du dich vor Nikis Anfall in Sicherheit gebracht?"
Anders nickte. "Morgen", murmelte er nachträglich. Auf einmal hatte er eine Idee.

"Hey Leute.", Aufmerksamkeitssammelpause.
"Was ist weiss und steht hinter einem Baum?", fragte Anders.
"Ernsthaft?", meinte Nika nur.
"Na, Papa?", wandte sich Anders deshalb seinem Vater zu.

"Keine Ahnung.", meinte dieser.
"Eine schüchterne Milch!"
"Pff", machte Jaan da nur.
"Ja, das findet die Jugend heutzutage lustig.", sagte Nika herablassend.

Anders zuckte nur die Schultern und ging Zähneputzen.
Und als er vor dem Badspiegel so dastand und die gedämpften Stimmen von seiner Familie hörte war er vollends zufrieden mit diesem Morgen.

Er dachte ein bisschen an Nichts, und ein bisschen an Batik T-shirts, und an diesen komischen Ernst.
Und plötzlich stand er still da, die Zahnbürste im Mund, die Ratlosigkeit im Gesicht und eine Frage im Kopf:
Wann sollte er heute zu dieser Bushaltestelle gehen?
...
Sollte er überhaupt da hin gehen?

Mit dem T-shirt stand er vor dem Spiegel und hatte es nun zum ersten Mal an. Eigentlich wäscht man Klamotten ja nachdem man sie kauft, aber er hatte jetzt bestimmt keine Zeit mehr dafür und es roch auch eigentlich gut. Nach ausgelüftetem Waschmittel, und ein bisschen Laden und Gemütlichkeit.
Er zog sich nochmal um, legte das T-shirt erstmal wieder auf seinen Schreibtischstuhl und beschloss, ein paar Hausaufgaben zu machen. Diese Motivation ausnutzen, und so.

Zum Mittagessen machte Nika irgendeinen komischen Auflauf der zu 90% aus Gemüse bestand. Anders nahm sich genervt eine Scheibe Käse aus dem Kühlschrank und rupfte sie halbherzig über seinem kompostartigen Mittagessen klein, um es somit erträglicher zu machen.
Und ständig sah er dabei zur Uhr und wusste nicht ob es nun Motivation oder Stress war oder beides.
Stress konnte ja auch motivierend sein.
Anders stand als erstes vom Tisch auf.

"Ich geh zum Skaterplatz.", rief er kurze Zeit später in den Flur.
"Oh nein, jetzt geht die Phase wieder los.", man konnte Nikas Augenrollen raushören,
"Ok, mach bitte dein Handy laut!", rief sein Vater ihm hinterher.
"Jaa!", und dann viel schon die Tür ins Schloss.

Ernst und AndersWhere stories live. Discover now