Zehn

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„Jona", sprach mich Aidan an einem Montagmorgen an. Sein Gesicht war blass und die tiefen Schatten unter seinen Augen verrieten seine Schlaflosigkeit. „Kann ich deine Hausaufgaben abschreiben?" Normalerweise überreichte ich sie ihm immer stumm, jedoch erschien Raven vor meinem inneren Auge.

„Mach deinen Scheiß doch selber", fuhr ich ihn an. Ich erschrak selbst ab der Boshaftigkeit in meiner Stimme, dennoch fühlte ich keine Schuld.

„Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen", grinste er, nahm mich wie gewohnt nicht ernst. Ich schenkte ihm lediglich einen verhassten Blick, was ihn stutzen ließ.

„Komm schon, was nervt dich denn?", erkundigte er sich nun besorgt. Ich hätte liebend gerne lauthals aufgelacht. Wenn er nur wüsste.

„Du", gab ich trocken zurück. Seine Augen weiteten sich.

„Was habe ich denn getan?" Er wirkte ehrlich verzweifelt. Es geschah ihm recht.

„Finde es selbst heraus", zischte ich. Stumm drehte er sich um und ging. Geradewegs verließ er das Klassenzimmer und hielt es nicht für nötig sich am Unterricht zu beteiligen.

Ich drehte mich auf meinem Stuhl, sah zu Raven. Aidan galt nicht das Recht über sie zu urteilen, auf sie herabzublicken.

Raven. Ich hatte es für sie getan, allein für sie.


„Was hasst ihr alle so sehr an mir?"

Er seufzt theatralisch. „Dass du nicht sprichst."

Abwehrend schüttle ich den Kopf.

„Aber auch nur, weil dies das Einzige ist, was ihr von mir kennt."


Rabenschwarz - Die Existenz von NiemandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt