Vierzehn

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Die Abendkälte der rauen Hausmauer fraß sich durch meine Winterjacke. Insgeheim sehnte ich mich nach der angenehmen Wohnungswärme, jedoch ging ich nicht. Ich stand weiterhin da, dicht an die Mauer gepresst, den Kopf ungesund verrenkt, mein Blick auf das gekippte Fenster gerichtet. Durch dessen Scheiben sah ich sie, wie sie ihr Rabenschwarzes Haar kämmte. Sie trug eine graue Jogginghose und einen viel zu großen, schwarzen Pullover. Raven war selbst in diesem Aufzug wunderschön. Ich liebte es, sie heimlich zu beobachten, zu verfolgen wie sie mit ihren Eltern redete. Sie sprach normal, vollkommen ausgelassen. So wirkte sie wie ein gewöhnliches Mädchen, welches sie allerdings nicht war. Es gab eine Begründung für die übermäßige Sorge ihrer Eltern, weshalb sie oft in ihr Zimmer kamen um sich nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen.

Ich wollte nicht darüber nachdenken, es war interessanter nichts zu wissen.

Ich stieß mich von der Wand ab und beschloss, sie für heute genug beobachtet zu haben.

Raven war unbemerkt zu meinem neuen Lebensinhalt geworden, zuvor hatte Aidan diesen Platz eingenommen. Ich war froh darüber, denn ich hatte Aidan niemals gemocht.

Im fahlen Licht des Mondes lief ich die Straße entlang. Mehr als dies brauchte ich nicht, der Schein Moons.


Ich lächle, mein Spiegelbild lächelt bröcklig zurück.

„Mir geht es gut", behaupte ich, doch die roten Linien auf meiner Haut erzählen die Wahrheit.

*


Rabenschwarz - Die Existenz von NiemandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt