19. Weizenähren

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Jades POV

Ich war noch immer irgendwie nervös von meinem morgendlichen Ausflug ins Kellergewölbe. Als der Wachmann zurückgekommen war, stand ich zwar längst wieder vor der hölzernen Tür, ohne einen einzigen Hinweis darauf, dass ich mich zu den Kerkern geschlichen hatte. Aber er war natürlich misstrauisch geworden, als er festgestellt hatte, dass Paspar ihn nicht wirklich hatte sehen wollen. Ich entschuldigte mich zig mal, und versicherte ihm, dass es wohl ein Missverständnis gewesen war, und ich die Botschaft ja selbst nur von einem Kollegen bekommen habe. Ich hoffte inständig, dass er mir das ganze irgendwie abkaufte, und es schien geklappt zu haben, denn er ließ mich mit einem Schulterzucken gehen. Allerdings nicht ohne die Warnung, dass so ein Fehler besser nicht nochmal passiere.

Außerdem stimmte es mich unruhig, nicht zu wissen was da mit der Prinzessin und Link vor sich ging. Wenn die Lage wirklich so kritisch war, und es eine Bedrohung im Schloss gab, dann schien es doch eine gute Idee zu sein, sie gemeinsam mit dem königlichen Berater auf ein anderes Anwesen zu schicken, oder nicht? Aber weder Link noch die Frau, welche mir den Brief gegeben hatte, schienen wirklich davon überzeugt, dass dies die beste Lösung sei. Ich dachte an den Brief. "Ich vertraue dir." Langsam fügte sich ein Bild in meinem Kopf zusammen. Der König glaubte Link sei die Bedrohung, aber die Prinzessin schien diese Meinung offensichtlich nicht zu teilen... Und wenn ein Unschuldiger im Kerker saß, beduetete dass ja zwangsläufig, dass ein Schuldiger nicht dort saß. Vielleicht bestand sogar die Möglichkeit, dass es der Berater war. Das würde zumindest Links Unruhe erklären. Aber wenn er Beweise hätte, hätte er es mir doch sicher gesagt oder? Er hätte mich wahrscheinlich gebeten, ihn aus dem Kerker zu lassen, selbst wenn ich mich dadurch zur Hochverräterin machen würde. Niemals hätte er dann den Versuch unterlassen, sie zu retten. Wahrscheinlich hatte er keine Beweise. Wahrscheinlich wusste er nicht, ob der Berater es war. Aber er konnte auch nicht mit Sicherheit davon ausgehen, dass er es nicht war. Vielleicht steckte die Prinzessin also in ziemlichen Schwierigkeiten. Ich hatte das Bedürfnis etwas zu tun. Nur wie? Ich konnte ja nicht auf gut Glück einer Kutsche hinterher rennen, von der ich nicht mal wusste, wo genau sie hinfuhr. Und selbst wenn ich es auf magische Weise schaffen würde zu Fuß eine Kutsche einzuholen, wie könnte ich die Aktion erklären, wenn die Prinzessin gar nicht in Gefahr war? Also blieb mir nicht anderes übrig, als die Augen und Ohren im Schloss offen zu halten, und zu hoffen, dass der Berater nicht das Problem war.      

Zeldas POV

Ein dumpfer Schmerz fuhr durch meinen Schädel und Rücken. Glücklicherweise kam ich auf dem Gras auf, nicht auf der steinigen Straße, wodurch ich mir sicher einige Schürfwunden ersparte. Doch ich hatte nicht die Zeit, dankbar zu sein. Die Kutsche kam ein paar hundert Meter weiter zum stehen, und ich war mir sicher es würde nicht lange dauern, bis sie umdrehte. Stolpernd kam ich auf die Beine und quälte mich bis zum schmalen Wassergraben, der zwischen Feld und Wiese floss. Mir war schwindelig und ich glaubte zu spüren, wie Blut an meinem Ellenbogen hinunter lief. Ich ignorierte es. Ich hörte wie die Kutsche sich näherte, ich hörte wie Toku den Kutscher anschrie. Wenn ich sie abhängen wollte, musste ich den Graben überqueren und durchs Weizenfeld. Mit der Kutsche konnten sie mir unmöglich folgen, und zu Fuß war Toku nicht besonders flott. Mit wackligen Knien und schmerzendem Kreuz versuchte ich über das Bächlein zu steigen, wobei ich mehrfach wegrutschte. Es ging ziemlich steil hinunter und noch steiler auf der anderen Seite wieder herauf. Das Traben der Pferde, welche sich jetzt in unmittelbarer Nähe befanden, wirkte auch nicht sonderlich beruhigend. Schließlich fand ich Halt an einer Wurzel auf der anderen Seite und zog mich mit schwitzigen Händen herüber. Ich hörte wie die Pferde hinter mir zum Stehen kamen. Tokus wutentbrannte Stimme schmerzte in meinen Ohren, aber ich achtete nicht darauf was er mir hinterher schrie und schlug mich ins Feld. Weizenähren peitschten gegen meine Arme. Ich versuchte mich so schnell wie möglich von der Straße zu entfernen, doch die Pflanzen standen dicht an dicht und erschwerten mir das Vorankommen. Noch immer hörte ich Tokus polternde Stimme und das Scharren von Pferdehufen, doch ich erlaubte mir nicht zurückzublicken. Es war egal, wie sehr meine Glieder brannten und wie schmerzhaft es war, sich durch das Feld zu kämpfen. Ich musste weiter, ich musste weg von ihm. Die Pflanzen gingen mir bis kurz unter die Brust, und ich entschied, mich auf allen Vieren weiter zu bewegen, um es Toku zu erschweren mich zu finden. Der raue Boden des Feldes stach in meine Handflächen, aber die paar Schmerzen machten jetzt auch nichts mehr. Während ich über den Boden kroch konnte ich den Himmel und die Landschaft nicht mehr sehen. Alles was sich vor mir erstreckte war eine gold-gelbe Wand aus Weizen. Ich hoffte inständig, dass ich nicht im Kreis lief sondern immer noch den Wald hinter dem Feld ansteuerte. Sicher war ich mir nicht.

Die Erde unter meinen Händen war kühl, doch die Mittagssonne brannte erbarmungslos auf meinen Rücken. Ich war langsam müde und es wurde immer schwerer ein Niesen zu unterdücken. Irgendwann stellte ich fest, dass ich weder Toku noch die Pferde mehr hören konnte. Ich musste sie abgehängt haben. Vielleicht hatte Toku auch gar nicht erst versucht, mir in das Feld zu folgen. Wenigstens das. Nach einer halben Ewigkeit schien das Meer aus Weizenhalmen vor mir dünner zu werden und erste grüne Flecken tauchten zwischen dem Getreide auf. Ich atmete erleichtert aus, kämpfte mich die letzten paar Meter durch das Feld und lies mich schließlich auf den angrenzenden Grünstreifen fallen. Links von mir erstreckte sich das goldene Feld, rechts von mir schossen die riesigen Bäume des Waldes in die Höhe. Ich kam mir winzig und unbedeutend vor. Schweiß lief mir die Schläfen herunter und meine Glieder wollten sich nicht einen Millimeter mehr bewegen. Ich wusste dass ich hier nicht ewig bleiben konnte. Toku war wahrscheinlich zum Schloss zurückgekehrt und hatte meinem Vater erzählt, seine sture Tochter sei ausgerissen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis königliche Suchtruppen hier auftauchen würden. Und ob diese den Auftrag hatten mich zu meinem Vater zu bringen, oder aber zusammen mit Toku auf das Anwesen in den Bergen, war unklar. Trotzdem erlaubte ich mir, mich eine Weile im Gras auszuruhen. Das frische Grün zwischen meinen Fingern erinnerte mich an Links grüne Mütze, die ihm so wahnsinnig gut stand. Ich schloss die Augen und dachte an sein freches Lächeln. Ich wollte ihn unbedingt wiedersehen. So schnell wie möglich.

Ich musste irgendwann eingeschlafen sein, denn als ich die Augen wieder aufmachte, stand die Sonne längst nicht mehr so hoch. Stattdessen färbte sie den Himmel langsam rot. Ich glaubte zu hören, wie schwere Stiefel das Getreide zertrampelten. Es war höchste Zeit aufzubrechen. Als ich mich langsam aufrichtete, erkannte ich in der Dämmerung, wie ein paar dutzend Gestalten das Feld durchkämmten. Glücklicherweise waren sie noch ein ganzes Stück von mir entfernt. Ich ließ mich wieder auf alle Viere sinken, und kroch durch das Gestrüpp in den Wald hinein, bis mir die Bäume genug Deckung gaben, um aufrecht weiter zu laufen. Ich würde versuchen zurück zum Schloss zu gelangen, ohne weiteren Suchtruppen zu begegnen. Es würde sicher einen ganzen Tag dauern - oder eine ganze Nacht. Vielleicht auch länger. Dann musste ich es irgendwie schaffen mit meinem Vater zu sprechen. Ohne das Beisein Tokus, versteht sich. Vielleicht würde ich es schaffen Impa zu kontaktieren... Sie könnte mich wahrscheinlich durch die Dienstbotengänge schmuggeln...

Zugegeben, der Plan war riskant und undurchdacht. Aber es war besser einen schlechten Plan zu haben, als gar keinen.


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Hello my friends! Danke, danke, danke fürs Lesen und Voten und für die ganzen Kommentare letztes Mal (ihr seid alle viel zu lieb)♥

Und I know Jades Gedankengänge ziehen sich ein bisschen (man will wahrscheinlich eher wissen, was mit Zelda ist, statt sich ihre Schlussfolgerungen anzuhören^^) aaaaber im nächsten Kapitel macht das Sinn, versprochen ;)

Okay ich hör jetzt mal auf, euch zu zu labern. Hoffentlich bis zum nächsten Mal<3

Vertraut mir, Prinzessin! (Zelda x Link)Where stories live. Discover now