Prolog ✅

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„Louis verdammt du kommst zu spät zur Arbeit", schrie meine Mutter mit ihrer krächzenden Stimme durch unser Haus. Sie hörte sich nicht weniger verheult an, als sie es in den letzten zwei Wochen tat. Aber nun gut. Wenn der neue, ach so großartige Mann in ihrem Leben sie einfach sitzen ließ, könnte man es wohl nicht anders erwarten. Mit meinem Dad war sie achtzehn Jahre lang verheiratet gewesen und als ich sechzehn wurde, ist er dann über alle Berge gewesen. Unser Verhältnis wurde immer schlechter, daher blieben Mum und ich auf uns alleingestellt. Neben der Schule, musste ich meiner Mum helfen Geld zu verdienen und ihr selbstverständlich unter die Arme greifen. Jetzt wo Dad nicht mehr da war, konnten wir uns nicht mehr so viel leisten. Dabei müsste gerade er doch wissen, dass Mum nicht alles allein schaffen konnte. Sehen wollte ich ihn ungerne. Ich wollte niemanden zur Last fallen und ich war mir noch nicht mal sicher, ob Dad überhaupt darauf klarkam, dass ich schwul war.

Seufzend lief ich nun also aus meinem Zimmer, nach unten in Richtung Küche. Meine Mutter sah mich, ein wenig zu gestresst für einen Samstagmittag, an. Sie schenkte mir ein Lächeln und fuhr mir kurz durch meine kurzen braunen Haare. Dabei lagen sie wirr auf meinem Kopf. Mein Gesicht verriet, dass ich eher nach meiner Mutter kam. Durch meine, ständigen roten Wangen, wirkte es sehr jugendlich und frisch. Von Bartwuchs blieb ich bisher verschont.

„Gewinnen Sie heute noch Karten für einen Live-Auftritt von Jasper Peys. Die letzten Lose können noch abgegeben werden", ertönte eine Stimme aus dem Radio in der Küche. Ich seufzte schwer, aber auch irgendwie sehnsüchtig und schüttelte den Kopf. Von dem Newcomer-Star Jasper Peys, war ich ein Riesen-Fan. Er war in meinen Augen nicht nur wunderschön und genau mein Typ, sondern schrieb auch großartige Tracks mit unglaublichen Texten. Sie waren sehr inspirierend für so ein junges Multitalent und er war echt mein Idol, und das schon von Anfang seiner Karriere an. Er kam auch aus London. Wenn man Glück hatte, würde man ihn sogar antreffen, da er sich wohl doch gerne draußen aufhielt mit seinen Freunden. Ich hatte bis jetzt kein Glück. Tja und am liebsten würde ich daher auf ein Konzert von ihm gehen. Doch die Karten waren zu teuer und ich hätte sowieso keinen der mitgehen würde. Selbst mein bester Freund bestimmt nicht, weshalb ich auch nicht beim Gewinnspiel mitmachte.

Ohne weiter drüber nachzudenken, zog ich mir die Jacke und Schuhe an, um wirklich mal loszugehen, da ich echt spät dran war. Klar, dass Mum panisch wurde. Schnell rannte ich los zur Underground und stieg in die erste volle Bahn ein, die ich erwischte. Ich hatte noch fünf Minuten und das war zu wenig. Definitiv musste ich rennen. So lief ich hoch, drängte mich vorbei, möglichst ohne andere zu verletzen und schon war ich fast an der Gasse, die mir drei Minuten ersparte. So öfter man hier vorbeilief, umso mehr neue Wege fand man und konnte sich den Zeitunterschied berechnen. Kurz bevor ich in die Gasse gelangte, zog ich meine rosa Schürze, meine Arbeitskleidung raus und hing sie mir außer Atem um. Im Laufen war das echt schon eine Kunst und ich wollte gar nicht wissen, wie das für Außenstehende wirkte. Ich fand die Schürze zwar echt mädchenhaft, nicht wegen der Farbe, sondern eher wegen dem Schnitt, dennoch wirklich süß.

Aber echt, den Weg könnte ich blind laufen und hatte kein Problem, nebenbei die Schürze anzuwerfen. Anscheinend war ich auch blind, denn im nächsten Moment stieß ich heftig mit jemanden zusammen. Erschrocken fiel ich durch den Aufprall hin. Mein Gegenüber stolperte jedoch nur zurück und sofort sah ich auf.

„Alter, pass doch auf!", schrie die Person mich regelrecht an, so dass ich etwas zusammenzuckte unter den unfreundlichen Ton und beschämt liefen meine Wangen rot an. „Entschuldigen Sie bitte", stammelte ich betroffen und nun hob auch mein Gegenüber den Kopf.

„Oh mein Gott", flüsterte ich und sofort fing mein Herz an zu springen, als ich den vermummt- angezogenen Typen erkannte. Auch, wenn dieser eine Kapuze bis in sein Gesicht trug. Urplötzlich stieg mir noch mehr Wärme ins Gesicht und mir war nicht mehr schwindelig von dem Aufprall, sondern eher wegen der Person, die da vor mir stand. Und diese schaute mich von oben herab ziemlich erniedrigend an. „Du bist Jasper Peys!", flüsterte ich sofort aufgeregt, denn mehr Stimme bekam ich im Augenblick nicht raus und errötete durch meine steigende Nervosität. Mein Idol stand vor mir. Ich könnte heulen.

Keine Ahnung wie viel Zeit verging. Der Newcomer Jasper musterte mich und ich konnte mein Herz bis in meinen Hals schlagen spüren. Sein Blick wanderte an mir herab und ich könnte schwören, dass er besonders auf meine Rosa Schürze sah. Er war so unglaublich schön. Und jetzt wusste ich, das auch in Persona.

Immer noch musterte mich Jasper, aber ziemlich wütend, während ich zu unfähig war irgendwas zu tun oder aufzustehen. Mein Körper bebte bloß vor Aufregung.

Plötzlich hörte man von weiter hinten Lärm. Gestresst wandte sich Jasper von mir ab. Er verzog sein Gesicht panisch und drehte sich wieder zu mir.

„Scheiß Schwuchtel", er spuckte mir einfach vor die Füße.

Blitzlicht.

Nicht nur das Licht erschreckte mich, sondern auch die Worte von Jasper, die mir so kalt entgegengeworfen wurden. Er rannte ohne weiteres weg, ließ mich perplex auf dem Boden sitzen und ich befürchte die Paparazzi würde auch auf mich zu kommen, jetzt wo sie diese Aktion gesehen hatten. Überfordert stand ich mit fast schon Tränen in den Augen auf und rannte weiter. Ich konnte es immer noch nicht fassen was passiert war.

Hätte ich nur bereits da schongewusst, dass diese Eskalation zwischen Jasper und mir, morgen überall in den Nachrichten war und für Sondermeldungen sowie Schlagzeilen in den Zeitungen sorgte..

Denn die Auswirkungen hätte ich mir nie erträumen lassen können.

Eins stand fest: Meinen Teenie-Schwarm würde ich zu seinem Leid noch öfters sehen. Und zu meinem jetzt wohl auch.

Arrogantes Arschloch.

Doch irgendwie, ließ er mich nicht los.

Rosa Schürze || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt