30. Long Time No See

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Chapter 30

Letztendlich hatten meine Füße sich dafür entschieden, mich zum Big Hit Entertainment zu führen, wo man mich erwartete. Natürlich wollte ich ihn und die anderen Jungs so sehr wiedersehen, aber im Augenblick war mir nicht danach. Janes Konfrontation ließ meinen Kopf rastlos denken, seit ich ihre Wohnung verlassen hatte. Die zwei Tatsachen, dass Jane sicherlich etwas vorhatte, von dem ich nichts wusste, und dass Jeongguk eine Antwort von mir verlangte, ohne mir überhaupt etwas davon gesagt zu haben, wollten einfach nicht aus meinen Gedanken verschwinden. Wie sollte ich einen klaren Kopf bewahren, wenn ich mich nicht nur mit einer Sache befassen konnte? Hinzu kamen noch die Jungs, die uns sicherlich stören würden. Einerseits war das gut, weil ich eh nicht in der Lage zum gescheiten Reden war, andererseits wollte ich es nicht vor mich herschieben.

Die Frage, ob ich Jeongguk genauso liebte wie er mich, stellte sich mir nur einmal. Weil ich auf die Schnelle keine Antwort fand und keine finden wollte, verwarf ich diese Frage sofort wieder. Mir war klar, dass er mir womöglich diese stellen würde, aber wenn ich selbst mir nicht antworten konnte, dann ihm genauso wenig. Ich würde dann das sagen, was ich spontan darüber dachte. Ein "Weiß nicht" könnte die Folge sein, aber mir fiel nichts Besseres ein. Mein Leben könnte so unkompliziert sein, wenn die Menschen nicht ständig etwas von mir verlangen würden. Jedoch musste ich zugeben, dass ich es an seiner Stelle auch gerne wissen wollte. In manchen Situationen wünschte ich mir ungelogen, dass man mir einige Entscheidungen abnahm und man mir Lösungen auf einem silbernen Teller servierte.

Der enge Fahrstuhl, in dem ich mich jetzt befand, machte mich beinahe panisch. Ein kleines Szenario spielte sich bildlich auf der spiegelnden Metallwand vor mir ab, in dem ich wie eine Geisteskranke alle Knöpfe drückte, aus voller Kehle schrie, dass ich hier raus wollte, und sogar den Notfallknopf betätigte. Als ich merkte, dass es keinen Zweck hatte, rutschte ich verzweifelt die Wand runter und kauerte auf dem Boden zusammen. Einige Male blinzelte ich, bis ich bemerkte, dass es nur eine Einbildung war. Ich kam mir echt feige und untypisch vor. Meine größte Angst war es, auf Jeongguks Liebe einzugehen und ihn dann im Endeffekt zu verletzen, falls ich nicht so fühlte wie er. Hoffnungen, die am Ende nur Lügen waren, wollte ich ihm nicht machen. Wie schon gesagt, war ich mir kein bisschen sicher über meine Gefühlslage, aber ich hatte viel mehr Angst davor, ihn zu verletzen, als wenn ich jetzt verletzt werden würde. Ein toller Junge wie Jeongguk hatte jemanden verdient, der ihn aus tiefstem Herzen liebte und eine gute Person war.

Beim Aufspringen der großen Metalltüren und beim Ertönen des Fahrstuhlgeräusches, das mir sagte, dass ich angekommen war, rutschte mir das Herz in die Hose. Schluckend ballte ich die Hände zu Fäusten und kam heraus, bevor der Fahrstuhl sich wieder schließen konnte. Wie eingefroren, stand ich davor, atmete tief ein und aus und kam mir wie eine Idiotin vor. "Sobald mich jemand sieht, gibt es kein zurück mehr.", flüsterte ich mir selbst zu. Ich wusste, dass ich so oder so keinen Rückzieher machen würde, weil ich an meinem Ziel angekommen war. Mir kam kurz in den Sinn, dass ich ausgerechnet heute nicht darüber reden musste. Ständig wiedersprach ich mir selbst. Nachdem meine verschiedenen Gedanken unzählige Male gegeneinander geprahlt waren, entschied ich mich, dass ich diese Thematik der Situation anpasste. Wenn es sich ergab, würde ich mit ihm darüber reden und wenn nicht, dann ließ ich es... für heute.

Zufriedener mit dieser Entscheidung, versuchte ich den Gedanken solange zu verdrängen, bis ich ihn brauchte. Fast schon erleichtert, weil ich eine Ahnung hatte, dass es nicht dazu kommen würde, stolzierte ich zum Proberaum. In einer geringen Zeitspanne gelangte ich dorthin, wo die Jungs gerade tanzten, glaubte ich zumindest. Jeongguk meinte ja, dass sie Training hatten und ich ging davon aus, dass es Tanztraining war, weil das Wort "Schweiß" in unserem Gespräch vorgekommen war. Es könnte natürlich auch ganz normaler Sport im Fitnessstudio sein, aber dann müsste ich mit dem Fahrstuhl in eine höhere Etage. Da ich laute Musik, natürlich "Boy in Luv", vernahm, war ich mir zu 100% sicher, dass die Jungs dort übten. Meine Hand lag schon auf der Türklinke, als mir einfiel, dass ich sie stören könnte. Ein Blick von mir und niemand tanzte mehr, sondern sie würden alle zu mir rennen. Oder mich vielleicht auch übertrampeln.

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