♠ 1. Kapitel

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Zu wissen, was mich die nächsten Wochen erwartet, ließ meinen Magen rumoren und mein Herz schneller schlagen. Nicht, weil ich mich so freute. Sondern weil ich lieber Donald Trump begegnen würde, als mit Aaron zwei beschissene Monate dieses Projekt zu machen. Das, was ich damals auf der Party gehört habe, hast ausgereicht, um alles kaputt zu machen, was wir je hatten. Falls wir überhaupt je etwas hatten. Vermutlich hat er mich nur gebraucht, um zu vergessen, dass sein Bruder im Knast saß. Diese Gedanken taten nicht mehr so weh, wie vor ein paar Monaten noch und doch wirkten sie noch auf mich. Wie denn auch nicht, wenn ich Aaron jeden Tag sah? Und wenn er dachte, ich wusste nicht, dass er jeden Tag vor meinem Haus stand und schaute, ob alles in Ordnung war, täuschte er sich. Das wusste ich genau. Ich sah doch immer, wie er hier her fuhr. Zwar hatte her noch keinen Führerschein, aber er fuhr oft mit dem alten Motorrad von Kaden hier her. Er und Kaden hatten beide einen Schein dafür gemacht. Ich erinnerte mich daran, wie Aaron ausgeflippt war, als Kaden mit diesem Teil vorgefahren war. Er beschloss, wenn er alt genug war, auch einen Schein dafür zu machen. Und das hat er. Und jetzt fuhr er Kadens alte Maschine, während er sich eine neue besorgt hatte, um seinen Bruder etwas von sich zu geben, wenn er schon zwei Jahre weg sein würde. Verwirrt darüber, in welche Richtung meine Gedanken geschweift waren, schüttelte ich den Kopf und widmete mich meiner Zeichnung. Auf dem weißen Blatt vor mir erstreckte sich bis jetzt nur ein schwarzer Strich. Mehr nicht. Vorhin hatte ich noch ein Bild im Kopf gehabt und jetzt konnte ich nur daran denken, dass ab Montag das Projekt beginnt. Allein der Gedanke daran sorgte dafür, dass sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Ich konnte das Projekt unmöglich schaffen, da ich auf meine Mutter aufpassen musste. Was, wenn sie einen Anfall bekommen würde und ihr eigenes Haus nicht mehr erkennen würde? Diese Gedanken schnürten mir die Kehle zu und brachte meinen Magen dazu, sich zu verknoten. Und Geld für eine Pflegerin hatte ich nicht.

Tief atmete ich durch. Schließlich war es nur Aaron. Aaron, der wusste, wie es um meine Mutter stand. Und obwohl das eigentlich gut war, wollte ich ihn nicht mehr hier haben. Die Worte auf der Party, die Landon und er gegeben hatte, waren mehr als nur ein Schlag in die Magengrube gewesen. Wütend blinzelte ich die Tränen, die sich bei der Erinnerung gebildet hatten, zurück. Das war Aaron nicht wert, redete ich mir immer wieder ein, doch irgendwie wollte mein Herz das nicht wirklich glauben. Seufzend ließ ich den Stift sinken. Mir wollte einfach nichts mehr einfallen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es Zeit war, nach meiner Mutter zu sehen. Also erhob ich mich und lief aus meinem Zimmer. Unten hörte ich den Fernseher laufen. Sie schaute mal wieder eine Kochsendung. Erleichterung kam in mir auf. Wenn sie das noch wusste, wann die Sendung kam, war noch alles gut. Leise stieß ich die Luft aus und lief die Treppe nach unten. Meine Mutter saß auf der Couch und hatte ihren Blick gebannt auf die Sendung gerichtet. Sie liebte diese Sendung einfach. Obwohl ich diese Sendungen recht lahm fand. Aber jedem das Seine. Doch ich freute mich, dass sie noch wusste, wann das kam. Auch, wenn sie es sich mal irgendwo aufgebschrieben hatte.

»Brauchst du was, Mum?«, fragte ich, als ich zur Couch trat und meine Ellbogen auf der Lehne abstütze. Sie drehte ihren Kopf zu mir. »Nein, alles gut Schatz.« Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen.

»Sag bescheid, wenn du was brauchst«, hauchte ich und strich über ihre blonden Haare, die mit den Jahren immer bleicher wurden.

»Natürlich mein Engel. Du kannst auch einfach mal raus gehen. Spaß haben. Es ist Freitag. Geh mit Freunden aus. Wie heißt die eine noch? Aurora oder? Triff dich doch mit ihr. Ich komme schon zurecht«, hauchte sie und legte ihre kalte Hand auf meine. Wie von selbst schüttelte ich den Kopf. Damals, als ich mit ihr getroffen hatte, ging das nur, weil ich wusste, dass jemand hier war, der für sie sorgte. Aber meine Cousine konnte auch nicht immer vorbei kommen, um auf meine Mutter aufzupassen. Das damals war nur Zufall gewesen.

Trust in me ✔Where stories live. Discover now