♠ 14. Kapitel

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Doch dies hielt nur für einen Moment. Der Moment, in dem es mir egal war, was er gesagt hatte, war in dem Moment vorbei, als ich meine Mutter die Treppe nach unten laufen hören. So schnell ich konnte löste ich mich von Aaron und warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr. Er war schon eine Stunde hier und Mum würde bestimmt gleich kochen. So gut es ging, brachte ich einen größeren Abstand zwischen uns und klappte hektisch das Buch zu. Aaron zog eine Braue nach oben. Seine Miene zeigte, dass er nicht gerade erfreut über meine Reaktion war.

»Also da ich es ja jetzt verstanden habe, kannst du jetzt wieder gehen und die Dinge tun, zu denken du Lust hast«, sagte ich und spielte somit herunter, dass ich ihn gerade umarmt hatte. Das war nicht gut gewesen. Es hätte nicht passieren dürfen. Nicht so. Nicht jetzt. Überhaupt nicht. Das mit Aaron und mir war einfach kompliziert und ich wusste einfach nicht, wann er es ernst meinte und wann nicht und was er eigentlich gerade genau von mir wollte. Vermutlich würde ich das nie ganz verstehen. Schließlich hatte er mit meinem Vertrauen gespielt. Obwohl er wusste, dass schon viele mein Vertrauen missbraucht hatten. Gut, er wusste nicht alles, aber das Meiste.

»Hailey was soll das jetzt schon wieder? Du musst nicht so tun, als wie wäre nichts passiert. Es ist alles gut und ich verbringe meine Zeit gerne mit dir«, erklärte Aaron und rückte wieder näher an mich heran. Scharf zog ich die Luft ein und sprang von meinem Stuhl auf, der krachend über den Boden rutschte.

»Es ist doch nichts passiert. Es ist nichts passiert. Und ich wollte noch duschen und ich muss noch äh mit äh mit meiner Oma telefonieren. Ja genau. Und das kann nicht warten und dann gibt es essen und dann will ich Football anschauen und dann will ich noch den einen Film sehen und vielleicht sollte ich auch noch mal ein paar Sachen für den zweiten Monat für unser Projekt raussuchen und ja. Du kannst also wirklich gehen. Ich hab noch viel zu tun«, rasselte ich Millionen von Ausreden herunter. Meine Oma musste ich natürlich nicht anrufen. Duschen wollte ich auch nicht, dass hatte ich heute Morgen schon. Essen und Football anschauen wollte ich tatsächlich, aber es gab keinen Film den ich sehen wollte und die meisten Dinge, die wir im zweiten Monat tun könnten, wenn es um das Waisenhaus ging, wusste ich auch schon. Also keine große Sache. Doch so sehr ich auch gehofft hatte, Aaron würde mir glauben, so hatte ich mich doch sehr getäuscht.

»Wenn du schon lügen musst, um mich loszuwerden, Hailey, dann ist das traurig. Sag mir einfach ins Gesicht, dass ich gehen soll und dass du meine Gesellschaft nicht erträgst und nicht willst und ich gehe. Obwohl wir beide wissen, dass du mich hier haben willst«, antwortete Aaron, völlig ungerührt von meinen Ausreden. Gerade wollte ich etwas sagen, als meine Mutter nach unten kam. Ihr Blick schweifte zu mir, dann zu Aaron und für einen Moment sah sie verwirrt aus. »Wann bist du denn gekommen, Aaron?« Mein Herz zog sich zusammen. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Aarons Lippen öffneten sich einen Spalt und er sah total perplex aus. Er schien bleich zu werden, bevor sein Blick zu mir glitt. Es dauerte keine Sekunde und Aaron wusste, was los war. Und das, was jetzt in seinen Blick trat, hatte ich nicht sehen wollen. Ich wollte sein Mitleid nicht sehen. Wütend wandte ich den Blick ab. Ich wollte kein Mitleid. Mitleid war etwas für Heuchler. Besonders sein Mitleid wollte ich nicht.

»Vor einer Stunde, Mum. Du hast ihn rein gelassen«, murmelte ich mit erstickter Stimme. Es wurde immer schlimmer. Immer schlimmer.

»Ach ja. Richtig. Ich koche etwas. Du kannst ruhig bleiben, Aaron«, sagte sie und lief in die Küche. Ich sah ihr nach und seufzte. Ganz toll. Jetzt blieb er auch noch. Jetzt musste ich seine Blicke noch länger ertragen.

»Hailey-«, fing er an, doch ich hob die Hand. Ich wollte nichts hören. Nichts dazu. »Lass gut sein.« Auch ohne hinsehen zu müssen, wusste ich, dass er gerade traurig und niedergeschlagen dreinschaute. Er hasste es, wenn man ihm verbat, zu reden. Er hasste das. Er hasste es, wenn man seine Worte nicht anhören wollte und ihm nicht mal eine Chance gab, zu reden. Aber er sagte nichts dazu und schwieg. Lange war es still. Man hörte nur, wie Mum in der Küche das Kochen anfing und man hörte den Zeiger der Uhr.

Trust in me ✔Where stories live. Discover now