♠ 16. Kapitel

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Nur schwer hielt ich die aufkommenden Tränen zurück. Die Stille schien mich schier gar umzubringen. Mein Herz klopfte wild und mir war übel. Meine Gedanken fuhren Achterbahn. Hoch und runter. Hoch und runter. Das Atmen fiel mir schwer, als würde ein großer Druck meine Lunge zusammenquetschten. Die Ärzte hatten gesagt, dass das Alzheimer meiner Mutter sehr schnell voran gegangen war und es auch weiterhin tun würde. Dass man nicht viel dagegen tun konnte. Dazu müssten wir in eine Klinik im Norden fahren, eine richtig teure Klinik, die sich vermutlich nur Prominente leisten konnten. Und dazu kamen noch ihre epileptischen Anfällen. Tränen brannten in meinen Augen, als die genauen Worte des Arztes in meinen Ohren widerhallten. Krampfhaft zog sich mein Herz zusammen. Es war zu still in meinem Zimmer, doch Musik half nichts. Garnichts half. Es war, als wäre ich in einem Strudel der Dunkelheit gefangen. Als könnte ich nicht aus dem Alptraum erwachen. Selbst das stätige Vibrieren meines Handy an meinem Oberschenkel konnte mich nicht davon abhalten, in diesem Strudel gefangen zu sein. Auch, wenn ich wissen wollte, wer da anrief, so wollte ich es gleichzeitig doch nicht wissen. Etwas hinderte mich daran und ich wollte nur meine Ruhe. Träge ließ ich mich zurück auf mein Bett sinken und starrte ausdruckslos an die Decke. Mein ganzer Körper fühlte sich taub an. Alles fühlte sich taub an. Atmen fühlte sich nur noch wie eine Pflicht an, als würde ich das nur machen, um zu überleben. Doch was um alles in der Welt sollte ich machen, um meine Mutter zu retten? Das Geld, was wir hatten, würde nie und nimmer dafür reichen, denn wir brauchten auch noch etwas, um zu überleben. Das war einfach zu teuer und ich musste auch noch an die anderen Kosten für meine Mutter denken, daran, dass ihre Medikamente auch nicht gerade billig waren. Meine Augen wurden immer schwerer. Doch meine Gedanken hielten mich davon ab, in den erlösenden Schlaf zu gleiten. Schließlich schaffte ich es doch, obwohl es noch nicht einmal 21.00 Uhr war.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich etwas Warmes neben mir spürte. Ein sanfter Atem kitzelte meine Wange. Wie von selbst schlug mein Herz schneller und wilder. Doch etwas in mir hielt mich davon ab, die Augen zu öffnen. Ich wollte dieses Gefühl, was mich in dem Moment überkam, genießen. In vollen Zügen.

»Oh, Hailey«, hauchte die Person und strich über meine Wange. Ein wohliger Schauer jagte bei der Berührung meinen Rücken hinunter und als ich erkannte, wer diese Person war, schlug mein Herz noch schneller – wenn das überhaupt möglich war. Zwei Arme schlangen sich um mich und in der nächsten Sekunde wurde ich an einen muskulösen Körper gepresst. Im ersten Moment wollte ich mich anspannen, doch dann belehrte ich mich eines Besseren. Und ich musste zugeben, dass ich es nicht einmal so schlimm fand, in Aarons Armen zu liegen. Seine Wärme übertrug sich auf mich und ließ mich wohlig erschaudern. Die Probleme um mich herum verschwanden in einem Nebel. Einem Nebel aus seinem Geruch und meinen wirren Gedanken. Mein Kopf war eigentlich leer, aber auch wieder nicht. Neben ihm zu liegen war mir nicht fremd und doch war es so anders als das letzte Mal. Es fiel mir schwer, die Augen nicht zu öffnen, um sein Gesicht nicht zu sehen. Ich wollte sehen, wie er mich ansah, denn ich spürte seinen Blick auf mir brennen. Allerdings war der Moment auch viel zu schön und zu kostbar, um ihn jetzt kaputt zu machen. Also genoss ich weiterhin seine Nähe und schmiegte mich noch etwas näher an ihn heran. Bei jedem Atemzug spürte ich seine Brust, die gegen meine drückte. Seinen Atem, der meinen Nacken streifte und seine Hände, die sanft aber bestimmt meine Taille umfassten.

»Ich würde dir gerne sagen, dass alles wieder gut wird. Allerdings kann ich das nicht sagen, da ich es nicht weiß. Also sage ich einfach, wie so oft, dass ich für dich da bin, Hailey. Ich bin für dich da. Egal, was kommt. Ich weiche nicht mehr von deiner Seite. Nie wieder. Du wirst mich nicht mehr los. Ab jetzt bin ich wie eine lästige Klette, die an dir heftet und dir überallhin folgt und es mir scheiß egal, was du davon hältst. Ich muss und ich werde bei dir sein. So oft und so lange ich kann. Vielleicht hörst du das, vielleicht auch nicht. Aber ich werde es dir noch öfter sagen, so oft, bist du mir glaubst, dass ich nicht mehr von deiner Seite weichen werde und dich nie wieder verlassen werde. Bis du mir glaubst, dass du mir wichtig bist und es immer warst. Bist du mir glaubst, dass wir beide zusammengehören«, hauchte er und ich spürte, wie seine Lippen sanft über meine Wange glitten. Beinahe hätte ich scharf die Luft eingezogen, doch das hätte mich verraten, weswegen ich nur schwieg und ein Lächeln unterdrückte. Weiterhin tat ich so, als würde ich schlafen. Darauf bedacht, meine Atmung ruhig und gleichmäßig zu halten, was sich allerdings langsam als Herausforderung entpuppte, wenn er solche Dinge sagte und dann noch meine Wange küsste.

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