♠ 10. Kapitel

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Seine Schritte hallten im Treppenaufgang wieder. Was dazu führte, dass mein verräterisches Herz immer schneller schlug und mir ganz heiß wurde. Innerlich zählte ich die Sekunden. Es schien mir eine Ewigkeit zu dauern. Nervosität stieg in mir auf, während ich vergebens versuchte, mein dummes, naives Herz dazu zu bringen, langsamer und gleichmäßig zu schlagen. Allerdings passierte nicht das nicht. Nein, es pochte nur noch wilder, als sie Schritte vor meiner Tür verebbten und kurz darauf ein Klopfen erklang. Ob ich es wollte oder nicht, diese Geste führte dazu, dass sich ein dümmliches Grinsen auf meine Lippen schlich. Einfach, weil er wirklich daran gedacht hatte. Weil er sich gemerkt hatte, dass ich es mochte, wenn man klopfte. Allerdings brachte ich es nun wieder schwer von meinen Lippen. Mist.

»Komm rein!«, rief ich und versuchte wenigstens, ruhig zu werden. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen. Das erste, was zum Vorschein kam, war Aarons Arm. Sofort fiel mein Blick auf seine Hand und seinen Unterarm, der freigelegt war, da Aaron wie heute schon in er Schule, die Ärmel seines Oberteils nach oben gekrempelt hatte. Das Erste, was mir ins Auge stach, waren seine Venen und Adern, die deutlich, aber auch nicht so deutlich, dass es eklig wäre, hervorstachen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen und gerade so schaffte ich es, mich zur Vernunft zu bringen. Aber leugnen konnte ich nicht, dass das verdammt heiß aussah. Doch ehe ich meinen Gedanken nachgehen konnte, stand Aaron schon im Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Leicht legte ich den Kopf schief und betrachtete ihn ausgiebig. Er wirkte wirklich etwas nervös. Ich fragte mich, wieso er nicht sah, wie gut er in Basketball doch war. Er war super gut. Die anderen Spieler tanzte er locker an die Wand und Körbe warf er, wie kein anderer. Also an unserer Schule zumindest. Die Frage war deswegen, wieso er das selbst nicht sah.

»Hör auf, nervös zu sein, Aaron. Das packst du schon«, sagte ich und sah ihn an. Er schluckte, nickte, schluckte wieder und nickte wieder. Langsam trat er zu mir und ließ sich neben mich auf das Bett sinken. Die Matratze gab unter seinem Gewicht leicht nach.

»Ich kann nicht. Es geht bei uns bald ums Eingemachte. Da kann ich nicht einfach so tun, als sei alles in Ordnung oder so. Ich kann einfach nicht. Dieses Spiel bestimmt, ob wir nun in die Auslosungsspiele kommen oder wir nicht mal ein Reichweite kommen. Das Achtelfinale ist allein schon super wichtig und wir haben uns vorgenommen, dort wenigstens hinzukommen. Wenn wir einen kleinen Fehler machen, war es das«, erklärte er mir ernst und sah mich an. Ich zog eine Augenbraue nach oben. »Na und? Dann macht ihr halt Fehler. Es ist doch nicht so schlimm, wenn ihr einen macht. Es gibt auch ein nächstes Jahr. Ein Champion wächst an seinen Niederlagen, Aaron. Du bist nur ein Mensch. Du darfst dir nicht so viel Druck machen, sonst wird das nichts.« Lange sah er mich einfach nur an. Sagte kein Wort. Er schien nicht zu wissen, was er darauf antworten sollte und das war okay. Aaron war schon immer jemand gewesen, der alles perfekt haben wollte und auch so machen wollte. Allerdings war das genau der Punkt, an dem man ihm immer wieder sagen musste, dass er sich nicht so unter Druck setzten sollte. Denn genau das war sein Fehler. Aber damals wollte er es schon immer jedem recht machen und so sah es jetzt auch aus. Er wollte niemanden enttäuschen. Nicht so wie jemand, den er kannte. Nicht so, wie Kaden ihren Vater enttäuscht hatte. Nicht so, wie Landon ihre Mutter enttäuscht hatte. Nicht so, wie ich meine Oma enttäuscht hatte, als ich sie belogen hatte. Er selbst wollte das nicht. Wollte nicht enttäuschte Gesichter blicken. Das wollte er nicht. Dadurch machte er sich aber selbst so viel Druck, dass er mittlerweile gar nicht mehr merkte, dass er sich Druck machte. Für ihn war das alles normal. Für die anderen und mich war das der totale Wahnsinn.

»Ich setzte mich nicht unter Druck«, rechtfertigte er sich mit einem schwachen Versuch, mich vom Gegenteil zu überzeugen.

»Doch, tust du. Du hast so große Erwartungen an dich selbst, das du sie alle gar nicht erfüllen kannst. Immer wieder sagst du dir, du musst das und das perfekt können, du willst ja keine Dreier schreiben. Es muss immer alles perfekt sein und genau das ist falsch. Sehr falsch, Aaron. Hör auf, dich so unter Druck zu setzen und lass auch mal locker«, konterte ich und sah, wie er immer sprachloser zu werden schien. Man sah ihm an, dass ihm die Kontersprüche ausgingen und man sah, dass er langsam zu begreifen schien, wie recht ich doch hatte. Dann atmete er tief durch. »Vielleicht hast du recht.« Seine Stimme war leise und angestrengt. So als wolle er sich noch daran hindern, das zu glauben.

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