Kapitel 35

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Jisoo Pov

Das mit Jennie heute Morgen hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen, gleichzeitig hat es mir aber auch einiges klar gemacht. Es ist dumm von mir, Soojin hinzuhalten, da es nicht der passende Zeitpunkt ist und ich für sie da sein muss. Denn eigentlich ist nicht Soojin diejenige, die mich braucht, sondern Jennie. Und leider habe ich das viel zu spät realisiert. Soojin kann auf eigenen Beinen stehen, Jennie hingegen scheint meine Hilfe dringend zu benötigen.

Zwar habe ich einiges vermasselt, dennoch bin ich der Meinung, das wieder gerade biegen zu können. Wahrscheinlich wird es lange dauern, bis Jennie mir blind vertrauen kann, aber das nehme ich gerne auf mich. Solange es ihr letztendlich gut geht, würde ich alles tun. Das ist auch der Grund, wieso ich heute Morgen nach dem Aufeinandertreffen mit Jennie gleich wieder zu Soojin gefahren bin und nun offiziell Schluss gemacht habe.

Ihre Reaktion war nicht unbedingt das, was man angenehm nennen würde, aber tatsächlich fühle ich mich so gut, wie lange nicht mehr. Endlich kann ich nach meinem eigenen Kopf gehen und meine Liebe jemandem widmen, der sie zu schätzen weiß. Von Soojin werde ich mich auch komplett fern halten, damit Jennie absolut nichts zu befürchten hat. Mein einziges Ziel ist es, sie endlich wieder glücklich und unbeschwert sehen zu können.

Ich weiß noch nicht so recht, wie ich mit Jennie in Kontakt treten und sie davon überzeugen kann, mir zuzuhören, aber das werde ich schon hinkriegen. Tatsächlich bin ich eher positiv gelaunt. Und das, obwohl ich einen unglaublich anstrengenden und erschöpften Tag hinter mir habe. Erst das mit Jennie, dann das mit Soojin und den Rest des Tages habe ich noch nötige Erledigungen machen müssen.

Erschöpft betrete ich das Haus und da bereits einige Lichter brennen, gehe ich davon aus, dass Minhee mittlerweile auch schon zu Hause sein muss. Soweit ich weiß hat auch sie in letzter Zeit nicht viel Kontakt zu Jennie, wirklich gefragt habe ich sie allerdings auch nie. Stattdessen habe ich jeden Gedanken an Jennie versucht zu vermeiden, was wirklich eine unglaublich dämliche Entscheidung war.

Ich begebe mich in die Küche, wo ich auch schon Minhee sitzen sehe. „Hi", begrüße ich sie nebenbei, während ich mir ein Glas und eine Wasserflasche zur Hand nehme. „Und? Gibt's was Neues? Wie war dein Tag?", versuche ich ein Gespräch anzufangen, um das Gespräch letztendlich auf das Thema „Jennie" lenken zu können, ohne, dass es zu offensichtlich ist. Irgendwo muss ich ja Anfangen und da ist es von Vorteil, dass Jennies beste Freundin ausgerechnet meine kleine Schwester ist.

Da Minhee heute aber nicht unbedingt in Gesprächslaune zu sein scheint, kriege ich dementsprechend auch keine Antwort, weswegen ich mich ihr nun komplett zuwende. Sie hat ihren Kopf auf ihrer Hand abgestützt und starrt auf das Display ihres Handys, so, als würde sie auf irgendetwas warten. Sie stößt ein frustriertes Seufzen aus und führt ihre Finger zu ihrem Mund, um an ihren Fingernägeln zu knabbern. Etwas, was sie immer tut, wenn sie nervös ist. Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen.

„Was ist los?", frage ich vorsichtig. Als sie ihren Kopf anhebt, erkenne ich Tränen in ihren Augen, was mich umso mehr verwirrt. „Jennie hat mir geschrieben, dass sie gleich nach Osaka fliegt, weil ihre Eltern sie auf irgendein Internat zwingen. Sie meinte, dass sie mich erst mal nicht einmal mehr kontaktieren kann, da sie dort unglaublich streng sind und sowas wie Handys nicht erlaubt sind. Sie hat sich nicht mal richtig verabschieden können, nur diese Nachricht hab ich bekommen. Ich weiß nicht, wann ich sie wieder sehen werde, Jisoo. Es wäre vielleicht weniger schmerzhaft, wenn wir uns richtig verabschiedet hätten, aber sie hatte keine Zeit mehr und ihre Eltern hätten sowieso nicht zugelassen, dass sie irgendwen sieht. Ich kann sie nicht mehr erreichen, sie ist weg."

Mit einem Mal bricht alles in mir zusammen. Eben noch war ich fest davon überzeugt, dass ich alles gerade biegen kann, aber jetzt ist sogar der letzte Funken erloschen. Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll, der Schock sitzt zu tief. Wenn Jennie tatsächlich in ein komplett anderes Land zieht und wir nicht einmal die Chance haben, sie irgendwie zu kontaktieren, wie soll ich dann alles gerade biegen? Ich kann sie doch nicht einfach so gehen lassen – mit einem gebrochenen Herzen? Mit dem Gedanken, dass ich immer noch mit Soojin zusammen bin und sie mir egal ist.

Wahrscheinlich war auch das der Grund, wieso sie heute Morgen so aufgewühlt war. Verdammt. Ich bin so unglaublich dämlich. Allmählich beginnt alles Sinn zu machen und in mir baut sich eine unglaubliche Verzweiflung auf. Ohne auf irgendwas einzugehen oder gar richtig nachzudenken ergreife ich meine Jacke und meine Autoschlüssel.

„Wann hat sie dir das geschrieben?", hake ich nach. „Vor ungefähr einer Stunde", lautet ihre Antwort und nun scheint sie diejenige zu sein, die verwirrt ist. „Mir ist grad eingefallen, dass ich was vergessen habe. Versuch am besten sie weiterhin zu erreichen, ich bin mir sicher, sie meldet sich nochmal."

Mit diesen Worten verlasse ich das Haus und eile zu meinem Auto, welches ich auch gleich starte. Es ist wahrscheinlich hoffnungslos und wird nicht klappen, schließlich ist das hier kein Liebesfilm, wo man jemanden noch rechtzeitig vom gehen abhält, aber ich kann nichts unversucht lassen. Ich kann nicht einfach dumm dasitzen und nichts tun, weil es schon zu spät ist.

Bevor ich losfahre, wähle ich die Nummer eines guten Freundes und stelle mein Handy auf Lautsprecher, um beim Fahren reden zu können. Ich hätte niemals gedacht, dass es mir Vorteile bringen wird, einen Freund zu haben, der am Flughafen arbeitet. Aber ohne zu wissen, welchen Flieger Jennie nimmt, werde ich auf keinen Fall weit kommen. Ich muss die Suche nach ihr irgendwie eingrenzen und das ist die einzige Möglichkeit, die sie mir bietet.

„Hallo?", ertönt Seungmins Stimme. „Seungmin, ich brauche dringend deine Hilfe."

Ohne irgendwelche Verkehrsregeln einzuhalten, komme ich endlich am Flughafen an und parke mein Auto irgendwo, ohne überhaupt darauf zu achten, ob das ein richtiger Parkplatz ist. Ich habe definitiv nicht genug Zeit, um nach einem Parkplatz zu suchen. Tatsächlich ist mir im Moment einfach alles egal – denn das Einzige, was mich im Moment interessiert, ist Jennie.

Es war nicht einfach, mich auf einen einzigen Flug zu begrenzen, da es schließlich nicht nur ein Flugzeug gibt, welches nach Osaka fliegt. Letztendlich wurden wir aber doch fündig und entweder Jennie sitzt nun im Flieger, welcher vor einer halben Stunde losgeflogen ist oder ich habe noch zehn Minuten, um sie zu finden und davon zu überzeugen, nicht zu gehen, bevor sie in den nächsten Flieger nach Japan steigt. Oder ich habe noch größeres Pech und sie sitzt in keinem der beiden.

Da das Glück selbstverständlich nicht auf meiner Seite ist, wird die Suche nach Jennie umso schwerer, da der Flughafen relativ voll ist. Ich weiß nicht, wo vorne und hinten ist und wonach ich genau suchen muss. Es ist einfach zu groß und zu voll, um irgendwen finden zu können.

Als mich allmählich auch das letzte Fünkchen Hoffnung verlässt, entdecke ich die Passkontrolle, für den Flug, welchen ich gesucht habe. Und nach genauerem hinsehen, entdecke ich tatsächlich auch Jennie. Es ist alles ziemlich hektisch und allmählich beginnen sie alles zu schließen, da sie gleich in den Flieger steigen dürfen, aber ich bin definitiv zu weit gekommen, um jetzt aufzugeben.

„Jennie!", reiße ich also meinen Mut zusammen und versuche Jennie somit auf mich aufmerksam zu machen.

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Partnerstory written by @riawinchesterx & @elijeon

TIPTOE || JensooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt