You're beautiful, Babe

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Die heiße Junisonne strahlte in das Zimmer und hinterließ lange Schatten. Von überall hörte man lautes Gelächter und von Spaß erfüllte Schreie. Der See schien überfüllt zu sein und gefühlt ganz Hogwarts badete in den sanften Wellen. Im Gemeinschaftsraum der Schulsprecher herrschte eine Stille die nur von leisen Schritten unterbrochen wurde. Lily Evans tapste unsicher auf ihr Zimmer zu. Anders als die anderen trug sie keinen Bikini sondern ein fast bodenlanges Kleid, das ziemlich schlapp an ihrem Körper herabhing. Leise öffnete sie die Tür und trat in ihr Zimmer bevor sie sie schnell wieder schloss. Erleichtert atmete sie aus und ließ sich gegen die Tür fallen. Langsam glitt sie an der Tür herab und setzte sich auf den Boden. Tausende Gedanken rasten durch ihren Kopf. Zweifelnd warf sie einen Blick aus dem Fenster, wo die bereits tief stehende Sonne immer noch hell am Himmel erstrahlte. Es war der erste richtige Sommertag gekommen, einen Tag nachdem die Prüfungen ihr Ende gefunden hatten, und jeder schien Spaß zu haben. Jeder, außer Lily. Langsam erhob sie sich von ihrem Platz am Boden und schritt zu ihrem Kleiderschrank. Zaghaft wurde dieser geöffnet und darin fand sie viele Hogwarts-Uniformen, einige lange Hosen und Kleider und nur wenige kurze Sachen. In der untersten Lade fand sie schließlich auch das, nachdem sie suchte. Ihren Bikini. Zweifelnd blickte sie den gestreiften Zweiteiler an. Sie wollte ihn bereits wieder in den Schrank zurück stecken, bevor sie sich aufraffen konnte, und beschloss ihn wenigstens anzuprobieren. Als sie wenige Minuten später wieder aus dem Bad hervortrat, öffnete sie direkt die zweite Tür ihres Schrankes und blickte in den Spiegel. Und sie hatte bereits erwartet, was sie da sehen würde. Ein blasses Mädchen, mit langen, kräftigen roten Haaren, viel zu grellen grünen Augen und roten Wangen stand ihr gegenüber. Das war jedoch nicht das was sie störte. Vorsichtig fühlte sie mit der Hand ihren Bauch. Er war nicht definiert, nicht dünn, nicht makellos. Sie hatte keine Muskeln und man sah ihr eindeutig ein kleines Muffin-Top an. Ihre Oberschenkel wirkten breiter als sonst, im Gegensatz zu ihren viel zu dünnen Unterschenkeln. Das Fett an ihren Armen schien sie regelrecht zu erdrücken. Ihr Po war nicht annähernd so schön geformt, wie der einiger anderer Gryffindor-Mädchen. Zitternd schloss sie die Augen. Sie würde so nicht vor Leute gehen. Das ging nicht. Nicht eine ihrer Freundinnen sah so aus wie sie. Mary mit ihrem durchtrainierten Bauch, Skylar mit den meterlangen Beinen. Ihr Freund hatte ein regelrechtes Sixpack und auch Sirius sah aus wie direkt aus dem Fitnessstudio. Das Schamgefühl schien wie eine Welle über ihr zusammenzubrechen. Sie fühlte sich so nutzlos, so schlecht, so wertlos. Warum konnte sie nicht diesen trainierten Körper haben, den alle anderen hatten. Ihr Körper hatte ihr bis zum sechsten Jahrgang nie Probleme bereitet. Sie war zwar nicht durchtrainiert gewesen, doch schlank allemal. Doch dieses Jahr hatte sie die wenige Bewegung, das viele Sitzen und die vielen Leckereien eingeholt. Dadurch, dass sie sich auf die finalen Prüfungen, auf den Krieg da draußen vorbereitet hatte, war ihre Figur wohl ihre geringste Sorge gewesen. Doch nun kam all das zurück. Verzweifelt schlug sie die Hände vor dem Gesicht zusammen und unterdrückte die Tränen. Sie wollte ihren eigenen Körper nicht mehr sehen, nicht mehr fühlen wie sich ihre Oberschenkel berührten oder ihre Arme am Körper anlagen. Sie hatte genug.

Völlig in ihren Gedanken versunken schrak sie zusammen, als sie hörte wie sich ihre Zimmertür öffnete und sehr familiärer schwarzer Wuschelkopf in das Zimmer lugte. Als er Lily erblickte, breitete sich sofort ein breites Grinsen auf seinem Gesicht aus. "Lily! Ich hab dich schon überall gesucht - die anderen warten schon auf uns!" Lily jedoch blickte ihn an, als ob er sie gleich töten würde. Schützend schlang sie die Arme um ihren Körper und blickte zu Boden, ohne ihm zu antworten. Auf dem Gesicht des Schulsprechers bildete sich eine steile Falte auf der Stirn, als er sie fragend anblickte und schließlich in den Raum eintrat. Bereits in Bademode gekleidet, zeichnete sich ein Sixpack auf seinem Bauch ab und seine breiten Schultern schienen trainierter denn je. "Lily?" Doch diese schüttelte nur ihren Kopf und wandte sich von ihm ab. Sie vernahm nur ein paar Schritte, da schlangen sich auch schon starke Arme von hinten um ihren Bauch und drückten sie an ihn. Lily erstarrte und schien regelrecht die Luft anzuhalten. Sie versuchte verzweifelt ihren Bauch anzuspannen, um ihn wenigstens etwas muskulöser wirken zu lassen. James jedoch war vollkommen ruhig und beugte sich zu ihr herab. "Was ist los?" "Nichts." Ihr Freund lachte humorlos auf. "Nichts? Du weißt genau, dass das nicht stimmt." Lily erstarrte nur noch weiter. "Es ist nichts!" James zog die Augenbrauen nach oben. "Lily, es ist sehr wohl etwas los. Raus damit." Sie versuchte es zu unterdrücken, doch Lilys Frustration wandelte sich in Wut um und sie entzog sich wütend dem festen Griff ihres Freundes und wandte sich ihm zu. Sie wollte ihre Schwäche nicht preis geben, sie wollte nicht, dass er sie wegen ihre Aussehens verurteilte. "Es ist NICHTS!" Sie brüllte ihn regelrecht an und James wirkte vollkommen verwirrt. "Sag doch einfach - solange du mich nicht betrogen hast, wird's schon nicht so schlimm sein." Der Fakt, dass James versuchte das Ganze spielerisch zu lösen, machte sie nur noch wütender und Lily schien regelrecht zu explodieren. "ES IST NICHTS, VERDAMMT!" James kniff die Augenbrauen zusammen und trat einen Schritt auf seine Freundin zu, welche ihn jedoch regelrecht von sich wegstieß. Sie wollte nicht, dass er all das Fett sah, spürte, das sich ihr Körper nun zugelegt hatte. Doch da wurde es auch ihm zu viel. "Wir haben doch gesagt, dass wir über alles reden! Du bist kein verdammtes Kind mehr, Lily Evans, also führ dich nicht wie eins auf." Lily erstarrte in ihrer Bewegung und wandte sich James zu. Sie fühlte die Verzweiflung in sich aufkochen und wollte einfach nur weglaufen. Doch stattdessen, entschied sie sich auf Angriff zu gehen. "ICH BIN FETT, VERDAMMT! ICH GEH SO NICHT RAUS! VERSCHWINDE DOCH EINFACH!" Sie drehte sich um und rauschte aus dem Zimmer, nur um im Gemeinschaftsraum vor dem Fenster stehen zu bleiben. Zitternd verschlang sie die Arme vor der Brust und legte ihren Kopf in den Nacken. Die Augen fest zugekniffen, versuchte sie wieder runterzukommen und ihren Herzschlag zu beruhigen. Er würde sie nun so kritisch anschauen wie sie selbst. Er würde sehen wie sehr sie sich verändert hatte und sich eines der andern Mädchen schnappen. er würde sie hassen.

Ihr Kopf schoss jedoch schlagartig wieder nach oben, als jemand sie an der Hüfte packte, umdrehte und ihr Gesicht in seine großen Hände nahm. Als sie die Augen aufriss, blickte sie direkt in die warmen, braunen Augen von James Potter. Dieser blickte sie so liebevoll an, doch gleichzeitig so verständnislos. Lily konnte dem nicht standhalten und wandte den Blick ab. James jedoch drehte ihr Gesicht direkt wieder zu seinem und blickte sie diesmal ernst an. "Du hast sowas von keine Ahnung, wie hübsch du bist." Lily kniff die Augenbrauen zusammen und schüttelte den Kopf leicht. "Hör auf. Ich bin ni..." "Doch. Du bist der schönste Mensch auf der ganzen Welt, Babe. Du bist nicht dick, du siehst wundervoll aus." Lily schüttelte nur erneut den Kopf. "Hast du mich nicht gesehen? Alle anderen haben eine so unglaublich tolle Figur, all die Mädchen haben so wunderschöne Körper. Du bist so durchtrainiert, Sirius ebenso ... nur ich nicht. Ich verstehe nicht warum du dich ... warum du mit einer wie im überhaupt zusammen bist." James blickte sie an, lange und durchdringend. Man sah das Entsetzen, den Unglauben in seinen Augen und Lily schien davon förmliche erdrückt zu werden. Sie glaubte ihm kein Wort. "Du redest so einen Schwachsinn. Du bist unglaublich hübsch, Lily. Weißt du wie sehr mich die anderen Mädchen interessieren, wenn du in der Nähe bist? Gar nicht. Du hast so einen tollen Körper, du musst nicht muskulös sein um schön zu sein. Du bist so viel mehr."  "Aber.." "Kein Aber. Ich liebe dich genauso wie du bist. Mit all deinen kleinen Fehlern. Ich habe mich so in dich verliebt, das weißt du genau." Lily blickte ihm in die Augen und sah nichts außer purer Wärme. Sie wollte es nicht glauben. Das Spiegelbild schien sie immer noch herausfordernd anzublicken. Bevor sie jedoch widersprechen konnte, redete James schon wieder weiter. "You're so beautiful, Babe." Lily lächelte leicht, als er ihren Spitznamen verwendete, lehnte ihre Stirn an die von James und blickte ihm so tief sie konnte in die Augen. Sie sah nicht die kleinste Spur von Lüge, nicht die kleinste Spur von Zweifeln, nur diese unglaublich tiefen, ehrlichen braunen Augen. Da sagte sie so leise, dass James es gerade so verstand einen Satz, der sie von einem unglaublichen Gewicht befreite.

"Ich glaube dir."

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Hey Leute!

Lange ists her ... aber hier bin ich wieder! :) Ich hoffe ihr habt mich noch nicht vergessen.
Vielleicht kommen jetzt auch regelmäßiger Updates, da ich zu Weihnachten endlich meinen eigenen Laptop bekommen habe! :)
Ihr könnte mir auch gerne OneShot-Ideen in die Kommis schreiben!

Dieses Kapitel ist denke ich eines der schlechtesten Kapitel, die ich je geschrieben habe. Aber wenn man sich den tieferen Sinn dahinter anschaut, ist es doch ein unglaublich wichtiges Thema. 
Bodyshaming.
Ich selbst habe oft mit diesem Thema zu kämpfen. Auch wenn ich noch so trainiert oder dünn bin, ich war nie zufrieden. Aber ihr könnt jetzt mit euch zufrieden sein. Hier und jetzt.
Ihr seid alle unglaublich hübsch und gut genug. Lasst euch nicht von anderen runterziehen, vergleicht euch nicht mit anderen. Ihr seid ein einzigartiger Mensch und niemand ist so wie ihr es seid. Also seid auch einzigartig. 

Fühlt euch gedrückt,
Caro

Rumtreiber Oneshots/ HPWhere stories live. Discover now