Kapitel 2

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Bild von Fanny hinzugefügt

"Tristan!" Vor lauter Schreck ließ ich die Taschen erneut fallen. "Tristan Brown!", sagte ich noch einmal, diesmal eher zu mir selbst, um die Situation zu verarbeiten. "Es ist schön, dass du dich an meinen Namen erinnerst." Er lächelte mich verschmitzt an. Dieses Lächeln, diese Stimme. Er hatte sich überhaupt nicht verändert. "Natürlich. Ich meine wie könnte ich dich vergessen?", stotterte ich immer noch verwirrt. Man! Wieso stellte ich mich so blöd an? Er muss denken, ich bin verrückt. Naja, wenn er das nach letztem Jahr nicht eh schon dachte...

"Das ist echt süß!" Er lächelt immernoch. "Was?" Tristan hob derweilen die Taschen wieder auf. Ich konnte leider immer noch nichts machen, als verdutzt aus der Wäsche schauen. "Na du, wer sonst?" Seine Augen blickten mich bei diesen Worten so ernst an, als wäre das alles selbstverständlich. Moment Mal! Flirtete er etwa gerade mit mir? "Ähm. Ja. Denkst wohl immer noch du bist unwiderstehlich?" Er lachte hönisch, dabei sah man seine makellosen Zähnen. "Natürlich.", bestätigte er meine Frage. Seine überhebliche Art ließ mich wieder ruhig atmen. Es war Tristan Brown, ein Frauenaufreißer. 

"Naja, ich muss dann auch mal zur Arbeit." Ich wandte mich zum Gehen, aber er hielt mich am Arm fest. "Jetzt weiß ich wieder, wieso ich mir dieses Hotel ausgesucht habe. Du machst das Hotel einfach besonders für mich.", sagte er ein wenig leiser, damit es nicht alle Menschen um uns herum verstehen konnten. Und er sagte es wieder mit dieser ernsten Miene, die mich verunsicherte. Konnte er nicht wenigstens lachen, damit ich wusste, dass es nur wieder einer seiner Sprüche war? Ich schüttelte den Kopf. "Oh nein. Das Hotel ist nicht wegen mir magisch. Das liegt an dem Ganzen hier." Ich deuete um mich herum und ging dann endgültig zum Fahrstuhl.Ben könnte ich auch nachher noch besuchen. Ich musste das alles erstmal verarbeiten. Tristan ist hier. Der Tristan, der mich letztes Jahr im Schrank gefunden hatte. Der, der an der Hauswand entlang geklettert war. Der, der die Kidnapper gefunden hatte. Der, der mich gerettet hatte. Der, der mich... geküsst hatte. Ich schluckte. Dieser blöde Kuss! Konnte ich ihn nicht einfach vergessen? Tristan hatte das bestimmt auch. Ich meine, für ihn war es wahrscheinlich nur einer von Hunderten. Nichts besonderes.

Diese Begegnung vom Morgen beschäftigte mich noch den gesamten Tag. Obwohl Carolin an diesem Tag nicht da war, um mir zu helfen, hatte ich nicht besonders viel zu tun. Da die meisten Gäste erst im Laufe der nächsten Tage ihre Kinder hier abgeben würden, musste ich heute nur auf zwei kleine Mädchen aufpassen. Sie hießen Hannah und Emily und spielten die ganze Zeit mit ihren Puppen. Leider stellten sie damit auch keine all zu große Ablenkung für meine Gedanken an Tristan dar, und ich musste immer und immer wieder die letzten Winterferien mit ihm überdenken. Warum war er plötzlich wieder hier? Alleine. Zumindest hatte ich seinen Opa nirgends gesehen. War er wegen mir da? Wieso hatte er sich dann ein Jahr lang nicht gemeldet?

Es war schon mittlerweile später Nachmittag und die Eltern kamen um ihre Kinder abzuholen. Gerade als ich dabei war die Spielsachen wieder in die Kisten zu räumen, wurden mir von hinten die Augen zugehalten. "Tristan?", fragte ich überrascht. Ich weiß auch nicht, wieso ich gerade an ihn zuerst denken musste! "Tristan? Wieso der?", lachte die Stimme, die mir ziemlich bekannt vorkam... "Amy!" Glücklich drehte ich mich um, um ihr um den Hals zu fallen. "Ja. Ich bin's. Und wieso genau dachtest du, ich wäre dieser Typ?", fragte sie skeptisch, als wir uns wieder von einander lößten. Ich machte mit der Hand eine abwegende Bewegung und seuftze. "Das erzähl ich dir wann anders. Jetzt zu dir! Wann seit ihr angekommen? Wo sind die anderen?" Total neugierig löchterte ich Amy mit tausenden von Fragen, die sie alle versuchte so gut es ging zu beantworten. Nur bei der Frage nach Aiden, stoppte sie ihren Redeschwall.

"Aha. Erwischt. Läuft jetzt endlich was zwischen euch beiden?" Neugierig blickte ich sie mit großen Augen an, während sie nervös durch ihre Haare fuhr. Ein eindeutiges Ja, würde ich mal sagen. "Naja." Amys Wangen röteten sich ein wenig, während sie weitersprach. "Also ja. Irgendwie schon." Ich quikte vor Freude. "Irgendwie? Was soll das denn heißen?" Sie zuckte verlegen mit den Schultern. "Naja, wir haben schon Händchen gehalten. Aber mehr auch nicht." Ich zog die Augenbrauen hoch. "Habt ihr geredet?" Amy nickte. "Ja. Also wir wissen, dass wir mehr als Freunde sind. Aber es ist einfach total seltsam! Wir kennen uns so gut. Da kann man nicht einfach von beste Freunde auf Pärchen umschalten!" Ich nickte verständnisvoll. Ich konnte sie gut verstehen. "Aber ich bin optimistisch, dass ihr das hinbekommt. Und ich habe so das Gefühl, dass die Ferien hier euch sicher helfen werden!", sagte ich zuversichtlich und brachte damit Amy wieder dazu, ein wenig zu lächeln.

Wenig später ging ich alleine die Treppen empor zu meinem Zimmer. Amy hatte versprochen am nächsten Morgen mit ihren beiden kleinen Schwestern in die Kinderbetreuung zu kommen, deswegen freute ich mich umso mehr auf den nächsten Tag. Gerade ging ich an dem Schrank vorbei, in dem mich letztes Jahr Tristan gefunden hatte. Meine Schritte wurden automatisch langsamer, bis ich ganz davor stehen blieb. Seltsam. Es kam mir nicht vor wie ein Jahr. Als er mich vorhin so angeschaut hatte, hätte ich schwören können, ihn noch vorgestern hier gehabt zu haben.

"Hei." Ich schrak zusammen. Wenn man vom Teufel redete. Oder naja, dachte. "Könntest du bitte aufhören mich dauern zu erschrecken?", fragte ich ein wenig forsch. "Waren unsere Treffen letztes Jahr nicht auch immer ein wenig überraschend?", konterte er. 

"Ich konnte ja nicht ahnen, dass du an der Hauswand entlang in jedes Zimmer kletterst."

"Ich bin nur in Zimmer geklettert, wenn es notwendig war. Und meines Wissens war es das an dem einen Abend besonders."

Ich nickte und zögerte ein wenig, ehe ich zu reden begann. "Ich habe mich noch gar nicht richtig bedankt dafür. Also, dass du mich eigentlich gerettet hast. Und natürlich Dascha. Das war echt mutig von dir... Also ja danke." Es war mir ein wenig unangenehm, weil ich die Erinnerung an die Rettung sofort wieder mit dem Kuss in Verbindung brachte. Und ich hoffte, dass es bei ihm nicht so war. Sonst dachte er jetzt auch gerade daran.

"Ach, das war ja auch alles Teil meines Auftrages." Er blickte verlegen auf den Boden. Ich wusste ganz genau, dass sein Auftrag nur daraus bestand, an das Schmuckstück zu gelangen und nichts weiter. Die Sache mit den Kidnappern hatte gar nichts damit zu tun. Seit wann war Tristan denn so bescheiden?

"Naja, also ich wollte fragen ob du vielleicht mit mir zu Abend essen willst." Er kam einen Schritt näher und stand jetzt nur noch eine Armlänge von mir entfernt. "Letztes Jahr ist ganz schön viel passiert. Wie haben viel zu Reden.", hakte er nach und begann eine Haarsträne, die mir aus dem Zopf gerutscht war, um seinen Finger zu wickeln. Ich konnte plötzlich seinen Atem ganz deutlich auf meiner Haut spüren. Irgendwie erhöhte sich mein Puls. Stop! Was war das hier?

"Tut mir leid. Das Personal darf nicht im im offiziellen Speisesaal essen." Und damit entriss ich ihm meine Haarsträhne und rannte die letzten Stufen zur nächsten Etage hinauf. 






Wolkenschloss - Die FortsetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt