Kapitel 5

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Bild von Tristan hinzugefügt

Am Mittag wurde ich von der Kinderbetreuung befreit, da einige Zimmermädchen bei der zunehmenden Kälte krank geworden sind und ich aushelfen sollte. Daher zog ich mich in der Mittagspause in unserem Zimmer um.

Gerade stand ich vor dem Spiegel und strich sorgsam über meinen Rock um die Falten zu entfernen, da entdeckte ich in dem Spiegelbild hinter mir eine Gestalt. Ich schrak herum.

"Tristan! Wie lange stehst du schon da?" Entrüstet blickte ich ihn an. Er zuckte nur lachend mit den Schultern. "Keine Sorge, ich hab dich schon nicht beim Umziehen beobachtet. Ein bisschen Anstand besitze ich noch." Ich zog skeptisch die Augenbrauen hoch. Tristan traute ich alles zu. Schließlich hatte er mich auch ohne zu fragen geküsst. Aber hätte ich überhaupt nein gesagt?

"Ich finde die Dienstkleidung steht dir." Er stellte sich hinter mich und blickte mich durch den Spiegel an, denn ich hatte mich mittlerweile wieder umgedreht. "Oh nein. Die Nummer zieht bei mir nicht. Da musst du schon zu Gretchen und Ella gehen."

Tristan kam noch einen Schritt näher und legte eine Hand auf meine Taille. Meine Augen weiteten sich und ich blickte leicht panisch in die Augen seines Spiegelbilds. "Ach Fanny. Ich dachte, du hättest schon letztes Jahr verstanden, dass meine Augen nur auf dich gerichtet sind." Mein Herz begann schneller zu schlagen.

"Ach ja? Vorhin wirktest du von diesen Tussen ziemlich abgelenkt." Mist. Dieser Satz hätte eigentlich ziemlich schlagfertig klingen sollen. Stattdessen zitterte meine Stimme ein wenig und war nicht annähernd so schnippisch, wie ich es gewollt hatte, eher ein wenig niedergeschlagen.

"Bist du etwa eifersüchtig?" Ja, das schien Tristan zu gefallen! Seine Mundwinkel gingen nach oben und er schmunzelte so selbstverliebt wie immer. Super. Eigentlich hatte ich nicht vor sein Ego noch zu stärken...

"Das hättest du wohl gern!" Ich strich seine Hand von mir und drehte mich um. Allerdings hatte ich vergessen, wie nah er mir noch stand und mein Gesicht war nun nur ein paar Zentimeter von seinem entfernt. Ich schluckte. Er strich mit seiner Hand die Haare nach hinten und fuhr an meinem Kinn entlang, bis seine Hand an meinem Schlüsselbein verweilte. "Dort hang das echte Diamantkollier vor einem Jahr.", flüsterte er.

Ich nickte. "Bis ich es dir gegeben habe."

"Bis zu dem Moment war aber eine große Zeitspanne dazwischen. " Seine Stimme klang fast vorwurfsvoll. Ich zog skeptisch die Augenbrauen hoch.

"Ja und? Ich war schließlich eine lange Zeit bewusstlos.", sagte ich eingeschnappt.

Wenigstens hellte sich jetzt sein Blick ein wenig auf und seine verspannten Züge lößten sich.    "Ja, ich weiß. Tut mir leid." Er wollte meine Hand nehmen, als würde er sich erneut Sorgen um mich machen. Aber ich drehte mich schnell um und tat so, als wär ich damit beschäftigt mir einen Zopf zu machen.

"Ich mein ja nur. In der Zeit waren viele Menschen bei dir, ohne dass du etwas davon mitbekommen hast.", hakte er nach.

"Es ist doch alles gut gegangen." 

"Aber wer weiß, wer dein Kollier noch gesehen hat. Man hätte es klauen können, ohne dass du etwas davon mitbekommen hättest!"

Ich stöhnte genervt auf. "Was ist los Tristan?" Ich gab es auf meine Haare zurecht zuzupfen und wendete mich stattdessen erneut Tristan zu. Er zuckte nur mit den Schultern, aber ich wusste, dass ihn etwas beschäftigte. Nur was?

"Ich muss einfach ständig an letztes Jahr denken." Bei diesem Satz, kam er mir auf einmal wieder viel zu nah vor. "Woran?" Und  schon während ich diese Frage aussprach, bereute ich es sofort zu tiefst. Ich wollte alles, aber nicht darüber reden! Natürlich begann er wieder zu grinsen und ich blickte verlegen auf den Boden.

"Naja, du weißt schon. Die Kidnapper, die Verfolgungsjagd, unser Kuss." Obwohl er es aufzählte wie Dinge, die man in einen Koffer packte, blieben meine Ohren nur an dem letzten Wort hängen und es hallte immer und immer wieder in meinem Kopf. Ich blickte immer noch auf den Boden und ich war froh, dass meine Haare mir nun so ins Gesicht fielen, dass sie meine Wangen verdeckten. Denn mittlerweile hatten meine Backen eine rötliche Farbe angenommen und ich glühte innerlich vor Scham.

"Du nicht?" Ich antwortete nicht. Selbst wenn ich gewollt hätte, hätte ich in dem Moment kein Wort heraus bekommen. Die Stille war unerträglich. Ich spürte wie seine Hand mein Kinn berührte und es vorsichtig nach oben schob, bis ich ihm in die Augen schauen konnte. Höchstens ein Blattpapier hätte noch unsere Lippen voneinander trennen können. Ich spürte seinen Atem an meiner Nasenspitze. Ich musste etwas tun!

"Tristan. Warum bist du wirklich hier?" Mit diesen Worten hob ich den intimen Moment auf und ich konnte wieder klar denken. Ein Glück! Was wäre passiert, hätte ich nichts gesagt?

"Ich habe dich vermisst." Seine Augen waren so ehrlich, aber konnte das nicht auch Einbildung sein?

"Du hast dich ein Jahr nicht gemeldet. Und auf einmal vermisst du mich?"

Auf diese Frage bekam ich allerdings keine Antwort mehr, denn in diesem Moment hörte ich, wie ein Schlüssel in dem Schloss meines Zimmers gedreht wurde.

Und dann Bens Stimme: "Fanny? Bist du da?"

Wolkenschloss - Die FortsetzungМесто, где живут истории. Откройте их для себя