Kapitel 26

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Mit einem tiefen Atemzug atmete ich die frische Nachtluft ein, die ich so lange vermisst hatte. Endlich konnte ich mal wieder nach draußen gehen. In den letzten drei Wochen hatte ich mich immer mehr eingesperrt gefühlt. Wie ein Tiger im Käfig. Ich hatte niemanden außer Matt und Rebekah gesehen. Und dann dazu immer die gleiche Wohnung. Ich hatte mich wie im Gefängnis gefühlt, kontrolliert von anderen. Abhängig von ihnen. Zwar hatte ich gewusst, dass es zu meinem Schutz gewesen war, doch trotzdem hatte ich mich damit nicht wohl gefühlt. Und heute hatte ich Matt endlich dazu überreden können, mal wieder nach draußen gehen zu dürfen.

Ich war schon auf dem Weg zum Treffpunkt mit Rebekah. Wir wollten uns im Wald treffen, da dort die Wahrscheinlichkeit, dass uns jemand entdecken würde, am Geringsten war. Ich war auch froh etwas Zeit für mich zu haben. Klar war ich in den drei Wochen auch sehr viel alleine gewesen, aber das hier war einfach was anderes. Ich war draußen und frei. Ich konnte meinen Gedanken freien Lauf lassen. Konnte über die letzte Zeit nachdenken. Es war, als hätte auch mein Verstand sofort gemerkt, dass ich endlich einmal frei war. Und so kam mir natürlich sofort meine Gerichtsverhandlung im Land der Traumwandler in den Sinn. Wie ich meiner Strafe nur ganz knapp entkommen war. Wie ich noch eine letzte Chance bekommen hatte und vor allem daran, dass Lesharo mir erlaubt hatte mit Matt zusammen zu sein. Jedoch durfte ich ihm nichts verraten. Würde ich dies tun, war klar, dass nicht nur ich dafür bestraft werden würde. Und das nagte an mir. Es gab mir ein schlechtes Gewissen. Schließlich brachte ich ihn jeden Tag aufs Neue in Gefahr. Und das nur, weil ich so selbstsüchtig war und mit ihm zusammen sein wollte. Mit ihm meine Zeit genießen wollte. Trotz des Wissens, dass ich ihn bald wieder verlassen musste. Jedoch wusste ich auch, dass ich gar nicht anders konnte. Ich liebte ihn von Tag zu Tag mehr und mich von ihm fernzuhalten wäre unmöglich gewesen. Und trotzdem war da dieses schlechte Gewissen was sich einfach nicht vertreiben lassen wollte. Tagtäglich versuchte es zu ignorieren. Vor allem auch die Tatsache, dass ich Matt jeden Tag belügen musste, während er von Grund auf ehrlich zu mir war.

Über ihn hatte ich inzwischen auch schon einiges über Mystic Falls und seine Bewohner erfahren. All diese Informationen, die ich von ihm bekam, schrieb ich abends in ein kleines Notizbüchlein, welches ich unter meiner Matratze versteckte. Das Büchlein, welches ich für meine Aufgabe führte, hatte ich bei einer meiner Aufräumaktionen gefunden und ich war mir sicher, dass Matt es nicht vermissen würde. Diese Aufräumaktionen packten mich inzwischen immer häufiger. Sie halfen mir einfach meine Langeweile zu vertreiben und nicht so viel nachzugrübeln. Und sie vertrieben einigermaßen das schlechte Gewissen, dass ich Matt gegenüber hatte.

Und nicht nur Matt gegenüber hatte ich ein schlechtes Gewissen. Nein, auch wenn ich an Rebekah dachte, nagte es an mir. Sie war inzwischen zu einer recht guten Freundin geworden. Genau genommen meiner einzigen Freundin hier in Mystic Falls. Anfangs war es schwierig zwischen uns gewesen. Vor allem nachdem ich auch noch erfahren hatte, dass Rebekah tatsächlich bis vor kurzem etwas mit Matt gehabt hatte. Zwar nur eine Affäre, aber trotzdem. Dann hatte ich mir jedoch ins Gedächtnis gerufen, dass dies vor meiner Zeit gewesen war. Bevor ich in Mystic Falls gewesen war und somit einfach nicht meine Sache. Danach war unser Verhältnis immer besser geworden. Bis es eben zu dem geworden war, was es jetzt war, einer Freundschaft. Sie kam mich oft besuchen, vor allem, wenn Matt arbeiten musste. Mit ihr konnte ich dann so richtige Mädchenabende erleben. Wir saßen oft stundenlang auf dem Sofa, hörten Musik und sie erzählte mir von früheren Zeiten. Nach und nach erfuhr ich auch, dass sie eine der ursprünglichen Vampire war. Genau wie ihre Brüder war sie etwa 1000 Jahre alt. Das war für mich so unvorstellbar und ich hatte es kaum glauben können, als sie mir das erzählt hatte. Sie hatte mir auch schon erzählt, dass ihr Vater sie damals aus dem Schutzgedanken heraus zu Vampire gemacht hatte. Das war eine Sache, die ich einfach überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Wie konnte ein Vater seinen Kindern so etwas antun. Hatte er nicht über die Konsequenzen nachgedacht? Vor allem seit ich wusste, dass Rebekah das Leben als Vampir hasste, hatte ich noch viel weniger Verständnis dafür. Rebekah war noch so jung gewesen und jetzt nach über 1000 Jahren des Vampirseins hasste sie es abgrundtief. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als einfach ein ganz normaler Teenager zu sein und irgendwann eine Familie und Kinder zu haben und dann im Alter zu sterben.

A night in Mystic Falls ( The Vampire Diaries FF)Where stories live. Discover now