Kapitel 37

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Das bekannte Klingeln ertönt und ich eile von dem Küchentresen zum  Fahrstuhl. Als ich Rosas und Daisys Gesichter sehe, falle ich ihnen  sofort in die Arme. Ich bin froh sie zu sehen. "Was hast du denn gefrühstückt?", fragt mich Rosa lächelnd, aber ich höre auch den Hauch  der Unsicherheit in ihrer Stimme.

Daisy zieht verwundert ihre Augenbrauen hoch. "Das T-Shirt steht dir.", lautet ihr Kompliment und ich erröte. Damien hatte es mir gegeben, bevor er gegangen war und ich habe mich noch nicht umgezogen.

"Du musst dir jedoch etwas anderes anziehen." Rosa zwinkert mich an und in dem Moment wird mir bewusst, dass sie wissen, was letzte Nacht passiert ist.

"Ist es so offensichtlich?", frage ich kleinlaut und fummel nervös mit meinen Fingern herum.

"Sehr offensichtlich. Ich meine, wann hast du uns schon mal direkt am Fahrstuhl... in so einem Outfit empfangen." Daisy kichert bei Rosas Antwort und ich grinse verlegen. Doch dann sehe ich etwas aus ihrer Tasche ragen. Das Kleid auf dem Foto ist nur halb zu erkennen, aber ich weiß, dass es ein Foto von mir ist. Ohne zu fragen, nehme ich mir die Zeitung aus Rosas Tasche und entfalte sie. Damien lächelt mich an, während ich ihn verträumt ansehe. Unter uns: Der rote Teppich von gestern Abend. Über uns: Die Schlagzeile 'Pretty Woman mal anders: Millionär verliebt sich in Obdachlose'. Ich traue mich nicht, weiter zu lesen und gehe zum Tresen in der Küche, um die Zeitung dort abzulegen und mich auf einen der Barhocker zu setzen.

"Juleya ist eine blöde Kuh. Ich habe ihr noch ordentlich was gesagt, bevor die Security sie entgültig von der Veranstaltung rausgeschmissen hatte." Rosa setzt sich neben mir auf den Hocker. "Wie geht es dir überhaupt?", fragt sie besorgt, während Daisy sich auf der anderen Seite gegen die Küchentheke lehnt. Juleya ist eine blöde Kuh... Noch nie hätte ich Rosa bei etwas so sehr zustimmen können. Dann erinnere ich mich daran, dass ich ja eine Frage zu beantworten habe.

"Eigentlich geht es mir gut...", seufze ich. Es ist eine Schande, dass es immer ein Aber geben muss. "Aber ich hätte mir gleich denken können, dass Juleya so etwas bringen würde. Damien ist auf dem Weg zu Mrs. Hamilton. Er möchte sie darauf ansprechen, warum sie bei dieser ganzen Sache mitgemacht hat und es seinem Vater erzählen." Immer wieder versuchen meine Augen zu dem Blatt Papier zu wandern, aber ich kann mich doch noch zurückhalten. "Was hast du ihr denn gesagt?", frage ich aus Neugier.

"Dass sie ihren kleinen Arsch aus den Familienangelegenheiten der Hamiltons ziehen soll." Ich muss laut lachen, als Rosas Worte ihren Mund verlassen -- kann mir wortwörtich vorstellen, wie sie Juleya herunter gemacht haben muss. Jedoch war sie so sturzbesoffen, dass sie sicherlich nichts mehr davon weiß. "Ich glaube sowieso, dass sie dir nicht mehr groß Probleme machen wird, denn alle Gäste haben nun gesehen, wie unerträglich und hinterhältig sie ist."

"Sie hatte ja nicht Unrecht.", platzt es aus mir heraus. "Dank Damiens Vater gibt es die Obdachlosenspikes vor Hamilton & Sons Inc." Ich atme frustriert aus und kreuze meine Arme vor der Brust.

"Trotzdem wusste sie genau, was sie da getan hat... und das ist meiner Meinung nach nicht zu entschuldigen.", meldet sich Daisy zu Wort und mir ist sofort klar, dass sie Recht hat. Juleya hatte nichts als böse Absichten mit dieser Aktion.

"Es tut mir leid, dass euch der Abend ruiniert wurde.", entschuldige ich mich bei ihnen und meine Lippe formt eine schmale Linie. Ich fühle mich schuldig dafür, dass sie es nicht so genießen konnten, wie es geplant war.

Rosa legt einen Arm um mich und Daisy wandert um die Theke, um dasselbe zu tun. "Du kannst nicht ein bisschen was dafür, dass Juleya so ein hinterhältiger Mensch ist." Ich nicke zögerlich, frage mich, woher Jamie, Juleyas Tochter, bloß ihre guten Eigenschaften her haben könnte. Von Juleya ganz sicher nicht. "Zieh dich erst mal um und dann werden wir in unser Lieblingsrestaurant fahren." Abermals nicke ich. Wahrscheinlich ist das wohl das Beste. Ablenkung tut ja bekanntlich gut.

Auf dem Weg zum Schlafzimmer denke ich an Damien. Ob er wusste, dass Rosa und Daisy mit mir in ihr Lieblingsrestaurant wollten? Oder hat er es nur aus Prinzip geheim gehalten? Hat er eigentlich ein Lieblingsrestaurant? Werden wir dort irgndwann mal gemeinsam essen gehen? All diese Fragen schweben in meinem Kopf herum und da ich weiß, dass ich so schnell keine Antworten bekommen werde, muss ich den Fragenhagel von allein abstellen, um mich nicht selbst in den Wahnsinn zu treiben.

Beim Betreten des Schlafzimmers stockt mir der Atem. Nach letzter Nacht war ich noch nicht wieder hier gewesen. Damien hatte mir sein Shirt gebracht, als ich mir noch die Zähne geputzt hatte, aber an diesen Ort war ich in der Zwischenzeit noch nicht wieder zurückgekehrt. Bis jetzt.

Die Bettdecken bilden einen wilden Strudel auf dem Bettlaken, welches nur noch halbwegs an der Mattratze befestigt ist. Das glänzende Päckchen liegt noch neben Damiens Bettseite und inmitten unserer Kissen auf dem Boden. Damiens Hose hängt über der Bettlehne und mein BH ist von meiner Bettseite auf einen der dunkelbraunen Teppiche gelandet. Meine Unterhose kann ich nirgends finden, aber Damiens Boxershort ragt unter einer der Bettdecken hervor. Es sieht nach einer wilden Nacht aus und wieder spielen sich die Ereignisse in meinem Kopf ab. Mit diesen Erinnerungen tauchen auch wieder die Fragen auf, die ich eigentlich Rosa und Daisy stellen wollte, ich mir letztendlich jedoch nicht mehr so sicher war, ob man soetwas überhaupt mit anderen teilt. Ihnen ist mein verändertes Ich ja sofort aufgefallen..., denke ich mir und gehe auf meinen Schrank zu, um mir etwas zum Anziehen heraus zu suchen.

Als ich ein angemessenes Outfit gefunden habe, gehe ich ins Bad und binde meine Haare zu einem Knoten zusammen. Ich würde mir wirklich gerne Wimperntusche und etwas von diesem Highlighter auftragen, wie Luzy es gestern getan hatte, aber leider besitze ich soetwas nicht. Ich sehe so müde aus, dass es mir lieber wäre, mit etwas Makeup nachzuhelfen. Vielleicht haben Daisy und Rosa ja etwas dabei, was ich mir ausleihen könnte.

Als ich wieder zurück in das Wohnzimmer komme, steht Sebastian überraschenderweise an einer der Marmorsäulen, wie Damien es sonst immer getan hatte. "Birdie.", er winkt mir mit einer Handbewegung zu und ich kann den Schmerz in seinem Lächeln sehen. Er ist also doch noch heimgekommen -- das verraten mir seine Boxer. Jedoch muss es eine schlaflose Nacht gewesen sein, was die auffälligen Augenringe erklären würde. "Ich würde dich ja jetzt fragen, wie es dir geht, aber um ehrlich zu sein, habe ich Rosa und Daisy bereits darüber ausgequetscht." Ich schätze seine Ehrlichkeit und schenke ihm ein aufmunterndes Lächeln.

"Mach dir keine Sorgen um mich.", sage ich und lehne mich gegen eine der Nachbarsäulen. "Ich habe gehört, deine Verhandlung ist nächste Woche?" Sebastians Blick senkt sich und sofort bereue ich meine Frage, würde sie am liebsten wieder zurückziehen.

"Ja...", murmelt er kaum verständlich. Doch dann blickt er zu mir auf. "Das wollte ich dich sowieso noch fragen... würdest du mitkommen?" Sprachlos starre ich Sebastian an. Ich weiß, dass es keine große Sache für mich sein wird, mitzukommen, aber ich frage mich, warum er mich dabei haben wollen würde. Er kennt mich doch kaum.

"Deine Eltern... die wollen mich sicherlich nicht... dabei haben, weißt du?", stammele ich unbeholfen.

"Aber ich möchte dich dabei haben...", lautet seine Antwort. "Bitte!" Sebastian schaut mich flehend an. Ich überlege einen Moment nach und schaue um Hilfe suchend zu Daisy und Rosa herüber, die beide nur ein großes Fragezeichen in ihren Gesichtern stehen haben. Zögerlich nehme ich einen tiefen Atemzug.

"Na gut. Ich werde es mir überlegen und mit deinem Bruder drüber sprechen, okay?", sage ich und in Sebastians Gesicht erkenne ich wieder ein Funken an Hoffnung.

"Danke! Es würde mir wirlich viel bedeuten.", gibt er zu. So besorgt und ängstlich habe ich Sebastian noch nie erlebt... bis auf gestern Abend, nachdem die Schlagzeile in die Zeitung kam.

"Ich meine, hey, wir müssen doch zusammen halten, jetzt, wo du und ich beide in der Klatschpresse gelandet sind.", scherze ich und bringe Sebastian zum Schmunzeln.



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Hier ist das versprochene zweite Kapitel (:

Frage: Welche Schauspieler kommen an eure Fantasie am ehesten an Damien, Birdie & Co heran? Schreibt es gerne in die Kommentare und schreibt mir auch, ob ihr mal wollt, dass ich euch meinen Traumcast für die Damien & Birdie Buchreihe in den nächsten Kapiteln vorstelle!

Nikolina .x

The Rain Upon Us (Damien & Birdie - Trilogie #2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt