Kapitel 6

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Nachdem ihre Meisterin sie freigegeben hatte, rannte Nelja zu Padmes Zimmern. Sie musste sich beeilen, um nicht zu spät zu kommen. Dort angekommen blieb sie keuchend vor der Tür stehen und klopfte. Die Senatorin öffnete erst nach längerer Zeit.

,, Nelja, schön, dass du es geschafft hast. Das Paket ist schon gekommen, aber ich habe natürlich noch nicht reingesehen."

Padme zwinkerte dem Mädchen verschwörerisch zu. Nelja grinste. Die Senatorin trat aus der Tür, sodass Nelja eintreten konnte. Die Blonde ging begierig durch den Flur auf den großen Balkon und setzte sich auf das Sofa. So hatten sie es bisher immer gemacht.

,, Ich gehe mich umziehen", verkündete Padme und verließ den Raum. Nelja liebte diese Umgebung. Sie war so ganz anders als das, was sie aus dem Jeditempel gewohnt war. Kurze Zeit später kam Padme wieder. Sie trug ein weißes Kleid, verziert mit Stickereien und Perlen.

,, Gefällt es dir?"

Das Mädchen nickte begeistert. Die Senatorin wollte etwas erwidern, aber es klopfte erneut an der Tür.

,, Wartest du kurz, Nelja?"

Sie nickte wieder und Padme ging zur Tür.

,, Ani, es ist gerade wirklich ungünstig", hörte sie es aus dem Flur und schloss aus dem Kosenamen, dass der Besucher wohl Anakin Skywalker war.

,, Du bist so schön, Padme. Ich wünschte, du hättest dieses Kleid getragen als wir gehei-"

,, Sht", unterbrach sie ihn,,, Nelja ist hier. Ich kann gerade nicht. Komm später wieder, bitte."

Eine Zeit lang hörte sie nichts mehr und dann kam Padme wieder auf den Balkon.

,, Entschuldigung, Nelja. Das war nur Cordé. Sie wollte wissen, ob bei mir alles in Ordnung ist. Ich habe wohl vergessen, mich heute Mittag bei ihr zu melden."

Die Senatorin zuckte mit den Schultern. Nelja verzog das Gesicht, weil sie log. Das hasste sie. Padme machte genau dieselben Fehler wie manche Jedi. Nur weil das Mädchen stumm war, hatte das nichts mit ihrer Hörfähigkeit zu tun.

Padme interpretierte ihre Grimasse wohl als ein Zeichen der Ungeduld und beeilte sich, zu sagen:,, Ich ziehe mich ja schon wieder um. Bin gleich wieder da. Zwei Kleider habe ich noch."

Sie verschwand wieder und Nelja hatte genug Zeit, um sich über Padmes Gespräch mit Meister Skywalker Gedanken zu machen. Offenbar hatte sie mit ihrer Vermutung recht. Die beiden waren wirklich ein Paar und wenn der Jedi ,,geheiratet" sagen wollte, waren sie wohl noch mehr als das. Dabei hatte doch gerade Meister Skywalker sie gelehrt, dass Jedi keine Gefühle zeigen dürfen. Nelja überkam ein Gefühl, das sie nicht einordnen konnte. Neid war es vielleicht, eher aber Trauer. Anakin sah Padme so liebevoll an, wie ihr Vater auch ihre Mutter angeschaut haben musste. Vielleicht würden die beiden irgendwann Kinder haben und diese hätten die besten Eltern, die man sich wünschen könnte. Eltern, wie sie Nelja nie hatte und die sie vermisst hatte. Natürlich war ihre Mutter gut zu ihr und liebevoll gewesen, aber sie hatte nur so wenig Zeit mit ihr. Zwar konnte sie sich nur Bruchstückhaft an sie erinnern, aber das, was sie noch wusste, ließ sie ihre Mutter vermissen.
Die Senatorin trat wieder heraus und das Mädchen richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Kleid. Diesmal war es blau mit silberner Schnürung, bodenlang und trägerlos. Nelja zwang sich zu einem Lächeln. Obwohl das Kleid schön war und sie sonst auch gerne Zeit mit Padme verbrachte, war ihr die Lust vergangen.

,, Das ist hübsch, nicht? Warte auf das letzte. Das habe ich vorhin schon kurz gesehen und das ist wirklich beeindruckend."

Padme schien, nicht zu merken, dass Nelja kaum noch Begeisterung aufbringen konnte. Sie zog sich das nächste Kleid an. Ein schwarzes Kleid mit violetten Akzenten, ein Traum aus glattem Stoff, der eng anlag. Nelja schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln, und öffnete sie dann lächelnd wieder. Wieder nickte sie.

,, Ist alles in Ordnung bei dir?"

Padme bemerkte nun auch, dass etwas mit dem Mädchen nicht stimmte. Neljas Lächeln wurde zu einer ausdruckslosen Miene und sie nickte. Die Senatorin runzelte die Stirn, sagte aber nichts.

,, Na, gut. Du hast ja jetzt alle Kleider gesehen. Normalerweise würde ich dir anbieten, noch länger zu bleiben, aber ich bekomme gleich noch Besuch. Deswegen möchte ich dich bitten, wieder zu gehen."

Jetzt schickte sie Nelja weg und diese wusste ganz genau, wer der Besuch war. Das Mädchen kritzelte ein ,,Ist schon in Ordnung" auf ihr Blatt und zeigte es ihr.

,, Gut. Wir sehen uns ja bestimmt in den nächsten Tagen."

Jetzt sprach das schlechte Gewissen aus ihrer Stimme. Nelja nickte und ging wieder auf den Flur. Sie war unschlüssig, was sie tun sollte. Letztendlich entschied sie sich dafür, doch noch trainieren zu gehen. Vielleicht könnte sie ja einem Padawan und einem Meister zusehen, um ihre eigene Technik zu verbessern. Gedankenverloren stieg sie in den Fahrstuhl und fuhr hinab. Danach ging sie direkt in die Trainingshalle des Jeditempels. Vor der Tür traf sie auf Meister Kenobi.

,, Nelja, wie gut, dass ich dich treffe. Meinen Glückwunsch zu deiner heutigen Zeremonie."

Das Mädchen schrieb ein ,,Danke" auf ihren Zettel. Und ergänzte dann: ,, Was wollt Ihr gerade tun?"

,, Anakin ist im Moment hier. Wir haben eine halbe Ewigkeit nicht mehr zusammen gekämpft und ich bin ein wenig eingerostet. Ich will trainieren."

Zögerlich lächelte sie ihn an und schrieb dann: ,, Kann ich zugucken?"

,,Natürlich!"

Lächelnd gingen beide in die Halle. Sie war leer. Verstohlen musterte der Jedi Meister seine Tochter. Sie war so zerbrechlich, wie ihre Mutter. Das wurde ihr schließlich zum Verhängnis. Das Bild der toten Satine blitzte in seinen Kopf auf. Es war so, wie als wäre es gestern gewesen. Schnell schüttelte er den Kopf, um das Bild zu vertreiben. Nelja war nicht Satine, auch wenn sie ihr ähnlich sah. Obi Wan hoffte, dass es so blieb, wenn sie älter wurde. Zumindest durfte sie nicht anfangen, so auszusehen, wie er. 

Echo of pastWhere stories live. Discover now