Kapitel 6

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Am nächsten Morgen war ich sehr motiviert ins Training zu gehen. Mein Kopf hatte alle Bedenken zur Seite geworfen und dachte nur noch daran, wie er möglichst die beste Leistung abrufen konnte, um beim nächsten Spiel wieder zu spielen.

"Na du bist ja heute super drauf", lachte mich Ann Kathrin an, als ich sie in der Küche euphorisch auf die Wange küsste.

"Heute wird ein guter Tag, das weiß ich einfach. Ein guter Tag. Das spüre ich irgendwie", erklärte ich ihr fröhlich und schnappte mir meinen Kaffee unter der Maschine hervor.

"Na, wenn du dir sicher bist", lachte sie fröhlich, "denkst du bitte dran, dass du nach dem Training noch einkaufen gehen wolltest?", erinnerte sie mich und ich seufzte.

Ich hasste einkaufen. Aber Ann und ich hatten uns auf Arbeitsteilung geeinigt und auch ich musste meinen Teil zu diesem Haushalt beitragen.

"Natürliche gehe ich nachher noch einkaufen. Hast du alles was du brauchst auf den Einkaufszettel geschrieben?", fragte ich sie.

"Sollte alles drauf sein, aber wenn dir noch was einfällt, kannst du es ja einfach mitbringen", erwiderte sie und zuckte mit den Schultern.

Ich warf einen Blick auf den Zettel und stellte fest, dass ganz schön viel von ihr drauf stand. Das war irgendwie typisch Ann Kathrin, so viel wie möglich auf einmal einkaufen, damit man nicht so oft gehen musste. Dafür plante sie die Einkaufszettel meist mehrere Tage und letztendlich würde ich nach dem Training trotzdem noch Nachrichten von ihr haben, was sie doch noch vergessen hatte. Irgendwie machte diese Angewohnheit von ihr sie aber auch unglaublich liebenswert.

"Alles klar. Der Großeinkauf wird erledigt. Nächstes mal bist du wieder dran", meinte ich und sie verzog das Gesicht.

"Aber Mario, du weißt doch, wie sehr ich einkaufen-", versuchte sie es auf die Tour.

"Keine Chance", wiegelte ich lachend ab und trank genüsslich meinen Kaffee.

Alles in allem also ein ganz normaler Morgen mit einem ganz normalen Frühstück und danach zu meiner positiven Überraschung auch ein ganz normales Training. Dieses Mal auch wirklich wieder normal, denn ich verbrachte den Hauptteil lachend mit meinem besten Freund und unsere größte Sorge war einfach der Ball an unseren Füßen. Genau deswegen liebte ich meinen Beruf so. Ich konnte den Sport betreiben, den ich wollte und hatte ein paar sorglose Momente, wo es mal nicht um die Gesellschaft oder die Probleme in der Welt ging, sondern einfach nur um das nächste Spiel. Ein Leben von Spiel zu Spiel und Saison zu Saison. Alles andere gehörte hier nicht aufs Feld. Ein Moment, der einfach gut tat und da meine Leistung im Training auch durchaus als sehr gut angesehen werden konnte, war ich umso beflügelter, als ich mit Marco in Richtung unserer Autos ging.

"Und was machst du jetzt noch so?", erkundigte sich Marco.

"Muss noch einkaufen gehen und du?", erwiderte ich.

"Scarlett wird zuhause sein und dann mal sehen", seufzte Marco und klang nicht glücklich.

"Das klingt nicht begeistert", sprach ich meinen Gedanken aus.

"Ach ich weiß auch nicht. Es ist einfach schwierig. Und bald ist dieser blöde Monat um und sie wird es bald nicht mehr verstecken können, weswegen sie es öffentlich machen will und deswegen gibt es schon fast die ganze Woche Stress", erklärte er und fuhr sich durch seine Haare.

"Und du willst es nicht öffentlich machen?", fragte ich nach und Marco nickte.

Natürlich wollte der nicht. Es war ja nicht mal sicher, ob es sein Baby war.

"Eigentlich ist es mir ziemlich egal, was die Presse irgendwann schreiben sollte, aber Scarlett halt leider nicht. Sie will, dass ich erstmal zu dem Baby stehe", seufzte er und ich empfand es doch als etwas komisch. Wenn er an dem Baby hängen würde und sich Hoffnung machen würde, dass es sein Baby war, dann würde er doch anders mit der Situation umgehen oder? Dabei hatte er doch immer betont, dass er sich mal eine Familie wünsche und jetzt kämpfte er nicht mal um die Möglichkeit Vater zu werden? Irgendwas stimmte da ganz und gar nicht, aber ich würde dem schon noch auf den Grund gehen. Nur nicht jetzt und hier auf diesem Parkplatz.

"Dann bleib bei deinem Standpunkt. Irgendwann wird sie dich damit schon in Ruhe lassen, weil es auch ihr zu blöd werden wird immer mit dir zu streiten", meinte ich.

"Ich hoffe es. Lange halte ich diesen Streit nämlich nicht mehr aus", murmelte er und tat mir einfach nur leid.

Eigentlich sollten Kinder die Erfüllung einer jeden Beziehung und nicht der Grund für eine beinahe Trennung sein. Am liebsten hätte ich Marco jetzt tröstend in den Arm genommen, aber das kam bei Alphas besonders in der Öffentlichkeit nicht so gut an, auch bei Marco nicht, selbst wenn ich sein bester Freund.

"Das wird schon", versuchte ich ihn mit Worten aufzumuntern.

"Ich hoffe es. Ich freue mich schon so auf die Länderspielpause. Einfach mal wieder für ein paar längere Tage von Scarlett und zuhause wegkommen. Keinen Stress wegen dem Baby und einfach mal wieder meine Ruhe haben", meinte Marco.

"Du weißt, dass dir meine Tür immer offen steht, wenn du jemanden zum reden brauchst oder einfach mal einen Zufluchtsort suchst", versicherte ich meinem besten Freund.

"Danke Mario", lächelte mich Marco daraufhin sanft an.

"Wir packen das alles schon irgendwie. Haben doch bis jetzt alles geschafft", versicherte ich ihm.

Ich würde wirklich immer alles für ihn tun, so wie er immer alles für mich getan hatte. Naja, zumindest so viel wie er mit seinem Wissen konnte.

"Oh ja, das haben wir", bestätigte er und grinste, "aber ich sollte dich dann wohl nicht weiter vom Einkaufen abhalten. Sonst hast du nachher Ärger mit Ann Kathrin und das wollen wir ja nicht", fügte er noch neckisch hinzu und ich verdrehte die Augen.

"Es gibt glaube nur eine Person auf dieser Welt, die einkaufen mehr hasst als ich und das ist Ann Kathrin", seufzte ich.

"Einkaufen klingt gerade wie der Himmel auf Erden", seufzte Marco.

"Kannst ja mitkommen", meinte ich schulterzuckend.

"Führ mich nicht in Versuchung, sonst fahre ich dir wirklich hinterher", warnte er mich und wir beide mussten lachen.

"Das Angebot steht und sonst sehen wir uns morgen beim Training", verabschiedete ich mich und setzte mich in mein Auto. Jetzt kam also der unangenehme Teil des Tages. Einkaufen gehen.

Sleepless DreamerWhere stories live. Discover now