Kapitel 96

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Ich sprach an diesem Abend kein Wort mehr mit Marco und auch am nächsten Tag hatte ich keine Lust auf eine Unterhaltung. Ich wusste, dass das nicht gerade freundlich von mir war und vielleicht auch etwas kindisch, aber das war mir gerade egal. Dann sollte ich halt kindisch sein.

Marco ertrug das mit einer stoischen Ruhe. Ich meinte nur manchmal ein Seufzen zu erahnen, wenn er dachte, dass ich es nicht mitbekommen würde. Dabei hatte ich es ganz genau mitbekommen und so kindisch es auch war, ich konnte nicht aufhören.

So sah das Training zwar etwas einsamer aus, aber das war okay. Was mich dann aber wirklich schockte geschah nach dem Training.

Ich ging mit Marco und Jule zum Parkplatz, als mir Marco plötzlich den Autoschlüssel reichte.

"Fahr du alleine heim, ich geh noch etwas mit zu Jule. Der fährt mich dann auch heim. Sollte zum Abendessen wieder da sein", fügte er der Handlung noch hinzu und überrascht starrte ich ihn an.

"Was? Aber-", setzte ich verwirrt an, unterbrach mich aber selbst.

Ich hatte mich wie ein Arschloch verhalten. Da war es doch eigentlich kein Wunder, dass Marco die Nase voll von mir hatte. Und ich hatte auch kein Recht ihn jetzt von einem lustigen Mittag abzuhalten.

Statt also irgendetwas einzuwenden, lächelte ich gequält.

"Ich wünsch euch viel Spaß", brachte ich heraus und floh dann förmlich ins Auto.

Ich hatte es nicht anders verdient, immerhin hatte ich Marco vergrault.

Betrübt fuhr ich nach Hause. Ich musste mich bei Marco entschuldigen, aber ich wusste nicht wie.

Geknickt kuschelte ich mich auf's Sofa. Ich brauchte gerade einfach einen Rat und jemanden zum reden. Kurz entschlossen wählte ich also auf dem Handy die Nummer meines Bruders Fabian.

"Mario, was bringt mich zu diesem Anruf?", fragte er gut gelaunt, aber auch überrascht.

Normalerweise rief ich nicht so plötzlich an.

"Ich hab Scheiße gebaut Fabi", nuschelte ich.

"Was hast du getan?", fragte mein Bruder sofort alarmiert.

"Ich hab Marco vergrault", nuschelte ich.

"Wie hast du das denn bitte geschafft?! Der Kerl liebt dich doch. Was hast du getan um ihn zu vergraulen?", fragte Fabi leicht entsetzt und ich erzählte ihm die ganze Geschichte.

"Brüderchen, was machst du nur für Sachen. Sowas schaffst echt auch nur du", seufzte er anschließend.

"Das weiß ich selbst Fabi", jammerte ich.

"Hm gut, dann lass uns überlegen, wie du dich bei deinem Schatz entschuldigen kannst. Ich fürchte deine sexy Wäsche wird keine Option sein?", fragte Fabian und am liebsten hätte ich ihn durch das Telefon erwürgt.

Er sollte dieses verdammte Stückchen Stoff endlich vergessen und nicht die ganze Zeit weiter sticheln. Ich war nun mal noch nicht bereit und selbst wenn, dann würde ich es bestimmt nicht meinem Bruder auf die Nase binden.

"Nein ist es nicht", wiegelte ich ab.

"Du weißt aber, dass du irgendwann mit ihm schlafen musst? Spätestens wenn dich deine Hitze dazu zwingt?", vergewisserte er sich.

"Ja ich weiß", seufzte ich.

"Ach Mario, was ist denn so schwer daran? Menschen auf der ganzen Welt haben Sex miteinander. Es ist etwas ganz natürliches und was meinst du, was es für ein Zeichen an Marco sendet, wenn du nur in deiner Hitze bereit bist mit ihm zu schlafen? Würdest du dich dann nicht ausgenutzt fühlen?", fragte Fabi weiter.

"Aber ich nutze ihn doch nicht aus. Ich liebe ihn, aber ich bin nun mal einfach noch nicht bereit", rechtfertigte ich mich.

"Das ist Unsinn kleiner Bruder und das weißt du auch. Du drückst dich. Wovor hast du Angst? Das Marco dich verlässt? Sicher nicht. Vielleicht holt er sich mal wie heute etwas Abstand, aber der Kerl liebt dich auch. Das sieht selbst ein Blinder. Also wovor hast du Angst?"

"Ich... und wenn ich ihm nicht reiche? Wenn ich ihm nicht alles geben kann?", entgegnete ich.

"Denkst du das wirklich? Denkst du nicht, dass Marco selbst entscheiden kann, ob du ihm reichst oder nicht?"

"Ich- aber-", stammelte ich und schwieg dann.

"Mario, du reichst Marco vollkommen aus. Aber du musst endlich mal deine verdammten Zweifel an allem und jedem abstellen. Sonst stehst du euch nachher im Weg", meinte Fabi und ich schluckte.

Ich wollte das doch nicht kaputt machen. Ich liebte Marco und war glücklich.

"Ich will nichts kaputt machen", murmelte ich.

"Gut, dann machst du heute Abend Marcos Lieblingsessen, deckst den Tisch schön und redest mit ihm. Okay?", schlug Fabi vor.

"Und wenn das nicht reicht?", fragte ich und kaute unsicher auf meiner Unterlippe herum.

"Verdammt nochmal Mario, du treibst mich zur Verzweiflung. Es wird reichen! Vermutlich würde es Marco schon reichen, wenn du dich einfach entschuldigst und ihn küsst, aber wir können das ganze ja auch mit etwas mehr Stil angehen", schnaubte mein Bruder durchs Telefon.

"Okay, dann also ein schönes Abendessen", murmelte ich.

"Gut, dann mach dich an die Arbeit und meld dich, wenn noch was ist", verabschiedete sich mein Bruder und wir beendeten das Telefonat.

Mit einem klaren Ziel machte ich mich in der Küche an die Arbeit. Zum Glück hatten wir alle Zutaten da und ich musste nicht nochmal losfahren und einkaufen.

Während dem Kochen richtete ich dann gleichzeitig noch den Tisch schön her. Ich deckte für uns beide ein, stellte eine Kerze in die Mitte und war pünktlich zu unserer Abendessenzeit fertig. Jetzt müsste nur noch Marco heim kommen. Naja, vielleicht kam er ja ein paar Minuten später.

Immer noch optimistisch und auch stolz auf mein Essen setzte ich mich auf meinen Platz. Eine Dreiviertelstunde später war ich dann schon nicht mehr so optimistisch, sondern eher am zweifeln.

Als Marco nach einer ganzen Stunde dann noch immer nicht da war, war ich traurig. War er wirklich so sauer auf mich, dass er nicht mal heimkommen wollte?

Geknickt schaute ich auf das Essen, was ich versucht hatte warm zu halten. Der Appetit war mir vergangen. Schnellt verpackte ich alles so, dass man es aufbewahren konnte. Den Tisch könnte ich später oder morgen auch noch abdecken. Dazu hatte ich jetzt einfach keine Lust mehr. Ich wollte nur noch ins Bett und weinen.

Ich hatte alles kaputt gemacht. Weiter als bis in den Flur kam ich jedoch nicht, denn in dem Moment ging die Haustür auf. Allerdings erkannte ich, dass es nicht eine, sondern zwei Personen waren. Hatte Marco Jule noch mit rein gebeten? Auf keinen Fall wollte ich Ihnen jetzt gegenüber treten und so floh ich schnell in Richtung Schlafzimmer, bis Marcos Stimme mich kurz vor meinem Ziel aufhielt.

"Mario warte und bleib hier!"

Sleepless DreamerWhere stories live. Discover now