Kapitel 82

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Zum Abendessen waren wir wieder zuhause. Wir hatten ganz unaufwendig einfach einen Salat mit Putenstreifen gemacht und obwohl ich eigentlich hungrig war, stocherte ich nur lustlos in meinem Salat herum. Nur ungefähr jede 7te Gabel fand wirklich den Weg in meinen Mund und dann weiter in den Magen. Meine Gedanken verdarben mir einfach das ganze Essen.

"Was ist denn los? Schmeckt's dir nicht? Soll ich was anderes bestellen?", sprach mich Marco an, dem mein Verhalten natürlich nicht entgangen war.

"Nichts, es ist nichts. Das Essen ist lecker. Ich hab nur einfach nicht wirklich Hunger", war meine klägliche Antwort.

"Natürlich und dein Magenknurren hab ich mir nur eingebildet", meinte Marco sarkastisch.

Ertappt biss ich mir auf die Unterlippe. Ich hatte ja wirklich Hunger, aber ich brachte einfach keinen Bissen runter.

"Wollen wir es nochmal versuchen? Dieses Mal mit der Wahrheit?", fragte Marco und ich legte mit einem Seufzen die Gabel zur Seite.

"Es liegt wirklich nicht am Essen. Ich bekomm einfach nur wegen meinen Gedanken keine Bissen runter", erklärte ich ihm.

"Und was ist in deinem Kopf los, dass es dir auf den Appetit schlägt?", fragte Marco und legte jetzt auch seine Gabel zur Seite.

"Ich... Ich... Ich hab Angst vor morgen", gab ich beschämt zu und starrte ein Loch in den Salat.

"Aber warum denn? Wir gehen doch nur zum Training", fragte Marco nach.

"Das ist es ja. Ich... Ich will irgendwie nicht zum Training. Ich hab Angst, wie die Jungs auf mich reagieren", fing ich an zu erklären und dann sprudelten die Worte förmlich aus mir heraus:

"Das letzte Mal als ich sie gesehen habe, wurden sie wegen mir von Reportern belagert und ich bin mitten in der Kabine und vor allen in Hitze geraten. Was sollen sie denn jetzt von mir denken? Sie werden mich alle total schief angucken. Ich kann da nicht hin. Bestimmt will mich da auch keiner mehr von ihnen sehen."

"Ach Mario. Du musst keine Angst haben. Keiner da wird etwas gegen dich sagen oder dich verurteilen. Niemand nimmt es dir übel, dass du ihn Hitze gegangen bist. Das ist doch was ganz Natürliches. Um ehrlich zu sein war das Gegenteil der Fall. Sie haben mich alle immer wieder gefragt, wie es dir geht und ob es du dich besser fühlst und ob sie dir irgendetwas Gutes tun können, beziehungsweise dir helfen können. Ich glaub sie werden sich eher freuen dich wiederzusehen", sprach mir Marco gut zu, aber so ganz konnte ich das einfach nicht glauben.

Das wäre einfach zu schön um wahr zu sein.

"Schau mal, hat dir irgendjemand einen Vorwurf gemacht, nachdem du aufgeflogen bist?", ging Marco weiter darauf ein und ich musste den Kopf schütteln.

"Na siehst du und jetzt wird es nicht anders sein. Es wird alles gut sein. Du kannst ganz ohne Angst morgen mit zum Training, ja?", redete er mir weiter Mut zu und ich nickte zögerlich.

Es wäre wirklich wunderschön, wenn er recht hatte.

"Okay, wenn du das sagt", vertraute ich ihm.

"Es wird so sein. Versprochen. Möchtest du jetzt vielleicht nochmal ein bisschen was essen bevor wir ins Bett gehen?", fragte er mich.

"Ja, ich probier den Salat glaub ich nochmal", gab ich zu und nahm die Gabel wieder in die Hand.

Tatsächlich schmeckte das Essen gleich deutlich besser und auch wenn ich nicht den ganzen Teller schaffte, so war ich wenigstens satt, als ich mich gemeinsam mit Marco bettfertig machte.

Gemeinsam lagen wir in die Decke gehüllt und Marco ließ den Fernseher zum einschlafen noch etwas laufen. Allerdings begann ich langsam wieder unsicher auf meiner Lippe zu kauen. Was, wenn er sich doch irrte? Was wenn-

"Hör auf so viel nachzudenken. Es wird alles gut", unterbrach Marco meine Gedanken und zog mich in seine Arme.

"Wie kannst du dir da so sicher sein?", fragte ich unsicher nach.

"Weil ich fest davon überzeugt bin. Du wirst es morgen schon sehen. Es wird alles gut", sprach er mir erneut zu, "und jetzt mach die Augen zu. Du brauchst deinen Schlaf und deine Kraft morgen beim Training."

Brav kuschelte ich mich daraufhin an Marco und schloss die Augen. Es tat gut, seine starken Arme um mich zu spüren. Er strahlte so eine Sicherheit aus und ich war überzeugt, dass er morgen auch auf mich aufpassen würde. Er gab mir einfach Rückhalt und ich konnte mich bei ihm anlehnen. Auch wenn ich jetzt gerade eher versuchte mich so nahe wie möglich an ihn zu pressen.

Ich war schließlich schon eigentlich so gut wie eingeschlafen, als ich Marco nochmal etwas sagen hörte.

"Und falls doch einer mit nem dummen Spruch kommt, dann kann er was von mir erleben. Ich pass auf dich auf und beschütze dich. Immer und überall. Das versprech ich dir", murmelte Marco sanft.

Ich war zu müde und schon viel zu sehr im Land der Träume, um etwas zu erwidern, aber ich fühlte dieses unglaubliche Glück Marco an meiner Seite zu haben, während ich endgültig einschlief.

Am nächsten Morgen hielt Marco mich immernoch in seinen Armen, als der Wecker uns aus dem Schlaf holte.
"Guten Morgen", hauchte mir Marco ins Ohr. Ich brummte unwillig. Ich wollte nicht aufstehen, sondern vergrub meine Nase und mein Gewicht lieber an Marcos Brust.

"Wir müssen aufstehen. Wir wollen doch zum Training", murmelte Marco und drückte mich dabei.

"Du willst. Ich muss", brummte ich.
"Falsch, du willst auch. Du musst es nur noch einsehen", korrigierte mich Marco und ich seufzte.
"Wirst du was anderes zählen lassen?", fragte ich ihn und er verneinte wie vermutet. Ich hatte keine Lust auf eine erneute Diskussion, weswegen ich mich geschlagen gab. Ich würde einfach mitgehen und hoffen, dass Marco recht hatte.

Ich spurdelte zwar nicht gerade vor Motivation während wir uns fürs Training fertig machen und ans Trainingsgelände fuhren, aber ich protestierte auch nicht mehr. Ändern konnte ich nichts und wenigstens hatte ich Marco bei mir.
Als wir auf dem Parkplatz ankamen, stieg auch Jule gerade aus seinem Auto. Er winkte uns zu und wartete, bis wir ausgestiegen waren.
"Hey ihr beiden", begrüßte er uns gut gelaunt und grinste breit.
"Na du hast ja gute Laune", stellte Marco fest. "Freust du dich so sehr gleich gequält zu werden?"

"Nein, ich hab heute morgen schon mit Joshua telefoniert", grinste Jule breit.
"Na das erklärt einiges", lachte Marco. Wir waren schon beinahe an der Kabine angekommen, als Marco plötzlich stehen blieb.
"Mist, ich hab mein Handy und meine Kulturbeutel im Auto vergessen", fluchte er. Dann schaute er mich mit großen Augen bitten an und fragte: "Könntest du mir den schnell holen gehen?"
"Natürlich", meinte ich, schnappte mir den Schlüssel und ging zurück zum Auto.
Kulturbeutel und Handy waren schnell gefunden und ich zurück an der Stelle, wo ich Marco und Jule verlassen hatte. Nur die beiden waren nicht mehr da und mich beschlich das ungute Gefühl, dass sie bereits ohne mich in die Kabine gegangen waren. Warum tat Marco mir das an? Ängstlich, fast zitternd stand ich vor der Kabine und traute mich nicht, rein zu gehen.

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