Kapitel 5

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Im Gang links von mir, klirrte es und dann hörte man jemanden schimpfen. Bei uns kam das alles nur sehr dumpf an, dafür waren wir schon viel zu weit weg. Aber es reichte, dass mein Bruder reflexartig zu der Ecke guckte. Ich zögerte nicht lange und trat meinem Bruder mit meinem rechten Fuß erst kräftig auf seinen linken Fuß und zog dann mein Bein hoch, dass ihn genau an die Stelle traf, die ihm ammeisten wehtun würde. Als er überrascht seine Hände neben mir von der Wand nahm und sich zusammenkrümmte, trat ich mit meinem immer noch erhobenen Fuß so kräftig ich konnte gegen sein Schienbein. Er machte einen stolpernden Schritt zurück. Das reichte mir. Sofort rannte ich den Gang nach rechts runter. Trotz seiner Überraschung schaffte er es, nach mir zu greifen. Er erwischte aber nur Teile meines Kleides. Ich spürte wie das Kleid hinten an der Naht zu dem enganliegenden Teil riss. Obwohl ich dadurch kurz aufgehalten wurde, kämpfte ich mich frei und rannte weiter. Hinter mir hörte ich, wie mein Bruder erst mit stolpernden, dann mit immer schneller werdenden Schritten die Verfolgung aufnahm. Das Blut rauschte mir in den Ohren und vermischte sich mit dem Geräusch unserer Schritte auf demTeppich. Ich sah nichts als den Boden vor meinen Füßen, ich schaute nicht zurück, aber ich spürte die mächtige Präsenz meines Bruders dicht hinter mir. Mein Atem kam nur noch in keuchenden Stößen. Vor mir tauchte das Ende des Flurs auf und ich entschied mich für rechts. Ich dachte nicht darüber nach wohin ich lief, ich wollte nur weg. Nur ganz kurz hob ich meinen Blick von dem roten Teppich um den Gang, den wir jetzt hinunterliefen in Augenschein zu nehmen. Der bis auf ein paar Wandlampen leere Flur ohne Türen führte zu einer engen Wendeltreppe. Wahrscheinlich war es ein Gang, der hauptsächlich von dem Dienstpersonal genutzt wurde. Nur leider war von diesem genau jetzt keine Spur. Hinter mir hörte ich, wie die Schritte meines Bruders schneller wurden, er holte auf. Jetzt hörte ich ihn schon hinter mir keuchen. In dem Versuch, meinen Lauf nicht zu unterbrechen, streifte ich mir die Schuhe ab. Doch als ich den ersten hinter mir gelassen hatte, brachte mich das Laufen mit nur einem Schuh am Fuß ins stolpern. Nach einigen stolpernden Schritten gelanges mir, auch den zweiten Schuh abzustreifen. Mein Bruder hatte mich jetzt schon fast eingeholt und eine Bewegung an meinem Kleid verriet mir, dass er erneut versuchte danach zu greifen. Ich wollte schreien, jemanden auf mich aufmerksam machen, aber ich konnte nur keuchen. Ich hatte das Gefühl nicht von der Stelle zu kommen, dass mich jeder Schritt noch weiter von der Treppe entfernte. Der kahle Flur spielte meinen wild kreisenden Gedanken einen Streich. Plötzlich war da die Treppe. Ich machte einen Schritt auf die erste Stufe und wurde zurückgerissen, noch bevor ich meinen Fuß heben konnte um ihn auf die nächste Treppenstufe zu setzen. Ich spürte wie ich von dem Band um meine Taille, welches die vielen Stofflagen meines Unterrockes hielt, zurückgehalten wurde. Ich drehte mich so gut es ging nach hinten und sah das gerötete Gesicht meines Bruders.

Unter der Haube goldenes HaarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt