Hyunjin

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Einige Ecken entfernt von dem Haus lebte ich. Falls man sich jetzt fragt, welches Haus ich meinte, dann konnte ich nur antworten: "Mein Haus."

In der Ecke, in der ich schlief war es am kältesten. Die anderen vier Jungs, mit denen ich hier, in Daegu, wohnte waren bereits vor mir da gewesen und hatten sich die besten Ecken ausgesucht. Ich hatte nehmen müssen was da gewesen war.

Wir alle lebten in einem verlassenen Haus, aus dem wir wöchentlich von der Polizei rausgeworfen wurden, doch wir kamen immer zurück und an eiskalten Tagen ließen die Cops uns auch hier übernachten.

Mehr, als mir zu sagen, dass ich gehen sollte, konnten sie ohnehin nicht tun, denn ich lebte im Grunde ohne Identität. Ich hatte keinen Ausweis und keine Papiere, mit denen ich mich ausweisen konnte. Für die Behörden waren wir also im Prinzip nur lästige Geister, die man nicht töten durfte.

Das Haus verließ ich nur selten. Im Sommer hatten wir großes Glück, denn vor dem Haus wuchs ein großer Apfelbaum und ein großer Kirschbaum, die für uns frei zugänglich waren. So konnten wir uns wenigstens im Sommer von Früchten ernähren.

Wie wir uns im Winter und den anderen Jahreszeiten ernährten, blieb auch mir ein Rätsel, doch wir überlebten. Die Gruppe bekam mal hier, mal dort etwas von einigen freundlichen Passanten. Wir kannten auch eine älterer Dame, die uns im Winter täglich ein Brötchen brachte. Dieses teilten wir dann immer auf fünf Leute auf.
Durch diese kleinen Mahlzeiten kamen wir gut durch den letzten Winter und wachten jeden Morgen wieder auf.

Auch wenn ich mir manchmal wünschte, nicht mehr aufzuwachen und dem schlechten Gewissen, den Vorwürfen und dem ständigem Kampf ums Überleben zu entkommen.

Doch ich würde nicht aufgeben. Das würde mich zu jemandem machen, der schwach war. Doch ich war nicht schwach. Ich wollte durchhalten, bis ich auf meinen Beinen zu stehen lernte. Jedenfalls, bis ich volljährig war und mir einen Job suchen konnte.

"Hyunjin," begann einer meiner Freunde, "sie war da." Schnell sprang ich auf und rannte nach draußen. Die Dame war da gewesen und hatte heute gleich zwei Brötchen da gelassen.

Wir hatten sie noch nie gesehen. Nie. Ein einziges Mal hatte ich sie bemerkt, aber nur, als sis bereits ging, so sah ich sie nur von hinten. Würde ich sie jemals treffen, ich würde auf die Knie fallen und ihr danken, dass sie mich leben ließ.

Stray Kids [skz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt