79. Kapitel: Velkommen nytår!

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„Sylvie! Wir müssen jetzt gleich springen", rief Erik und packte Sylvie um sie an der Hand auf die Beine zu ziehen.

„Ich springe nie vom Sessel. Das ist albern und macht außerdem keinen Unterschied."

„Doch, das tut es!", beharrte er. „Und es gehört dazu. Komm schnell, gleich ist Mitternacht!" Er zog die beiden Sessel, vom Klavier weg und stellte sich auf den Einen. Sie waren bis vor einem Augenblick noch in der Dunkelheit auf Eriks Bett gesessen, und hatten auf das neue Jahr gewartet. Das sei gemütlicher so ohne Licht, hatte er gemeint. Außerdem sehe man das Feuerwerk dann besser durchs Fenster. Dem hatte Sylvie nur zustimmen können. Jetzt, wenige Minuten vor Mitternacht schien Erik ein ungewöhnlicher Anfall von Energie heimzusuchen. Und eigentlich war es schön, ihn hie und da noch so enthusiastisch zu erleben. So schön, dass Sylvie sich nun doch überreden ließ, eine Ausnahme zu machen und mit ihm auf den Sessel zu steigen.

Während der letzten Tage hatte sie das kaum noch für möglich gehalten. Nach Weihnachten war Eriks Husten schlimmer geworden, und er hatte sich noch kraftloser gefühlt. Sylvie merkte, wie ihn das frustrierte und wie ungeduldig er mit sich selbst wurde. Er schien nach wie vor um seinen Optimismus zu kämpfen, aber es gelang ihm seltener, diesen auch zu behalten.

Gestern hatte es geschneit. Wenn man nach hinten in den Garten schaute, wo der Blick bis zu dem kleinen See reichte, um den sie im Sommer gerne herumspazierten, und in dem sie oft gebadet hatten, lag nun alles unter einer kühlen weißen Decke. Erik hatte unbedingt raus gehen wollen. Er wollte winterliche Fotos für Jitka machen, außerdem meinte er, dass ihm die kühle Winterluft helfen würde sich wieder etwas frischer zu fühlen. „Einverstanden", sagte Sylvie. Generell fand sie, dass es ihm nicht schaden konnte. „Aber nur, wenn du dich warm einpackst. Nicht, dass dieser Husten noch schlimmer wird."

„Ja, Mama", sagte er darauf und verdrehte genervt die Augen, während sie ihm den dicken Pulli zuwarf, den er sich damals auf den Färöer-Inseln gekauft hatte, und den Jitka angeblich so kratzig fand. Aber so war das eben mit echter Wolle von glücklichen färöischen Schafen. Er war zumindest warm und das war schließlich der Sinn der Sache. Wenn Erik die Winterjacke noch darüber anzog, war er jedenfalls bestens für die Schneelandschaft gerüstet.

„Ich habe keine Expedition nach Grönland vor", meinte er daraufhin.

„Hör auf, zu quengeln, sonst kommst du heute nicht mehr in den Schnee", blieb Sylvie beharrlich und er sah zumindest ein, dass es keinen Zweck hatte sich ihr zu widersetzen. Er zog den Pulli an, dazu die Winterjacke und den dicken Schal, sowie das einzige Paar Stiefel, das ihm noch passte. Seine Füße waren bereits etwas dicker geworden. Wassereinlagerungen. Sylvie hatte sich bereits von Simon erklären lassen, dass das kommen würde. Wozu hatte man einen Arbeitskollegen mit beinahe abgeschlossenem Medizinstudium, den man über alle unerfreulichen Details ausfragen konnte. Sie wusste jetzt vermutlich besser als Erik darüber Bescheid, was er zu erwarten hatte. Dieses Wissen trug zwar nicht dazu bei, dass sie sich zuversichtlicher fühlte, eher im Gegenteil, aber sie war nun auf alles vorbereitet.

Sie zog sich ebenfalls an und drückte Erik beim Hinausgehen noch seine dunkelgraue Wollmütze in die Hand, die er auch dankbar aufsetzte, als ihm der kalte Wind um die Ohren pfiff. Langsam stapften sie durch den frisch gefallenen Schnee in den Garten und Sylvie passte ihre Schritte den Seinen an. Er war viel langsamer unterwegs, als noch zuletzt. Sie tat, als merkte sie es nicht, sondern übernahm die Unterhaltung, da sie bemerkte, dass er wieder etwas atemlos war. Da sollte er nicht auch noch reden müssen.

„Ich soll dir auch schöne Grüße von Karina ausrichten", sagte sie und hängte sich bei ihm ein. „Ich habe gestern Abend noch mit ihr telefoniert. Sie hat mir erzählt, dass sie, wenn sie hier ist, ein Vorstellungsgespräch beim Rundfunkorchester hat. Es wäre so genial, wenn das klappt", sagte sie, während sie das hintere Gartentor öffnete, an dem der Fußweg vorbei lief, der rund um den See führte.

Das Schicksal spielt in Dur und MollDonde viven las historias. Descúbrelo ahora