{3} - Das Wiedersehen

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1939

Your Pov.

Aufgeregt springe ich aus dem Zug und laufe direkt zum Ausgang.
Meine Füße kennen nach zwölf Jahren immer noch genau dieselbe Route nach Hause, ich kann nichts dagegen tun.

Zehn Minuten später erreiche ich mein altes Haus und bleibe kurz stehen.
Es ist eine alte Ruine, wo man nur noch vereinzelt die Mauern erkennt und die Stützbalken gerade noch gerade stehen.
Doch ich schiebe den Alptraum beiseite und renne zu dem Haus, wo Rafes Familie lebt.
Hektisch klopfe ich an und erkenne wie Mrs. McCawley die Tür öffnet.
Bevor sie etwas sagen kann, falle ich ihr um den Hals und drücke sie an mich.
»Entschuldige. Aber wer sind sie? Und warum umarmen sie mich?«
Als ich sie wieder los lasse und einen Schritt zurück gehe, werden ihre Augen riesig und die wirft die Hände vor den Mund.
»Das gibt es nicht.... Maddie?«
Mit Tränen in den Augen nicke ich und sie nimmt mich noch einmal in den Arm, wo ich sie noch fester an mich drücke.
»Komm rein! Und erzähle, was passiert ist.«, sagt sie und geht einen Schritt zur Seite, doch ich bleibe stehen und drehe mich zur Scheune um.
»Sie sind nicht mehr da.«, sagt Mrs. McCawley langsam und ich drehe mich wieder um.
»Sie sind der Air Force beigetreten.«, murmelt sie und neue Tränen bilden sich, bevor ich das Haus betrete, was genau wie vor fünf Jahren aussieht.

Die nette Frau bietet mir Tee an, den ich danken annehme.
»So und jetzt erzähle, was passiert ist.«
Ebenfalls mit einer Tasse lässt sie sich auf den Stuhl gegen über von mir fallen und sieht mich fragend an.
»Nach dem Brand...«, ich mache ein Pause, da ich zum ersten Mal richtig darüber spreche.
»Nach dem Brand kam ich erstmal in ein Krankenhaus, wo ich für zwei Wochen im Koma lag, danach war ich noch eine Woche dort. Da meine Eltern tot sind, wurde ich in ein Heim geschickt, in der Nähe von New York, wo ich ab 17 Jahren zu einer Krankenschwester ausgebildet wurde. Erst jetzt hatte ich genügend Geld um zurück zu kommen. Ich wollte schreiben, doch jede Minute war bei mir durchstrukturiert...«
Ich schlucke den Kloß in meinem Hals nach hinten und sehe über den Tisch, so Mrs. McCawley meine Hand nimmt und sie drückt.
»Rafe und Danny waren am Boden zerstört, als es hieß du seist tot.«
Meine geröteten Augen wandern hoch und ich sehe sie gebrochen an.
»Die Leute von der Zeitung hatten nicht gedacht, dass ich überlebe und haben lieber geschrieben ich sei tot, statt noch halb am Leben...«
Es folgt eine Schweigepause, wo wir kurz an unserem Tee nippen.
»Rafe und Danny haben das Flugzeug fertig bekommen und haben sie Maddie genannt.«, sagt sie nach einer Weile und ich sehe sie überrascht an.
Mit einem traurigen Lächeln nickt sie nach draußen und ich stehe langsam auf.

Mit meinen Schuhen gehe ich langsam auf die Scheune zu, wo mich eine blaue Maschine anlächelt.
An der Seite steht mit schwarzen Buchstaben: Maddie.
»Sie sind so oft mit ihr geflogen...«
Weitere Tränen bilden sich in meinen Augen und ich schließe kurz die Augen, um den Schmerz zu lindern.
»Sie haben dich sehr vermisst, Maddie. Vor allem aber hat es Danny getroffen.«
Wenn ich mich jetzt umdrehe, muss ich noch mehr weinen, weshalb ich einfach weitere über meinen Namen fahre.
»Du musst sie finden, Maddie. Du musst ihnen mitteilen, dass du lebst.«
Jetzt drehe ich mich um und sehe sie traurig an.
»Ich werde bald meine Stelle als Krankenschwester antreten und das dauert eine Weile.«
Seufzend legt sie mir eine Hand auf die Schulter.
Und dann wird es schon Zeit, dass ich abreise....

Ende 1940

»Mads, kommst du? Wir müssen langsam los!«
Hektisch kommt Betty in mein Zimmer, greift nach meiner Hand und zieht mich nach draußen zu den anderen.
Evelyn richtet meine Uniform, bevor wir das Hotel verlassen und mit dem Auto zur Station fahren.

Jeder bekommt ein Klemmbrett in die Hand gedrückt.
Gerade lese ich alles durch, als Evelyn neben mir auftaucht.
»Sehtest. Was hast du?«
»Deine Zweitbesetzung, aber als erstes darf ich Spritzen verteilen.«, lächle ich schwach und suche nach Station 4.
»Darfst du wenigsten in die Männerhintern pieken?«
Ich schüttle mit dem Kopf.
»Ich aber! Tja Mads, du darfst nur die Nadeln in die Arme rammen.«
Grinsend kommt Sandra neben mir zum stehen und biegt dann in Station 3 ab.
Evelyn ist die Station gegenüber von mir, weshalb sie die ganze Zeit ein Blick zu mir wirft.

Als wir alles eingerichtet haben und ich die Spritzen bereitgelegt habe, kommt der Chefarzt herein.
»So Ladies. Die Jungs sind jetzt da.«
Von Bettys Ecke höre ich ein aufgeregtes Quieken und meine Mundwinkel zucken nach oben.
Seufzend nehme ich die erste Mappe entgegen.
»Hinsetzen und Ärmel hoch krempeln, bitte....«, ein Blick auf die Mappe, »... Anthony.«
Der schwarzhaarige Mann setzt sich mit einem gequälten Blick auf den Tisch und sieht in die andere Richtung.
Schnell gebe ich ihm die Spritze, danach kommen die nächsten dran.

***

Als niemand bei mir ist, schiele ich zu Evelyn und erkenne, wie sie ganz genau den Mann vor sich ansieht.
Zwei Männer stehen bei ihr, der eine scheint Probleme zu haben, die Schrift zu lesen.
Evelyn sieht kurz zu mir, verdreht die Augen und wechselt dann wieder zu dem Mann vor ihr.
Sie lächelt und lacht.
Ich glaube, da hat sich jemand verguckt.
Die zweite Person, die bei ihr steht, sagt etwas zu seinem Freund vor ihn, doch er schubst ihn nur von sich weg und sieht weiter auf Evelyn.
Kopfschüttelnd dreht sich der zweite um und sieht sich um, dabei fallen mir seine dunklen braunen Augen auf und ich bemerke nicht, dass ich ihn anstarre.
Schnell sehe ich weg, als sein Blick auf mich fällt und er langsam in meine Richtung geht.
»Hey.«, sagt er und ich sehe Vorsicht auf.
»Hallo.«, erwidere ich etwas monoton.
Er reicht mir seine Akte und ich nehme sie entgegen, ohne darauf zu sehen.
»Setzen sie sich bitte hier hin.«, murmle ich, während meine Hand schon nach der Spritze greift.
Er ist mir plötzlich so nah und ich ziehe scharf die Luft ein, wobei mir sein Duft auffällt.
Er riecht himmlisch...
»Das könnte jetzt etwas wehtun.«, flüstere ich und versuche nur seinen Arm anzusehen, statt sein Gesicht.
Jedoch ist es ganz schön schwierig, da seine Augen auf meinen liegen.
Geschickt drücke ich die Nadel in sein Fleisch, weshalb er scharf die Luft einzieht und die Augen zusammen kneift.
Endlich ein Typ, der nicht auf cool tuen will und standhaft bleiben versucht.
Ordentlich lege ich die Spritze wieder zur Seite und nehme mir seine Akte.
»Das haben sie gut gemacht....Mr....-«
Als ich seinen Namen sehe, zieht sich alles in mir zusammen.
Mein Kopf beginnt zu drehen, mein Herz rennt einen Marathon und meine Augen verschwimmen leicht.
Jetzt bloß nicht umkippen!
»Walker... Mein Name ist Walker.«, sagt er schnell und sieht mich genau an.
»Aber sie können mich Danny nennen...«, hängt er noch hinten dran.
»Danny Walker.«, zische ich leicht ungläubig und er nickt, dann wendet er den Blick ab und sieht auf seine Hände.
»Was ist?«, frage ich und rolle wieder mit meinem Stuhl zu ihm heran.
»Nichts... Es ist nur.... Ach egal.«
»Nein, es ist nicht egal. Bitte sag es mir.«, hauche ich und sehe ihn tief in die Augen, die ich immer für verloren geglaubt habe.
»Wissen sie... Sie erinnern mich an jemanden aus meiner Kindheit. Aber mir ist gerade etwas klar geworden...«
Wieder hört er auf zu reden und mein Herz sieht sich zusammen, als ich ihn zu traurig sehe.
»Was ist ihnen klar geworden?«, hacke ich nach.
Er sieht von seinen Händen auf und genau in meine Augen.
»Das Mädchen ist bei einem Brand gestorben ... Ich hätte sie nicht retten können...«
Ich merke, wie seine Stimme bricht und will nach seiner Hand greifen, doch er steht ruckartig auf und geht mit schnellen Schritten davon.
Mein Herz rast und in meinem Kopf gehe ich diesen Moment gerade noch einmal langsam durch.
Er hat mich nicht erkannt.....
Okay, ich ihn auch nicht, aber...
»Tschuldigung? Kann ich jetzt drankommen?«
Ich hebe mein Blick und erkenne den Mann, der erst bei Evelyn war.
Rafe...
»Natürlich.«, antworte ich und schlucke den Kloß in meinem Hals hinter.
Ich rolle zum kleinen Tisch und nehme eine Spritze, als mir auffällt das Danny seine Akte vergessen hat.
»Hinsetzen, bitte.«
Rafe tut was ich sage und ich rolle wieder zu ihm.
»Sie kennen doch bestimmt die schwarzhaarige Frau, die an der Station gegenüber von uns arbeitet, oder?«
Ich folge seinem Blick und wir sehen beide zu Evelyn.
»Ja. Das ist Evelyn Johnson.«
Ein Lächeln huscht über seine Lippen.
»Könnte ich sie zu einem Date fragen?«
»Oh Rafe. Noch immer der Frauenheld.«, murmle ich vor mich hin.
»Was?«
Sein Kopf jagt zu mir.
»Nichts. Ich meine, klar frage sie.«, antworte ich schnell.
Sein Gesicht hellt sich auf.
»Wirkli-«
Doch bevor sein Grinsen seine Ohren erreicht, steche ich ihm die Nadel in den Arm und er beißt die Zähne zusammen.
»Wenn sie gehen. Nehmen sie bitte die Akte von ihrem Freund mit.«, erwidere ich noch und Rafe geht mit zwei Akten davon, während er sich den Arm reibt.
Triumphieren grinse ich weiter, als der nächste Patient neben mir erscheint.

PERLE DER FLAMMEN ▹ 𝘥𝘢𝘯𝘯𝘺 𝘸𝘢𝘭𝘬𝘦𝘳Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt