{11} - Wahrheit

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Am nächsten Morgen bin ich früher als alle anderen auf dem Flugplatz und schraube weiter an der Maschine.
»Hallo?«
Sofort hebe ich den Kopf, doch presse die Lippen kurz zu einer Linie, bevor ich mich aufstelle und Joe ansehe.
»Hey, Joe.«
Er hebt kurz die Hand und sieht dann an dem Flugzeug auf und ab.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
Zerknirscht fluche ich innerlich, doch nicke und springe auf den Boden, wo ich den Werkzeugkasten vorschiebe.
»Sucht dir einfach eine Stelle, wo du weiter machen kannst.«
Mit diesen Worten gehe ich wieder an meinen Platz und beende meine Arbeit.
Zwanzig Minuten später höre ich wieder Schritte, doch kann den Kopf nicht heben, sonst würde genau mit der Stirn gegen das Metall krachen.
»Maddie?«
Oh Shit...
Schnell rolle ich auf dem Brett hervor, doch Dannys Augen sind auf den blonden Mann auf einen der Flügel gerichtet.
Dann wandern seine Augen wieder zu mir, doch sie sind alles andere als erfreut.
»Wie es aussieht, hast du schon Hilfe.«
Er macht auf dem Absatz kehrt und will gehen, doch ich laufe ihm schnell hinter her.
»Danny warte!«
Flink laufe ich vor ihn und versperre ihm den Weg.
»Ist es wegen Joe?«, zische ich etwas leiser und sehe kurz über seine Schulter.
Danny bleibt stur und sieht mich einfach nur an.
»Warte hier und wehe du gehst weg!!«, sage ich und renne wieder zur Garage.
»Joe, du...ich muss ins Lazarett fällt mir gerade ein, aber du kannst ruhig hier bleiben. Bis später!«
Ohne seine Antwort abzuwarten renne ich wieder zu Danny.
»Also? Was wollen wir heute machen?«
»Du hast Joe gerade mitten ins Gesicht gelogen.«, murmelt er und kann seine zuckenden Mundwinkel nicht verstecken.
»Ich weiß.«, grinse ich und auch seine Laune hebt sich.
Gemeinsam gehen wir zum Wagen und steigen ein.
Als erstes steht der Strand auf dem Plan.

***

Es ist ein sonniger Tag und wirklich heiß, weshalb es mich nicht wundert, warum viele am Strand sind.
»Maddie! Danny!«
Auf einer Decke erkenne ich, wie Betty sich zu uns winkt.
Auch Red, Barbara und Anthony fallen mir ins Auge.
Fragend sehe ich Danny an, doch er hebt nur eine Augenbraue und wir schließen zum Schluss also zu ihnen.
»Na? Wie geht's euch?«
Betty grinst dabei mich etwas zu lange an und ich verenge die Augen ein wenig, weshalb sie kichernd aufs Meer sieht.
»Gut.«, antworten wir gleichzeitig und ich hasse das Grinsen auf Bettys Lippen.

Nachdem ich mein Kleid ausgezogen habe und den Bikini zu Recht zupfte, stehe ich auf und gehe auf das Meer zu.
Das kühle Wasser wird mir bestimmt helfen...
Mit langsamen Schritten laufe ich hinein und stehe schließlich bis zu Hüft drinnen, als ich erkenne wie Danny auf mich zu kommt.
Dabei kann ich nicht verhindern, wie meine Augen seinen Körper hinab und hinauf fahren.
Lächelnd warte ich bis er neben mir auftaucht und sehe ihn dann grinsend an.
»Schwimmen mir eine Runde?«, fragt er und sieht zwischen mir und dem Meer hin und her.
»Klar.«
Gleich nach meinen Worten lasse ich mich ins Wasser gleiten und schwimme los, als Danny neben mir wieder auftaucht.
Mit nassen Haaren sieht er verdammt gut aus...
»Weißt du, du erinnerst mich gerade an den Tag, wo wir mit dem Wischwasser eine Schlacht ausgeführt hatten.«, lache ich und sehe zu Danny.
»Ich war komplett durchnässt!«, sagt er ebenfalls und lässt ein kurzes Lachen von sich.
Danach waren wir gemeinsam im Badezimmer und...
Ob er sich daran erinnert?
Damit ich es nicht ausspreche, beiße ich mir schnell auf die Lippen und erkenne auch wie der Junge neben mir den Blickkontakt vermeidet.
»Ich weiß du willst das Thema nicht ansprechen, aber, wie ging es die in-«
Doch bevor ich zu Ende sprechen kann, will ich mich hinstellen, doch leider ist es ganz schön tief und ich verschwinde unter dem Wasser.
Zwei Arme ziehen mich sofort wieder an die Luft, die ich gierig einatme und huste das restliche Wasser aus.
»Geht es dir gut?«
Dannys besorgter Blick ist nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und ich merke, dass er mich immer noch auf seinem Arm hält.
»Ja..Ja alles okay.«, murmle ich und sehe ihn an.
Auch er sieht mir fest in die Augen, doch danach wendet er den Blick ab und lässt mich los.
»Wie geht es Evelyn eigentlich zur Zeit?«
Er nickt hinter mich und ich folge seinem Blick.
Allein sitzt sie auf einem großen Stein und schreibt Mal wieder einen Brief an Rafe.
Aber wichtiger... Was war das gerade? Hat Danny das nicht auch gespürt?
Seufzend schwimme ich wieder los, ohne mich umzudrehen.
Soll er doch alleine an Land wieder gehen?...
Idiot.

»Hey.«
Erschrocken hebt Evelyn den Kopf, doch atmet erleichtert auf, als sie mich erkennt.
»Hey Mads.«
Vorsichtig kletter ich ebenfalls auf den Stein und setze mich neben sie.
In ihrer Hand hält sie fünf voll geschriebene Blätter und ich verdrehe die Augen.
»Rafe weiß doch, dass du ihn liebst.«, seufze ich und Evelyn sieht mit einem traurigen Lächeln zu Boden.
»Ich weiß, aber es ist einfach so schwer mit ihm... Aber weg von mir. Wie sieht es zwischen dir und Danny aus?«
Gleichzeitig sehen wir über den Strand, wo Mister Idiot wieder auf der Decke liegt und sich beginnt anzuziehen.
Er will schon gehen...
Ich schlucke den Kloß in meinem Hals nach hinten und schüttle leicht mit dem Kopf.
»Weiß nicht. Er ist komisch.«, murmle ich.
»Das wird schon. Vertraue mir. Irgend etwas wird passieren und danach findet ihr euch wieder. Vertraue mir.«
Aufmunternd lächelt sie mich an und Mal wieder bewundere ich sie.
Ihr Liebe ist in einem anderen Land und kämpft um Leben und Tod, während meine Liebe hier ist.
Sie ist die stärkste Frau die ich kenne.
»Danke Eve.«, nuschle ich und sie nimmt mich kurz in den Arm.

Langsam gehe ich wieder zurück zur Decke und erkenne noch, wie Danny auf der Straße verschwindet.
»Ihr trefft euch im Cafe da drüben, hat er gesagt.«
Mein Blick wandert wieder zu Betty und ich sehe sie mit großen Augen an.
Wirklich jetzt?
Was?
Da meine Sachen wieder trocken sind, ziehe ich schnell das Kleid drüber und laufe dann los.
Schon im Fenster erkenne ich Danny an dem kleinen Tisch und betrete das Geschäft.
Es duftet herrlich nach Kuchen und Keksen, dass mir das Wasser im Mund zusammen läuft.
Doch mehr als die Leckereien interessiert mich Danny und ich setze mich auf den Stuhl vor ihm.
Er schweigt, bis seine Augen auf mir landen.
»Du willst wissen wie es mir ging, nachdem du weg warst?«
Sein Tonfall klingt wütend, aber auch schmerzhaft und zerbrechlich, weshalb ich nur ein zögerndes Nicken zu Stande bekomme.
»Meine Welt war zum Teil zerbrochen...
Rafe hat immer gesagt, dass das Leben weiter geht, doch ich konnte nicht. In meinem Leben hat einfach dieser warme Fleck gefehlt. Deine Sprüche, deine Nähe...einfach deine Persönlichkeit hat mir verdammt nochmal gefehlt. Jeden Tag stand ich auf und wusste nicht, warum ich es machen soll. Ich wusste, dass du nicht vor meiner Tür stehen wirst und das breiteste Grinsen in ganz Tennessee auf dem Gesicht haben wirst. Kein Spruch, kein Wort...nicht Mal eine Handbewegung...nichts...«
Er stoppt und ich merke, wie sich Tränen in meinen Augen bilden.
»Zu wissen, dass du nicht mehr da bist...hat mir die letzte Kraft geraubt, die ich brauchte...«
Es ist eher ein Flüstern, doch ich verstehe jedes Wort klar und deutlich.
Tränen fallen stumm über meine Wangen, während ich das Schluchzen unterdrücke.
»Wie ging es weiter...?«, hauche ich und Danny sieht wieder hoch.
»Gar nicht. Ich war innerlich komplett tot.«, sagt er ohne mit der Wimper zu zucken, steht auf und verlässt den Laden.
Die kleine Klingel an der Tür verstummt und ich sitze einfach nur da.
Das Schluchzen dringt über meine Lippen und meine Schultern beginnen zu beben, als ich einfach den leeren Platz vor mir ansehe.
Ich bin so ein Idiot.
Sein Leben würde durch mich komplett zerstört...

PERLE DER FLAMMEN ▹ 𝘥𝘢𝘯𝘯𝘺 𝘸𝘢𝘭𝘬𝘦𝘳Where stories live. Discover now