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Ein Jahr später, viele getrocknete Tränen, tausende von Mückenstichen, eine neue unglaublich tolle Freundin, viele kunterbunte Abenteuer und eine bessere Lebenseinstellung mehr, ging ich also aus diesem Flugzeug und konnte es kaum noch erwarten alle wiedersehen zu können.
Der Flug war furchtbar anstrengend gewesen und zu allem Überfluss saß auch noch ein kleines nerviges Kind neben mir, welches den gesamten Flug meine Ohren vollschrie. Natürlich reichte ein 21-stündiger Rückflug nicht schon aus, um meinen Tag perfekt zu machen.
Ich war ein bisschen nervös als ich meine von der Sonne gebleichten Haare zu einem Zopf band und das Ende des Gates erreichte. Wieso musste mein Flieger auch am letzten Ende des verdammten Flughafens landen? War mir nicht einmal purer Luxus, in dem Falle ein kurzer Weg zum Ausgang, vergönnt?! Seufzend legte ich außer Atem (Notiz an mich selbst: Fang wieder mit Sport an!), meine Tasche auf meinen unhandlichen Koffer, der vom ganzen Rumschleppen hässliche Geräusche machte, und widmete mich der letzten Hürde, die mich von meiner Familie trennte.

Kurz vorm Ausgang bekam ich dann auch noch zu den neuen Blasen an meinen Schuhen (Ich hatte mir für den Flug, so schlau wie ich war, die unbequemsten Schuhe des Planeten ausgesucht. Wieso besaß ich sie noch mal?! Ach ja, weil mir meine Outfits wichtiger als bequeme Kleidung waren...), ein mulmiges Gefühl im Bauch. Hinter der kommenden Ecke würde meine Familie auf mich warten und mich wieder in die Realität bringen.
Ab da würde es heißen, sorgenfreies Leben adieu und Bien venue in der Realität. Es war auch zu schön, um wahr zu sein. Ein Jahr habe ich so viele unglaubliche Momente erleben dürfen, bei denen ich den Alltag den Mittelfinger zeigte und nicht zu vergessen, über diesen Vollidioten hinwegkommen konnte. Zwar war er es gewesen, weshalb ich überhaupt in Australien war, aber er hat es auch geschafft, dass ich eine ganze Weile an mir selbst zweifelte, und ich mich fragte, was ich falsch gemacht habe. Doch diese toxischen vibes konnte ich zum Glück hinter mir lassen. Dass die ein oder andere Palme an den viel zu schönen Stränden etwas zu diesem Selbstheilungstrip beisteuerte, ließ ich mal außen vor..., aber ich war nun zuversichtlich, dass ich allein besser dran war. Durch das Auslandsjahr konnte ich viel dazu lernen und ich merkte schnell, dass Liebeskummer einfach nur idiotisch war. Eine Beziehung ist nur für Schwächlinge, die einfach nicht wahrhaben wollen, dass es die große Liebe gar nicht gibt!

Meinen Mut zusammen gesammelt, ging ich um die Ecke des letzten Ganges und erreichte die Empfangshalle, die mich in mein altes Leben zurückholen sollte. Schon nach den ersten Sekunden sah ich Cat, die gar nicht zu übersehen war, da sie ein riesiges Schild mit den Worten: „Say Jesus, the bitch is back!!!", hochhielt. Ich musste lachen, und überquerte die Halle mit schnellen Schritten, um alle in meine Arme schließen zu können. Sofort kamen mir die Tränen, denn ich konnte es noch gar nicht wahrhaben, dass sie nun wahrhaftig vor mir standen. Es war viel zu schön sie alle wieder richtig sehen zu können und nicht nur vor dem Bildschirm, der einem klar machte, wie weit man voneinander getrennt gewesen war. Angefangen mit meinen Brüdern stürzte ich mich in ihre Arme.
Die Gesichter meiner Familie waren alle voller Emotionen. Sogar Taylor, mein „jüngster" Bruder (er war älter als ich, aber jünger als meine anderen Brüder), sah ganz aufgewühlt aus, obwohl er es zu verbergen versuchte. Er konnte noch nie mit Gefühlen umgehen. Wenn ich beispielsweise früher mit ihm allein gewesen war und wegen einer dummen Verletzung losheulte, war er immer überfordert gewesen und musste Rory holen. Umso mehr war ich überrascht als Aly, meine beste Freundin mir per Skype erzählte, dass sie ihn mal vor einem Club mit einer süßen Rothaarigen rumknutschend entdeckt hatte und Besagte nun neben ihm stand. Aly stand neben den Beiden und bejahte mir stumm mit ihren albernen Gestiken, meinen fragenden Blick, ob sie ein Paar seien. Natürlich bemerkte das auch Taylor, der sie nun mit grimmigem Blick in den Bauch boxte. Sie lachte nur, aber ich musste schmunzeln als ich das Paar beim Händchen halten ertappte. Es war schon fast zu süß, wie sie, so Mini wie die Rothaarige war, neben meinem viel zu hoch geratenen Bruder stand.
Trotzdem war dies kein Grund dafür, dass Taylor nachher keine Standpauke zu hören bekam! Denn immer, wenn ich ihn bewusst beim Skypen nach irgendwelchen wichtigen Neuigkeiten fragte, stellte er sich dumm und tat so, als ob es bei ihm nichts Wichtiges zu erzählen gäbe.

Ich umarmte Mom als Nächstes und auch bei ihr waren die Tränen nicht zu übersehen. Oh man, wie sehr habe ich ihren Duft nach Rosen und Lavendel vermisst. Zum Schluss waren meine Freundinnen Cat und Aly an der Reihe.
Sie gehörten für mich zu meiner Familie dazu und selbst meine drei Brüder haben sie schon lange ins Herz geschlossen. Wir drei waren von klein auf unzertrennlich gewesen. Schon seit der Grundschule gab es uns nur als Dreiergespann und wir waren uns so unglaublich verbunden. Früher bekamen wir oft von unseren Klassenkameraden gehört, dass wir Zicken seien, weil wir alle ausschließen würden, aber insgeheim wollte jedes Mädchen einfach nur dazugehören.

In der fünften Klasse kam dann noch ER dazu und wir vier verbrachten jede einzelne Sekunde zusammen. Doch letztes Jahr..., da kam dann halt alles anders als gedacht: Wir wurden auseinander zerrissen. Ok, ich war der Grund, warum wir getrennt waren..., aber im Endeffekt alles nur wegen ihm! Wegen ihm zerbrach meine rosarote Brille und meine heile Welt brach kurzzeitig auseinander. Wegen ihm sah ich zwei Wochen lang aus wie eine Untote, die blutunterlaufene Augen hatte. Wegen ihm floh ich ohne jeden Plan nach Australien und wegen ihm sah ich deswegen meine Mädels ein verdammt langes Jahr kein einziges Mal. Ich wusste, dass ich an der getrennten Zeit die Schuld trug, weil nun mal ich überstürzt floh, um diesen Schmerzen ein Ende zu setzen und nicht sie, aber es tat trotzdem weh, sie nicht eben anrufen zu können, damit sie vorbeikamen und man was entspanntes unternehmen konnte. Kein Wunder, dass sie mir bei meinem Vorhaben anfangs nur den Vogel zeigten und im weiteren Verlauf enttäuscht waren, dass ich ohne sie wegwollte, aber egal worum es ging, sie verziehen mir und unterstützen mich dann bei meinem Plan, obwohl es vielleicht nicht der sinnvollste war.

Als ich nun alle um mich hatte und ich meine Familie fürs Erste genug abgeknutscht habe, war ich trotzdem ein wenig verwirrt. Denn unsere Runde war gar nicht vollzählig. Rory, mein ältester Bruder, war nicht hier. „Mom, hat Rory was Besseres vor, als seine Schwester zu begrüßen oder warum ist er nicht hier?" Sie guckte mich verdutzt an. „Hat er dir nicht gesagt, dass er heute einen wichtigen Termin hat?" „Ähm, nein?!" Was war schon wichtiger als seine Schwester nach einem Jahr wiedersehen zu können? (Versteht mich nicht falsch, das klingt zwar arrogant, ist aber wahr. Rory war immer für mich da. Sogar bei meiner ersten Verabredung mit einem Jungen saß er schräg gegenüber in der Eisdiele und hat mehr schlecht als recht auf ein Zeichen meinerseits gewartet, dass er mich retten soll.) „Tja, dann hat er es wohl vergessen dir zu sagen." Sie zuckte mit der Schulter, nahm dann meinen Koffer, und wandte sich von mir ab, um Richtung Auto zu gehen. „Du wirst ihn schon noch sehen und jetzt ab zum Auto! Von dieser ganzen Aufregung brauch ich dringend Ruhe." Ich schmunzelte, wie sie noch kurz verwirrt zu der kaputten Rolle meines Koffers starrte, sich dann aber auf dem Weg machte. Wieso hatte ich aber das Gefühl, dass sie mir etwas verheimlichte? Rory würde mich nie sitzen lassen, egal um was es gehen würde. Und erst recht nicht am heutigen Tag! Etwas enttäuscht schüttelte ich den Kopf, ging dann aber zu Cat und Aly, hakte mich links und rechts bei ihnen ein und folgte Mom. Hach, wie sehr habe ich diese Menschen vermisst!

Warum immer du ?Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang