Der Beginn eines Anfangs

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Im Bett legten wir uns, ohne etwas zu sagen, nebeneinander, wobei er meine Hand losließ und auf Abstand ging. Diese Tatsache schmerzte, doch ich wusste, dass in seinem Kopf wahrscheinlich totales Chaos herrschte und er sich sammeln musste. Daher wartete ich einfach nur ab, während wir auf der Seite lagen und uns gegenseitig betrachteten. Irgendwann suchte ich seine Hand. Ich musste mich vergewissern, dass ich gerade wirklich bei ihm war, denn es schien mir surreal neben ihm zu liegen. Endlich fand ich sie und nach einem überraschten Gesichtsausdruck von Phil umschloss er sie wieder und hob sie kurz an seinen Mund, um sie zu küssen. Mein Herz flatterte. „Du bist wirklich hier." Ich nickte nur stumm und brach den Augenkontakt nicht ab. Dann hielt ich es aber nicht mehr aus. „Warum hast du mir von Anfang an nicht die Wahrheit gesagt?" „Du hättest mich abgestoßen." „Und deshalb hast du dann mich abgestoßen?" Er runzelte die Stirn. „Ich habe mich wie ein Arschloch verhalten, aber ich dachte, dass du besser ohne mich dran wärst." „Und woher solltest du wissen, was für mich das Beste ist?" Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit. „Ich wollte dir doch nur das Leid ersparen." „Das hast du aber nicht." Sein Blick sprach tausend Bände. Es tat ihm leid. Und mir tat es leid, dass er wirklich so dachte. „Ich hätte dir von Anfang an alles sagen sollen." "Ja, das hättest du... Trotzdem bist du nicht der Schuldige für Leonards Tod." Stille. Ich bekam keine Antwort. Und mit einem Mal wusste ich, wie es mit uns weiter gehen sollte. Ich habe mich für eine Seite entschieden. Dann, weil ich den Abstand nicht mehr ertrug, rutschte ich näher zu ihm und drehte mich um. Zu meiner Erleichterung reagierte Phillip nicht abweisend, sondern schob mich an seine Brust. Ich spürte seine Wärme an meinem Rücken und schloss erleichtert die Augen, während ich lange seinen Geruch einatmete. Das hatte mir gefehlt. Er hatte mir gefehlt. Und als er dann seinen Arm um meine Taille legte und sich rüber beugte, mich hinterm Ohr küsste und seinen Kopf in meine Halsbeuge vergrub, fühlte ich mich seit langem wieder geborgen und sicher.

„Du hast mir gefehlt." flüsterte er mir eine Weile später ins Ohr. Ich küsste ihn als Antwort auf seine Hand, die ich nahm und mit meiner verhakte. „Eveline?" „Ja?" „Heißt das hier alles also, dass ich noch eine Chance bekomme? Kannst du mir alles verzeihen oder habe ich es vermasselt?" „Versprichst du mir, dass du dir Hilfe suchst und mit Jemanden über deine Schuldzuweisungen redest?" „Wieso?" „Es geht nicht mehr so weiter. Du machst dich und dein Umfeld damit nur selbst kaputt und dabei zuzusehen traue ich mir nach allem nicht mehr zu." Stille. Phillip ließ mich Warten und ich gab fast schon auf, als „Okay." Erleichtert atmete ich aus und schloss dem Gott dankend erneut meine Augen. Dann fragte Phillip die Frage der Fragen, die über unsere Zukunft entscheiden soll. „Du bleibst wirklich bei mir?" Ich ging sie in meinem Kopf bedacht durch, bevor ich ihm meine Entscheidung gab. „Wenn du dir Hilfe suchst und mir zeigst, dass es dir Wert ist, für uns zu kämpfen, dann ja. Dann werde ich bei dir bleiben." Er drückte mich behutsam noch näher an seine Brust und seine Wärme beruhigte mich. „Womit habe ich dich nur verdient Kleines?" „Alle guten Dinge sind drei, nicht wahr?" Er stützte sich auf seinem anderen Arm und ich drehte mich langsam zu ihm um. Er hatte noch immer seinen Arm um mich geschlungen und drückte sanft meine Hand. „Eve, du weißt gar nicht, wie viel mir das alles bedeutet." Abwartend sah ich zu ihm hoch und ich konnte einen traurigen Blick entdecken, den er mit einem Lächeln zu verstecken versuchte. Ich lächelte ihn an. Er blickte kurz weg und haderte anscheinend mit sich selbst, als er kurz darauf zu einem Entschluss kam. Und dann, endlich, beugte er sich langsam zu mir runter. Mein Herz flatterte vor Aufregung und sein leichtes Schmunzeln ließ daraufhin all unsere Sorgen in den Hintergrund rücken. Ganz leicht trafen unsere Lippen aufeinander. Ich war ihm verfallen und seine Nähe hatte einen süßen Beigeschmack. Mein Bauch, voller Schmetterlinge, rebellierte, und während er wieder seine Lippen öffnete, atmete ich seinen vertrauten Geruch ein. Ich roch noch den Alkohol, aber schmeckte auch Zahnpasta an ihm. Verwirrt stoppte ich seine hypnotisierenden Küsse. „Hast du gerade Zähne geputzt?" Phillip schmunzelte. „Zähne putzen? Nie davon gehört." „Ach und du schmeckst von Natur aus nach Minze?" „Was soll ich sagen, du hast gerade die Ehre neben einem Gott liegen zu dürfen." „Du Idiot!" lachte ich leise, aber das hörte sofort auf als die göttlichen Lippen wieder auf Meine trafen. Dieses Mal gieriger und drängender. Ich beschwerte mich nicht und ließ mich einfach in den Kuss fallen. Scheiße hatte ich dieses Gefühl vermisst. Ich zog ihn noch enger an mich und wollte nie wieder aufhören, als er plötzlich den Kuss stoppte. „Was willst du den anderen von uns sagen Kleines?" Verdutzt sah ich ihn an. Wie kam man da jetzt drauf? Aber wie ich in seinen braunen Augen sah, bedeutete ihm die Frage viel und er meinte es ernst, sodass ich kurz nachdachte. „Keine Ahnung, aber das werden wir bestimmt bald rauskriegen." seufzte ich. Er nickte nachdenklich und ich wollte wieder da anfangen, wo wir aufgehört haben, als er zurückwich.

„Eve..." Mein Herz machte einen Satz. „Was?" Er sah wieder auf mich herab. „Du weißt gar nicht wie sehr ich dich hier und jetzt verschlingen wollen würde..." „Dann tu es doch." unterbrach ich ihn, aber er schüttelte bedächtig den Kopf, wobei er mich nicht aus den Augen ließ. Ich wurde nervös. „Nein. Ich habe wahrscheinlich schon viel zu viel falsch gemacht und dir jetzt auch noch etwas zu nehmen, was uns ein Leben lang in Erinnerung bleiben soll..." Erleichtert, dass es nur das war, unterbrach ich ihn. „Okay." „Okay?" „Wir haben ja noch genug Zeit, nicht wahr?" Er runzelte, überrascht von meinem schnellen Einverständnis, seine Augenbrauen, hob dann aber seine Mundwinkel. „Ja. Für jetzt und für immer." Ich lächelte, aber mir fiel doch noch ein Punkt ein, der geklärt werden muss. „Versprich mir nur eins: Lüge mich nie mehr an. Ein viertes Mal komm ich nicht zurück." Er sah mir tief in die Augen. „Auch nicht, wenn es zu deinem Besseren wäre?" „Auch nicht dann." Sein Einverständnis kam nur langsam über die Lippen „Okay." Dankend schenkte ich ihm aufmunternd mein Lächeln. „Okay." Dann küsste er mich vorsichtig, legte sich wieder hin, rutschte an mich ran und sein warmer Atem streifte meinen Hals. Lauschend verfolgte ich seinen Herzschlag und fühlte mich endlich richtig am Platz. Ich schmiegte mich mit geschlossenen Augen noch mehr an ihm ran, sodass kein Zentimeter mehr zwischen uns war. All die Last, die seit Leos Tod oder vielleicht sogar schon seit Liams Betrug auf mir lag, nahm er in dieser Nacht mit einem Mal behutsam von mir ab. Und mit diesem angenehmen Gefühl döste ich langsam in seinen starken Armen ein, die mich vor allem schützen und mich nicht loslassen würden. Das wusste ich jetzt, denn egal was kam, wir gehörten zusammen. Natürlich hatten wir uns noch nicht ganz ausgesprochen und ich fürchtete mich schon vor den Reaktionen der Anderen, aber wir hatten mittlerweile so viel zusammen erlebt, dass wir das auch noch überstehen würden. Gemeinsam. Mir war klar, dass es mit uns nicht einfach werden würde, aber zum ersten Mal seit langer Zeit war mir klar, dass ich falsch lag. Es existierte die wahre Liebe. Nur war sie halt nicht so einfach wie man auf den ersten Blick vielleicht dachte.

Und vielleicht..., ja vielleicht habe ich mit ihm den Anfang vom Ende gefunden. Vielleicht habe ich nach all dem Schmerz und der Trauer wieder mich selbst gefunden.

Warum immer du ?Where stories live. Discover now