Die Wette

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Geschockt sah ich von einem Gesicht zum anderen und verstand nicht mehr was hier gerade eigentlich ablief. Wetteten sie gerade wirklich wegen meiner Menstruation!?
Das ist doch absurd. „Hört mit dem Mist sofort auf!" Obwohl ich echt laut wurde, beachtete mich keiner der Beiden und Leo legte die Bedingungen der Wette fest.
"Wenn du wirklich für sie Tampons kaufst, dann ist dir Eve egal was schuldig, aber wenn du verlierst, musst du einen Monat auf Mädels verzichten und allen die kalte Schulter zeigen!"
Leo war sich seinen Sieg sicher und nach einem kurzen Blick zu mir, schlug Phil lächelnd ein. „Entschuldigt mal?! Kann ich vielleicht auch mal was dazu sagen? „Ich fühlte mich verarscht, doch schon stieg das Arschloch aus. Überfordert sah ich ihm hinterher. „Leo du hast sie doch nicht mehr alle! Du wettest um mich? Spinnst du?! Was wäre, wenn er gewinnt und will, dass ich mit ihm schlafe!" Genervt guckte er zu mir. „Erstens traut er sich das sowieso nicht und zweitens ist er gar nicht so ein Arschloch wie du denkst." „Aber wenn du verlierst, dann hast du noch nicht mal einen Nachteil, weil ich die Strafe aussetzten müsste!" Mein Bruder zuckte nur grinsend mit den Schultern. Schnaubend drehte ich mich zum Geschäft und versuchte Phillip hinter der Spiegelfront zu erkennen. Die hatten doch beide einen Knall, über sowas Wetten zu machen.
Nun verschwand Phil hinter ein paar Regalen und kurze Zeit später sah man ihn wieder zwischen den Kassen auftauchen. Unscharf erkannte ich, wie die Verkäuferin ihn an schmunzelte und auf etwas, was er sagte, errötete. Als er dann aus dem Laden trat, verschwand Leos siegessicherer Blick und eine verblüffte Grimasse kam auf. Phillip kam mit zwei Bier in der linken Hand und einer vollen Tüte in der Rechten, herüber geschlendert. Seine Sonnenbrille, die er sich schon beim Aussteigen aufgesetzt hatte, spiegelte die untergehende Sonne und seine zum Lächeln verzogenen Lippen waren auf dem ganzen Parkplatz zu erkennen. Mir wurde übel als ich realisierte, was sein verschmitztes Grinsen bedeutete. Dann öffnete er die Tür und setzte sich auf die Fahrerseite, während Leo verwirrt durch seine Haare fuhr.

„Ich wusste nicht welche Größe du brauchst und als ich zwei Mädchen gefragt habe, was sie denn hätten, lachten sie und gingen einfach weiter. Also habe ich dir einfach alle Größen mitgebracht." Ich war erstarrt und nahm die Tüte mit den Verpackungen an. Beschämt wollte ich gerade die Augen schließen als - „Und ich dachte, du bräuchtest vielleicht noch Nervennahrung in deiner Lage...". Freundlich überreichte Phillip mir eine Packung Schokolade. Verwirrt gab ich mit kratziger Stimme einem Danke zurück. In meinem Bauch flatterte es.

Dann sah Phil triumphierend nach hinten, wo der gelähmte Leonard saß. „Du mutierst aber jetzt doch nicht zum Weichling, oder?" Er lachte auf, wand sich dann wieder zu mir und beugte sich zu meinem Hals. Ich hielt die Luft an und mein Herz machte unausweichlich einen Satz. „Ich glaube wir haben bald ein Rendezvous" flüsterte er mir mit sanfter, ironischer Stimme zu und seine Augen strahlten so intensiv, sodass ich die Tür nicht wegen seinem Fahrstil aufreißen wollte. Scheiße, was war das hier? Um seinen Sieg mit einer dämlichen Grimasse meinerseits nicht noch siegesreicher zu machen, wandte ich mich schnell meinem Bruder zu und haute ihn mit voller Kraft in den Arm. „Ich hasse dich Leo!" Die Beiden lachten und setzten mich dann kurze Zeit später vor meiner Haustür ab. Eilig stieg ich aus, ohne einen der Jungs eines Blickes zu würdigen und lief mit einem brummigen Gesicht die Treppen hoch.

„Hast du nicht dieses heiße Kleid mit dem krassen Rückenausschnitt? Das wäre viel besser als dieser Sack!" Ich trug einen beigen Jumpsuit, doch Cat war nicht so ganz überzeugt. „Also ich finde ihn schön." konterte Aly. Zumindest eine die zu mir hielt. „Ricky, du findest es doch auch hässlich, oder?" „Jetzt versuche nicht auch noch Ricky auf deiner Seite zu bringen Cat!" knurrte ich. „Sorry Süße, aber es stimmt. Das passt nicht zur Disco!" Ich betrachtete mich kritisch in meinem Spiegel und wollte gerade widersprechen als plötzlich vier Hände den Jumpsuit runterzogen und mich ungeschickt, aber rasant in ein anderes Kleid stopften. Wieso mochte ich diese Mädchen noch mal? „Ihr spinnt doch!"
Doch dann sah ich wieder in den Spiegel und bemerkte das dieses Kleid wirklich passender war. Warum hatte ich es so lange nicht mehr angehabt? Die Pailletten und Perlen funkelten auf dem zarten Stoff und zierten mein Dekolleté. Meine Kleid-Kidnapperinnen wussten was mein Blick zu bedeuten hatte und klatschten sich triumphierend ab. Piep piep. Ich entriss mich dem Spiegel und sah verwundert zu der Nachricht auf meinem Handy. Die Nummer war unbekannt und ich runzelte verwirrt die Stirn. Hey Kleine, vermisst du mich schon? Ich war geschockt, woher hatte dieser Mistkerl meine Nummer? Da kam mir ein Gedanke. Ich bringe Leonard nächstes Mal um! Wie konnte er es wagen Phillip meine Nummer zu geben?
Was willst du? Ich musste gerade an dich denken und habe mich gefragt, wie es dir geht. Also, wie geht es dir?
Eigentlich ging es mir perfekt, bis ich von dir gehört habe! Lass mich in Ruhe!
Genervt sah ich auf und registrierte neugierige Blicke auf mir liegen. Nicht das noch! Schnell schaute ich weg und lief gerade in unsere Küche, als mein Handy klingelte. Es war zu meinem Pech die Nummer von gerade und ich drückte sie weg. Seine raue Stimme zu hören, hätte mir gerade noch gefehlt. Schnell speicherte ich seine Nummer in „Nicht rangehen" ab, um ihn bestmöglich vermeiden zu können, und blieb verdutzt in der Küche stehen. Was wollte ich hier noch mal? Verwirrt drehte ich mich um und ging in mein Zimmer zurück.

In der Disco angekommen, spürte ich sofort den lauten Bass auf meiner Haut. Zwar liebte ich es feiern zu gehen, da man einfach mal den Kopf frei kriegen konnte, aber diese Lautstärke hier drinnen war ohrenbetäubend. Ich hasste diese übertriebenen Geräusche, aber eins musste man der Kulisse lassen. Sie hatte trotz allem einen riesigen Vorteil: Ich bekam nicht mehr das Aufblinken der tausend Nachrichten von „Nicht rangehen" mit. Dieser hatte es nämlich nicht nur bei einem Anruf belassen, sondern spamte mich nun, höchstwahrscheinlich mit einem fiesen Grinsen um die Lippen, durchgehend zu. Nach kurzer Zeit, und einem Cocktail mehr, riss mich Cat dann mit auf die Tanzfläche und obwohl ich mir die Blicke von manch einem Trottel bewusst war, ging ich direkt nach dem ersten Lied in meinem Element auf. Ich liebte es im Dunkeln einfach loszutanzen und alles um mich herum zu vergessen, sodass nur noch das Lied und der Schweiß auf meiner Haut übrigblieb. Es glich schon fast einem Rausch. Und wenn ich dann doch durch einen ekligen Macho abgelenkt wurde und somit aus dem Takt kam, musste ich ihn nur anblaffen, dass er sich gefälligst eine andere Beschäftigung suchen sollte, als Mädchen zu belästigen. Die meisten trotteten dann beschämt davon und man konnte wieder ungestört davontreiben. Ganze zwei Stunden waren so schon gut gegangen, als ich Alys Gesicht in der Menge aufblitzen sah. Schnell lief ich in ihre Richtung und wir trafen uns unter der großen Discokugel in der Mitte der tanzenden Meute. „Na, hast du einen heißen Typen ergattern können?" „Ne, du?" „Nö. Dafür bekomme ich aber jede Menge von Idioten zu Gesicht. Eve, wie schaffst du es, sie alle immer loszuwerden? Gerade musste ich mir eine Story von so einem Typen mit einem Hamster anhören." Aly stöhnte bei der Erinnerung auf und ich lachte über ihr nörgelndes Gesicht. „Du musst sie einfach in ihre Schranken weisen!" „Du kannst das leicht sagen, aber ich bin nicht so selbstbewusst wie du!" „Süße, du bist viel zu lieb für diese Welt.", gab ich schmunzelnd zurück. Aly hat seit ich mich erinnern kann, noch nie jemanden ihre Meinung lauthals gegeigt. So war sie eben und ich liebte sie dafür, da sie immer das Gute in allen sah. Nicht so wie Cat, Ricky oder ich. „Wo sind eigentlich die anderen?" Cat war irgendwann auf einmal von der Tanzfläche verschwunden und Ricky war..., hatte ich sie überhaupt seit dem letzten Cocktail gesehen?
"Also Ricky ist schon länger weg. Sie sah einen Bekannten und ging mit ihm woanders hin. Mein Gott sah der scharf aus! Und Cat, die liegt dort hinten in der Ecke." Ich folgte ihrer Beschreibung, sah Cat auf dem Schoß eines Mannes, und konnte nur die Augen rollen. Sobald sich ein Typ in ihre Arme verirrte, hielt sie ihn viel zu schnell fest. Seufzend nahm ich meine Freundin am Arm und brachte sie in eine etwas ruhigere Ecke. „Ich bin aber eigentlich wegen was Anderem gekommen. Ich muss morgen arbeiten und es ist schon echt spät. Ich würde mich jetzt auf den Weg machen. Kannst du noch auf Cat aufpassen. Sie hat ein bisschen zu weit ins Wodkaglas geschaut." Ich sah sie mit einer Hundeschnute an, weil ich mich gefreut habe, mit ihr zusammen zu tanzen, aber ihr Auftreten zeigte mir, dass sie wirklich gehen wollte. Also gab ich ihr seufzend den Freischein. „Klar, geh ruhig. Ich wollte sowieso noch ein bisschen Tanzen und wenn ich keine Lust mehr habe, schleife ich Kitty Cat und mich nach Hause." Sie dankte mir strahlend und übergab mir nun die Aufsicht. Zwar hasste ich es, wenn ich Cats Babysitter spielen musste, da sie, wenn, dann nur auf Aly hörte, aber ich war Aly schon so dankbar genug, dass sie überhaupt mitgekommen war. Außerdem war ich ihr nach der letzten Party, wo ich mich auf einmal im Krankenhaus wiederfand, etwas schuldig, da sie und auch die anderen sich zwischenzeitlich echt Sorgen gemacht haben. Phillip hat zwar Mom Bescheid gesagt, aber meine Freunde wussten erst, dass es mir gut geht, sobald Mom sie am frühen Morgen anrief. „Ach und noch was. Ricky meinte vorhin, dass Phillip sich bei ihr gemeldet hätte. Du weißt glaube ich, warum er die Nummer hat?! Er sagte ihr, dass er es ja sehr unhöflich fände von dir keine Rückmeldung zu bekommen und dass du dich melden sollst wegen irgendeinem Wetteinsatz!? Und als Ricky meinte, wir seien in dem Club, sagte er, dass er in der Nähe sei und noch rüberkommt, wenn du kein Lebenszeichen schicken würdest." Entgeistert sah ich sie an, doch dann drückte ich sie zum Abschied und sie wünschte mir viel Glück mit Cat. Ich starrte ihr gedankenverloren nach, als mir doch noch etwas einfiel: „HEY, Mädchen mit dem Hamster-Boy, schreib, wenn du zu Hause bist!" Sie drehte sich gehend um, lachte gequält auf und nickte mir noch zu, bevor sie um die Ecke verschwand. Dann drehte ich mich um und dachte wieder über ihre Worte nach. Er würde doch nicht hier aufkreuzen, oder? Überfordert von dieser Nachricht, überlegte ich, wie ich mich da noch rausreden konnte, als ich mich meinem Schicksal stellte und zu Cat ging. Hoffentlich war sie noch ansprechbar, wenn sie nicht mehr ihre Zunge in fremde Gewässer hereinließ...

Warum immer du ?Where stories live. Discover now