Pailletten glitzern und Liebe macht verrückt

131 10 0
                                    

„Scheiße, ich steh auf dich! Du schwirrst mir ständig durch den Kopf! Ich habe es wirklich versucht, dich zu vergessen, aber es geht einfach nicht!" Völlig überrumpelt wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Meinte er das ernst? Hatte er gerade zugegeben, dass er mich liebte? Oder war das hier alles nur wieder ein falscher Scherz? „Aber wieso?" „Wieso? Das fragst du noch?" Er schüttelte den Kopf und wandte sich von mir ab. Abwinkend sagte er dann in einem viel leiseren Ton. „Weißt du was? Vergiss es einfach. Tu so, als hätte ich nicht mein dummes Maul aufgemacht."

Auf einmal erwachte ich aus meiner Starre. „Im Ernst? Du sagst mir sowas und jetzt soll ich es einfach wieder vergessen?" Phil zuckte nur mit den Schultern und lief in Richtung Villa. Schnell holte ich auf und versuchte ihn zur Rede zu stellen. „Und das war's jetzt? Du lässt mich einfach hier stehen?" „Erstens: JA und zweitens: Nein, ich lasse dich nicht hier stehen. Ich bringe dich noch zurück." Empört blieb ich stehen. Was dachte er, wer er sei? Erst irgendwas von Liebe reden und dann mittendrin aufhören. Was sollte ich davon denn nun halten? Nachdem er zehn Meter weiter gegangen war, sagte er über der Schulter, dass ich mich in Bewegung setzten sollte, sonst würde er mich wieder am Arm ziehen. Zwar wollte ich nicht mehr auf ihn hören, aber ich hörte ein komisches Geräusch aus einer anliegenden Gasse und meine Gedanken rasten sowieso viel zu schnell umher, sodass ich seiner Anweisung lieber folgte, anstatt irgendwo im nirgendwo verloren zu gehen. Somit lief ich ihm beleidigt hinterher.

Um 2:00 Uhr kamen wir an, jedoch war ich kein bisschen müde, denn anstatt, dass wir beide in unser Zimmer gingen und noch mal über das von vorhin sprachen, hatte er die Haustür für mich geöffnet, mich durchgelassen und dann einfach hinter mir geschlossen. Er ging ohne jegliche Erklärung wieder weg und ließ eine verwirrte Eveline hinter sich. Nun lag ich hier schon seit einer Stunde wach im Bett, doch Phil kam nicht zurück. In meinem Kopf qualmte es vom ganzen Chaos, den er hinterlassen hatte. Ich wollte endlich Klarheit zwischen uns schaffen, denn das hin und her war zu viel des Guten, aber dass er so lange wegblieb, hätte ich nicht gedacht. Wenn er nach gerade wieder auf Abstand gehen will, dann würde ich ihm nun wirklich eigenhändig ein Grab schaufeln. Trotzdem machte ich mir dummerweise so langsam Sorgen. Ich wollte auf ihn warten, doch trotz der ganzen Aufregung, fielen mir die Augen langsam zu und mein Körper sehnte sich nach Schlaf. Also fiel ich irgendwann in einen unruhigen Traum.

Es war Freitag und morgen stand die Hochzeit bevor. Ich hatte nicht mehr mitbekommen, wann Phillip in den Raum gekommen war, aber als ich nun aufwachte, war er schon wieder weg. Wer weiß, ob er in unserem Zimmer überhaupt geschlafen hat. Müde setzte ich mich aufs Bett und wollte gerade die Wellen beobachten, (das hatte immer etwas Beruhigendes,) als mir etwas ins Auge stach. Am Kleiderschrank war ein Bügel mit einem Kleidersack drangehangen worden. Verwirrt stand ich auf und sah Pailletten unter der Folie hervor glitzern. Das war doch nicht... Nein, das konnte nicht wahr sein! Vorsichtig öffnete ich den Reißverschluss und da war es. Vor mir hang das wunderschöne Abendkleid, welches ich bei der Hochzeitskleid Anprobe entdeckt habe. Ich konnte es nicht fassen. Warum zur Hölle war es hier?! Hatte meine Mutter oder Jennifer mich im Laden beobachtet? Aber das konnte gar nicht sein, die waren doch mit ganz anderen Dingen beschäftigt... Erstaunt strich ich über den zarten Stoff und mein Herz machte einen Sprung. Dann, ganz langsam verschloss ich wieder die Hülle und schon konnte mich nichts mehr halten. Schnell raste ich nach unten. Auf meinem Gesicht lag ein riesiges Lächeln und fast hätte ich Taylor, der gerade hoch ging, umgeschmissen, doch das interessierte mich kaum. „Pass doch auf!" hörte ich ihn noch böse rufen. Im Wohnzimmer angekommen, fand ich dann die Person, welche mir alle Antworten auf meine Fragen geben konnte. „Hey Jenny." Verwundert saß sie auf dem Sofa und betrachte mein außer atmendes Dasein. „Hey. Ist irgendwer hinter dir her oder warum siehst du so aus, als würde dich gleich ein Mörder einholen?" Augenrollend grinste ich sie an und ignorierte ihre Frage. „Hast du das Kleid in meinem Raum hingehangen?" Sie musste schmunzeln. „Gefällt es dir?" „Und wie! Es ist traumhaft, aber warum ist es hier?" „Nun ja, da ich dir schon den Job als Brautjungfer aufgezwängt habe, dachte ich mir, dass das ja auch einen positiven Nebeneffekt für dich haben könnte." Verwirrt sah ich sie an. „Du schenkst es mir?" „Na klar!" „Aber der Preis ist viel zu teuer! So was kann ich doch nicht von dir annehmen Jen!" „Natürlich kannst du es annehmen! Außerdem bin ich ein bisschen selbstsüchtig und möchte, dass jedes kleinste Detail bei meiner Hochzeit perfekt ist. Und wer wäre ich, wenn meine Brautjungfer ein nach nichts aussehendes Kleid tragen müsste?" „Oh mein Gott. Danke!!! Du bist einfach fabelhaft! Wie kann ich dir das je zurückgeben?" Sie lachte auf und umarmte auch mich, als ich mich in ihre Arme stürzte, nachdem sie aufgestanden war. „Du musst mir gar nicht danken. Ich bin froh, wenn es dir gefällt!" „Das tut es!" Dann löste ich mich wieder von ihr und grinste noch immer über beide Ohren. „Woher wusstest du überhaupt, dass das Kleid ein Traum für mich ist? Hast du mich im Laden damit gesehen?" Sie lachte. „Nein. Ich nicht." Irritiert sah ich sie an. „Aber wer...?" „Ich kann es auch noch kaum glauben, aber mein Bruder hat mir nach der Anprobe den Tipp gegeben und meinte, das würde dein Kleid sein." Ich nickte verwundert. Meine Vorahnung hatte sich also bestätigt. Er war der Einzige gewesen, der mich in dem Laden gesehen hat. Und nun hat er es Jennifer erzählt. Ich wusste nicht, was ich davon hielt. Um meine gemischten Gefühle Jennifer nicht zu zeigen, umarmte ich sie noch mal. „Dankeschön Jennifer. Für alles." Sie nickte in meiner Halsbeuge, als eine Stimme ertönte. „Das ich das noch einmal sehe, hätte ich nicht gedacht." Am Türbogen stand Rory, der uns schmunzelnd beobachtete. Mit roten Wangen löste ich mich wieder von seiner Verlobten. Auch sie löste sich von mir und nickte dann ihrem Verlobten bedeutungsvoll entgegen. „Ich glaube es ist so weit, dass ihr endlich redet." Sie gab meinen Bruder einen Kuss auf die Wange, verließ den Raum und ließ uns beide allein. Nervös sah ich den jungen Mann vor mir an, aber dann fasste ich einen Entschluss. Langsam setzte ich mich auf das Sofa und klopfte auf den Platz neben mir. Er folgte meiner Bitte und setzte sich neben mich. „Weißt du Rory, vielleicht lag ich mit allem komplett falsch." Und so begann ich, mich mit meinem Bruder endlich zu versöhnen. Nur das ich dieses Mal keine Lügen mehr auftischte. Er hörte mir aufmerksam zu und war vollkommen überrascht, als ich endlich über meinen Schatten gesprungen war und die ganze Wahrheit erzählte. Besonders die Sache mit Phillip ließ ihn ein paar Mal die Stirn runzeln. Trotzdem unterbrach er mich kein einziges Mal, bis ich schließlich fertig war und ihm nervös in die Augen sah. „Und ich dachte schon, dass du MIR wegen allem die Schuld gibst." Wie falsch er doch lag. „Oh Rory...". Am Ende des Liedes lag ich in seinen Armen und er streichelte mir den Rücken. Ich fühlte mich von einem Teil meiner Last befreit und war erleichtert, dass Rory nun die ganze Geschichte kannte. Zwar wollte ich es nicht laut zugeben, aber er hatte mir unglaublich gefehlt. „Wieso hast du mir nicht alles schon viel früher erzählt? Ich hätte es doch verstanden Süße." „Ich weiß." flüsterte ich. „Willst du ihm denn noch eine Chance geben?" „Ich weiß es nicht. Ich weiß noch nicht mal, ob er es gestern ernst meinte." „Das findest du aber nicht heraus, wenn du hier drinnen bleibst und nicht nach ihn suchst." „Mmmh, da hast du wohl recht." seufzte ich. „Er und paar alte Bekannte von seiner Familie, die heute Morgen angekommen sind, als du noch geschlafen hast, wollten zum Strand. Ich glaube, da solltest du auch hin." Ich stützte mich auf und sah in das ernste Gesicht meines Bruders. „Denkst du, ich sollte ihm verzeihen?" „Ich denke, dass ihr euch aussprechen solltet. Und erst dann würde ich mich entscheiden, was das zwischen euch wird." „Hätten wir denn überhaupt eine Chance?" „Eve, du solltest nicht so viel nachdenken, sondern einfach machen. Liebe ist scheiße und kompliziert. Oft ist sie überfordernd, anstrengend oder einfach nur schlecht, und wenn man sie nicht richtig versteht, kommt es oft zu Problemen." Ich grinste. „Und das sagt jemand, der morgen heiratet." Er gluckste. „Wie gesagt, Liebe ist nicht einfach zu verstehen! Aber eins muss man bedenken: Sie ist auch der Teil, der uns schlimme Zeiten überstehen lässt. Sie ist das, was das Leben erst lebenswert macht." Wir lächelten beide und mir kamen fast die Tränen. Seit wann war mein Bruder ein Philosoph? Ich sah ihm tief in die Augen. „Es tut mir leid." „Mir auch, Eve. Mir auch." Er seufzte, grinste mich dann aber frech an. „Und jetzt mach, dass du davonkommst. Sonst ist Phillip schon längst Tod, bevor du ihn suchen gehst!" Wir standen beide auf und ich hob abwehrend die Arme. „Ich gehe ja schon."

Warum immer du ?Where stories live. Discover now