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"Ich will auf die Toilette", sagt er.

Jeongguk P.o.V.

Taehyung verschwindet stürmisch aus der Tür und ich verziehe meine Lippen zu einem Schmollmund. Jetzt bin ich dazu gezwungen, im Unterricht aufzupassen.
Aber obwohl Taehyung nicht mal da ist, fällt mir das schwer. Ich habe grade einfach keine Lust und Motivation für Physik und so starre ich einfach bedeutungslos auf meine Notizen.

Es vergehen bestimmt 10 Minuten und Taehyung ist immer noch nicht zurückgekommen. Das scheint auch die Lehrerin bemerkt zu haben, denn sie schaut seufzend auf ihre Uhr und dann in den Raum. Als ihr Blick bei mir hängen bleibt, blitzt es in ihren Augen auf.

"Jeongguk, wärst du bitte so nett, nach Taehyung schauen zu gehen?", fragt sie in einem netten Tonfall und obwohl mein Herz droht über diese Aussage auszurasten, kann ich ihr diesen Wunsch schlecht abschlagen. Immerhin käme das kindisch rüber. Aber warum ich? Mich hat noch nie ein Lehrer zu irgendetwas aufgefordert.

Nickend stehe ich jedenfalls auf und gehe in einem langsamen Tempo auf die Eichenholztür am anderen Ende des Raumes zu. Alle starren mich an und sobald ich das bemerke, lege ich instinktiv einen Zahn zu.

Vor der Tür bleibe ich wieder stehen.
Irgendwie ist mir die Vorstellung, Taehyung alleine zu suchen, peinlich, obwohl ich doch einen guten Grund habe. Aber nachdem er mich eben so angeschaut hat, denkt er bestimmt ich laufe ihm hinterher.

Aber je länger ich warte, desto schlimmer mache ich es, also raffe ich mich schlussendlich auf und schlage meinen Weg zu den Jungsklos ein.

Wir hatten schon einmal einen Fall, bei dem sich ein Junge auf einer Toilette eingeschlossen hatte und nicht mehr rauskam. Vielleicht brauchte Taehyung auch grade Hilfe. (A/N: hatten wir wirklich. 3 mal, die gleiche Person.) Aber noch bevor ich die Klinke zu den Toiletten runterdrücken kann, bemerke ich im Augenwinkel eine Bewegung.

Unsere Tür zum Schulhof steht, wegen dem guten Wetter, sperangelweit offen und so kann ich einen Blick auf einen verzweifelt aussehenden Jungen in einer Jeansjacke, mit einem Muster am Rücken erhaschen, der auf einer Bank hockt und seinen Kopf in seine Hände stützt. Er sitzt zwar mit dem Rücken zu mir gewandt, aber diese Jacke würde ich unter tausenden erkennen, immerhin habe ich sie in unseren Läden noch nie gesehen. Es war ein aufgestickter Tiger auf seinem Rücken und ich denke, es passt sogar relativ gut.

"Taehyung?", rufe ich quer über den Schulhof, während ich aus der Tür trete. Er dreht überrascht den Kopf zu mir und zieht die Augenbrauen hoch, sieht dann aber relativ enttäuscht aus, sobald er mich erkennt. "Ach du bist es", grummelt er, gerade noch laut genug, dass ich es hören kann. Ich kratze mich verlegen am Hinterkopf und nähere mich ihm weiterhin unsicher und mit schwankenden Schritten.

"Frau Kim meinte, ich soll dich suchen gehen", nuschel ich und komme nun neben der Bank zum Stehen. "Schön", brummt er und schenkt mir nicht einmal einen Blick, aber im nächsten Moment zischt er unerwartet auf und zieht seinen Fuß zurück. Ich vernehme ein leises "Autsch", ehe er zu mir hochguckt und mich anlächelt.

"Ja, danke, ich hab die Zeit aus den Augen verloren", sagt er diesmal freundlicher, aber ich höre in seiner Stimme eine gewisse Anspannung.

"Gehen wir zurück in die Klasse?", fragt er, immer noch lächelnd und steht auf. Ich bin total verwirrt von diesem plötzlichen Stimmungsumschwung, hinterfragte es aber nicht, sondern lächele zurück.

Vielleicht bin ich zu leichtgläubig, vielleicht bin ich zu gemütlich, aber ich habe mich wirklich nicht darüber gewundert...

Er will um die Bank herumlaufen, stolpert aber augenblicklich und fällt nach hinten, in meine Richtung. Als wäre nichts passiert, fängt er sich auf, nimmt den Weg um mich und die Bank herum und lächelt mich auch dabei an. "Alles in Ordnung?", frage ich ihn nun doch skeptisch. Er nickt. "Alles in Ordnung, Jeonggukie~", sagt er und geht vor mir ins Gebäude.

Ich bleibe etwas zurück und beobachte ihn von hinten. Wenn der mal nicht wiedersprüchlich ist, weiß ich auch nicht.
Was war das eben eigentlich? Er schien die ganze Zeit abgeneigt, aber plötzlich schien das Schicksal oder eine höher gestellte Macht im Himmel ihn förmlich auf mich werfen zu wollen... und dann noch dieses "Jeonggukie".

Bei diesem Gedanken schaue ich lächelnd auf den Boden, und vergesse fast schon die anderen Vorfälle. Vielleicht hab ich es nur falsch aufgefasst, und das ist einfach seine Art? Das wird es schon sein.

Wir kommen bei unserem Klassenraum an und er zieht die Tür auf, will eintreten, dann hält er aber inne und geht einen Schritt zurück. Ich schaue ihn verwundert an, aber er macht eine Handbewegung und lächelt mich wieder überfreundlich an. "Nach dir", nuschelt er und diesmal macht mir diese Stimmlage fast schon Angst.

Ich gehe aber dankend durch und beobachte dann, wie er anschließend selber mit wieder normaliesierten Gesichtszügen den Weg zu seinem Platz findet.

Merkwürdig...

𝐅𝐀𝐊𝐄 𝐖𝐎𝐑𝐋𝐃.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt