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"Oh sorry, was hast du gesagt?"

Taehyung P.o.V.

"Nichts, ich hab nur gefragt... ich dachte nur, wir könnten vielleicht eine Pause einlegen?", sage ich und hoffe, dass das die richtige Aussage war, und jetzt nicht urplötzlich ein Schrank mit dem Gewicht eines Blauwals auf mich fällt. Aber keine negative Reaktion folgt, und keine negative Reaktion ist eine positive Reaktion.
"Vielleicht frische Luft schnappen gehen? Wir sitzen ja schon stundenlang an diesem Gedicht. Mein Kopf tut schon weh", beschwere ich mich und lege mir zimperlich eine Hand an die Schläfe.

Es ist zwar nicht gelogen, dass ich eine Pause will, aber Kopfschmerzen habe ich noch nicht. Nur weiß ich, dass er so am ehesten sein vorbildliches Verhalten, die Arbeit erst fertig zu kriegen, um danach erst eine Pause einzulegen, aufgeben wird. Jedenfalls setze ich darauf, dass ihm meine Gesundheit wichtig genug dafür ist.

"Äh ja klar", sagt er und sein Blick huscht besorgt und unsicher flüchtig über den Bildschirm, der die nicht fertige Präsentation in grellem Licht aufleuchten lässt, sagt aber nichts weiter dazu. Ich seufze innerlich, denn nun wird er den restlichen Tag oder wenigstens die kommende Stunde mit schlechtem Gewissen verbringen, aber hoffentlich ist das noch nicht genug für eine Bestrafung.

"Hier in der Nähe ist doch ein Park, nicht?", frage ich also unbeirrt und tue unsicher. Natürlich weiß ich, dass hier ein Park ist, jeder weiß das.
Aber das sein Leben keine Privatsphäre hat, sollte er lieber nicht wissen.

"Uuh..", macht er in Gedanken versunken, als würde er sich ebenfalls nicht sicher sein, bis sich meine gesagten Worte in seinem Kopf anscheinend zu einem Satz zusammenfügen. "Äh Park!", ruft er nämlich plötzlich. "Ja, wir haben einen, möchtest du dahin?"

Ich nicke lächelnd. Oh gott, den Jungen hat es wirklich erwischt. Wie kriege ich ihn unauffällig dazu sich zu entlieben, ohne mein Leben auf's Spiel zu setzen?
Ich werde ihm wohl Makel zeigen, und es als Tollpatschigkeit tarnen müssen... aber bin ich zu einem solch guten Schauspiel in der Lage? Mir bleibt wohl keine Wahl, als das herauszufinden.

"Na dann los", grinse ich, und stehe auf, wobei meine Wangen bereits weh tun von dem ganzen Gesichtsmuskeln-anspannen. Ich lächele normalerweise wirklich selten und auch zwinge ich mich zu keinen Förmlichkeiten in Umgebung fremder oder mir unsympathischer Menschen. Aber wer fragt schon nach meinem Wohlbefinden.

"O-okey", Jeongguk steht auf und öffnet seine Zimmertür, um mir den Vortritt zu lassen. Es ist schon traurig wie naiv dieser Junge ist, gemacht wurde und nicht einmal davon weiß.

Wir huschen die Treppen runter und als ich meine aufgehängte Jacke erblicke entfährt mir ein erleichtertes Aufseufzen und ich spüre fast schon Vorfreude. Ich schnappe sie mir flink und ziehe sie rasch über, aber grade als ich den Reißverschluss zuziehen will, bemerke ich ein Augenpaar, das noch schnell versucht soviel vom Anblick in sich aufzunehmen wie möglich. Also versuche ich ihn zaghaft zu schließen, fast schon bange, dass es mir nicht möglich sein wird.
Und wie als hätte ich es geahnt, erleide ich einen minimalen elektrischen Stoß von dem dünnen Metall, als ich die Hälfte überquere. Genervt öffne ich ihn wieder und frage: "Ich glaube es war nicht allzu kalt, richtig?"

Jeongguks Gehirn hat wieder Probleme mir zu folgen, denn anscheinend muss es erst verdauen, dass ihm der Anblick nicht verwährt bleiben wird, aber dann nickt er scheu. "Okey, dann los", fordere ich in einer gezierten Tonlage auf, und zwinge mir das Lächeln bis zu den Augen.

Wir verlassen das Haus und auf den ersten Metern draußen läuft uns ein höchst auffällig "verliebtes" Pärchen über den Weg. Ich schaue weg.

Da es mir innerhalb von Minuten zu langweilig geworden ist, neben diesem begriffsstuzigem, verliebtem Ding zu laufen, das vor Herzrasen anscheinend kein Wort rauskriegt, entscheide ich ausnahmsweise mal selber die Konversation zu leiten.

"Ich fasse es nicht, dass du nicht wusstest, ob ihr einen Park in der Nähe habt", kichere ich, "würde ich neben einem Park wohnen, würden meine Eltern mich nirgends sonst finden."
Und das ist nicht einmal gelogen, aber ich gehe davon aus, dass unser Junge hier nicht sehr naturbegeistert ist.
"Wirklich?", sagt er jedoch widererwartend mit großen Augen, "also wenn du willst, kannst du... kannst du... also wir könnten öfter... nur wenn du natürlich... also..", stammelt er und ich kriege gleich die Krise.

"Also wenn das eine Einladung sein soll, nehme ich sie gerne an", grinse ich, um sowohl ihm also auch mir das Gestotter zu ersparen, und beobachte, wie sich seine Gesichtsfarbe langsam aber stetig von porzelanweiß in kadmiumrot verwandelt.
Dann ist es still. Uns läuft ein weiteres händchenhaltendes Pärchen über den Weg und starrt uns diesmal aber intensiv an. Ich drehe erneut den Kopf weg.

".. das stimmte übrigens nicht", sagt mein anscheinend vom Schicksal als erster Beziehungspartner bestimmter Freund. "Was stimmt nicht?", erkundige ich mich verwirrt, denn ich weiß nicht worauf er hinauswill. "Dass ich es nicht wusste.. das mit dem Park", sein Blick ist dabei auf den Boden gerichtet, "ich verlasse nur selten das Haus, weil ich glaube, dass meine Eltern nur stolz auf mich sind, wenn ich sehr gute Noten habe. Also lerne ich lieber", nun schaut er auf, und seine Augen scheinen einen traurigen Schimmer zu haben.

Diese Aussage machte absolut keinen Sinn. Er braucht doch nicht lernen, um gute Noten zu kriegen, ausgerechnet er nicht. Und seine "Eltern" würden ihr Verhalten nicht ändern, egal was er an Noten schreibt. Und er hat doch den größten Teil an freier Zeit von uns allen. Also warum sollte er?
Ich sah verwirrt aus.

"Haha, ich weiß das klingt seltsam..", er lächelt irgendwie traurig. "Ich verbringe ja auch Zeit mit meinen Freunde- ich meine mit Jimin.. aber ich.. ich weiß das klingt wirklich bescheuert, aber ich hoffe mir, dass... dass meine Eltern mich mehr lieb haben sobald ich etwas großes erreicht habe", sagt er und ich sehe in seinen Augen, dass er sich dieses Ziel wirklich gesetzt hast.

Ich lache nervös. "Aber deine Eltern lieben dich doch schon." Das war vielleicht die Wahrheit, vielleicht aber auch nicht. Aber ihr Job war es jedenfalls, es so rüberkommenzulassen.

"... ja.. ich weiß, ich weiß, aber... ach was tue ich hier überhaup-", er wird von einer Person unterbrochen, die ihn zufällig anrempelt. Überraschenderweise ist es ein Mädchen, das mit einen Jungen Händchen hält. Das ist eine Warnung an mich.
Diesmal tue ich wie mir Befohlen, aber statt, nach seiner in seiner Jackentasche vergrabenen Hand zu greifen, hake ich mich bei ihm ein und schlinge meinen Arm um den seinigen.

Er schaut überrascht zu mir und ich lächle ihn bloß an. Diesmal aber ehrlich, denn er tut mir plötzlich irgendwie leid...

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Heyoo...

𝐅𝐀𝐊𝐄 𝐖𝐎𝐑𝐋𝐃.Where stories live. Discover now