6 ⇴ Ice Cream

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Will hatte ich bescheid gesagt, dass er mich am Eisstand in der Nähe der Betreuung später abholen sollte.

Nun standen wir an der Diele und ich sah Ebens Gehirn rauchen, als er überlegte welche Sorten er nehmen wollte.

"Ich nehme Erdbeer und Schoko" sagte er zum Mann an der Theke.

Typisch. Kinder wollten immer nur Schoko, Vanille und Erdbeereis haben.

Der Eis Mann grummelte etwas Unverständliches vor sich hin. Amscheinend hatte er heute nicht so einen guten Tag. Ich konnte es verstehen. Ich würde auch nicht so gerne mich um 7 Uhr morgens hier her schleppen, nur damit ich Eis verteilte und nicht einmal viel Geld verdiente.

Er schöpfte die drei Eiskugeln in einen Eisbecher und steckte ihn in den Halter. Ich drehte meinen Kopf zu Trenton und auch der Verkäufer drehte seinen Kopf zu ihm. Als er merkte wen er vor sich hatte, weiteten seine Augen. Dann wendete er seinen Kopf zu Eben und dann zu mir. Ich lächelte einfach nur freundlich.

"Ich möchte..." Trenton hielt inne und schaute sich dann nochmal die Eissorten an. "... Schokolade, Vanille, Erdbeere, Haselnuss, Stracciatella, Yoghurt, Amarena, Himbeere, Mango und Maracuja."

Ich hatte ab Haselnuss aufgehört mit zu zählen, wie viele Eiskugeln er haben wollte. Ich wusste insgeheim schon, worauf er hinauswollte.

Er hatte jede Eissorte, die es hier gab, der Reihe nach aufgezählt. Mir entging das Lächeln nicht, dass Trenton auf die Lippen des Eis-Manns gezaubert hatte.

"Und von jeder Eissorte jeweils 2 Eiskugeln" schob Trenton hinterher. Unglaublich schaute ich Trenton an.

Mir fielen 2 Sachen auf einmal auf. Erstens, dass Trenton, der angeblich kalte Bad Boy gar nicht so kalt und düster war und zweitens, dass der Verkäufer in schallendes Gelächter ausgebrochen war.

Interessant. Er musste große Stimmungsschwankungen haben, wenn er zuerst verängstigt und jetzt glücklich gewesen war.

Ich dagegen konnte nicht mit lachen, da mir gerade einfiel, dass ich ca. 35 Dollar für eine Entschuldigung bei Trenton hinwarf. Naja so schlimm war es auch nicht. Denn er hatte ja mein Leben gerettet. Dagegen waren 35 Dollar nichts.

Wir warteten eine halbe Ewigkeit, bis der Mann die ganzen Eissorten in vier verschiedene Becher geteilt hatte.

Trenton gluckste die ganze Zeit vor sich hin und ich rollte bei jeder Eiskugel, die der Mann in die Becher stopfte, meine Augen. Im Grunde genommen brauchte der Mann sogar sechs Becher. Und ich meinte die Großen.

Ich wollte Will die Augen auskratzen und ihn dafür beschuldigen, dass ich die ganzen Konsequenzen für ihn spüren musste, aber teilweise war ich selber Schuld. Nicht Will, sondern ich wollte mich bei Trenton entschuldigen.

Als der Eismann die Becher fertig hatte bezahlte ich und netterweise gab mir Trenton zwei Becher und behielt die anderen vier für sich, sodass ich mir nicht selber nochmal Eis kaufen musste.

"Woher kennt ihr euch eigentlich" fragt Eden, als wir uns endlich hingesetzt hatten.

"Vom Rennen letzte Nacht."

Eben nickt verständlich. "Ich wusste aber nicht, dass Cara solche Rennen fährt. Sie weiß ja nicht einmal was eine Trommelbremse ist."

Trentons Mundwinkel zucken und ich gebe einen frustrierten Seufzer von mir.

"Sie fährt nicht. Aber ihr Bruder tut es." Er lässt das alles so verschwörerisch klingen.

"Ist dein Bruder gut" fragt Eden.

"Ich habe ihn erst einmal fahren sehen, frag Trenton doch. Er ist ja so ein Profi" flüstere ich geheimnisvoll. Eden schaut erwartungsvoll Trenton an und mich interessierte es auch, was er von Will hielt.

Trenton hob resigniert die Hände und blockte. "Woher soll ich es wissen."

"Er ist schlecht, oder?" frage ich ihn. Er hob, immer noch resigniert, die Schulter. "Er war mal gut. Bis etwas vorgefallen ist, seitdem ist er nur noch verbissen darauf jedes Wettrennen zu gewinnen und verliert sie doch alle."

"Was ist passiert?" Meine Stimme wird ganz piepsig, da ich gerne die Antwort wüsste. Vielleicht hatte er doch mit Drogen gedealt.

"Das solltest du ihn selber fragen."
Seufzend ließ ich mich in meinen Stuhl fallen und schaute ihn prüfend an. Er erwiderte meinen Blick intensiv. Wir beide starren uns an, bis mein Handy piepst.

Es war Will, der bescheid wissen wollte, wann ich abgeholt werden sollte. Ich schrieb ihm, dass er in einer halben Stunde hier her kommen sollte.

"Da hinten ist Cathy. Ich gehe mal zu ihr" ruft Eben erfreut auf.

Sein Eisbecher ist schon leer, während ich erst mit der ersten von zehn Kugeln fertig war.

"Cathy, Cathy" schreit Eben erfreut.
Sogenannte Cathy dreht sich um und winkt Eden zu, als sie ihn sieht.

Eben schiebt sein Stuhl zurück und ist im nächsten Moment verschwunden.

"Warum fährst du die Rennen" frage ich nachdem ich Eden nicht mehr sehe.

"Warscheinlich aus Spaß." sagt Trenton schulterzuckend.

"Aber ist dir das nicht zu riskant?"

"Ich habe eh nichts zu verlieren" Trentons Blick schweift ab. "Und was ist mit deinem Bruder?" Seine Augen richten sich wieder auf mich. "Mein Bruder hat noch meine Eltern" er schnauft, als er sie erwähnt, "er wird schon klar kommen, falls ich..." er stockte, "im Knast lande."

Ich überlegte. "Trotzdem macht das niemand freiwillig oder? Du könntest ein ganzes Leben daran verlieren."

"Ich brauche diesen Adrenalin-Kick einfach. Er fühlt sich gut an."

Ich weiß nicht, woher ich meinen Mut nahm, aber als die Worte meinen Mund verließen war es schon zu spät. "Zeig es mir" sagte ich.

"Was genau meinst du" fragt er.

"Ich meine wie das mit den Rennen funktioniert, wie man sowas macht. Den Adrenalin."

"Ich dachte niemand macht das freiwillig" spöttisch verzog er seinen Mund. Er lehnte sich im Stuhl zurück und begaffte mich. "Aber ich glaube ich würde das hinkriegen mit dir."

"Du würdest das hinkriegen?" Meine Skepsis hatte ich überwunden, aber mein Stolz hielt mich davon ab, mein Angebot wieder zurück zu nehmen.

"Ich meine, dass nicht jeder Potenzial hat Autorennen zu fahren" meint er dann.

"Pfft, als wäre das schwer" ich mache eine wegwerfende Geste und schaue ihn fragend an. "Also wann gehts los?"

"Kannst du überhaupt Autofahren?" Der Spott in seiner Stimme war unüberhörbar.

"Klar kann ich das."

"Ich sehe nämlich jeden Morgen, wie dein Bruder dich fährt." Das Grinsen erreicht seine Augen und süße Lachfältchen bildeten sich neben seinen Augen, wobei ich kurz vergaß worüber wir redeten.

"Stalkst du mich etwa?" Sein Lächeln vertiefte sich.

"Nur damit ich eine Situation wie gestern vermeiden kann."

Ich fange an zu lachen.

"Aber zurück zu deiner Frage" sagt er, "Ich brauche viel Zeit um dir das bei zu bringen, also warscheinlich nicht so bald."

"Sag mir dann einfach bescheid, wenn ich dich überhaupt noch in der Schule sehe und wenn du nicht plötzlich krank wirst, wie heute." Ich beobachte ihn kurz. "Ich sehe ja, dass deine Krankheit dich bettreif macht." Ich mustere ihn "Männerschnupfen und so" murmle ich leise.

"In der Tat" lacht er.

Drive Fast | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt