43 | Realität

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,,Bin ich blind oder gehst du Namjoon aus dem Wege?", fragt mich Yeji und ich verharre in meinen Bewegungen. Yoongi, der gegen über von mir sitzt, schaut sofort zu mir.

Nein, so gut wie jeder, der am Tisch sitzt, sieht zu mir.

,,Ist mir gar nicht aufgefallen", höre ich Jungkook murmeln. Jimin stimmt mit ihm ein.

,,Wir hatten eine Auseinandersetzung", gestehe ich und Hoseok hebt überrascht seine Augenbrauen. Er wirft seiner Schwester einen schnellen Blick zu und schaut dann wieder zu mir.

,,Hat es—", er klingt zögernd.

,,Können wir das Thema wechseln? Es ist unangenehm", ich klinge schroffer als gedacht. Jeder am Tisch hält inne, abgesehen von Yoongi.

,,Y/n, es ist okay, wenn ihr in meiner Anwesenheit darüber redet, was früher mit Namjoon war", sagt Yeji sanft und lächelt dennoch etwas unsicher.

Ich räuspere mich kräftig, ein Anzeichen, dass ich gehen will.

,,Ich gehe schon mal vor. Der Unterricht beginnt gleich und mein Geschichtslehrer hasst Verspätungen", gebe ich schnell von mir und stehe auf. Ich packe mein Frühstück ein und schultere anschließend meine Tasche.

Besorgte Augenpaare (abgesehen von Yoongi, der jetzt mit seinem Handy beschäftigt ist) blicken mir entgegen. Ich wage es nicht zu lächeln, weil mir echt nicht danach zu Mute ist.

Also drehe ich mich von ihnen weg und gehe aus der Cafeteria. Mit schweren Schritten gehe ich in die Richtung meines Spindes und seufze schwer. Der ganze Konflikt zwischen mir und Namjoon sitzt tief und ist so verdammt kompliziert. Es liegt zwar wenige Jahre zurück, aber dennoch.

Obwohl er immer wieder bestätigt, dass er mich nur noch auf freundschaftlicher Ebene respektiert, klingeln bei mir die Alarmglocken.

Positiv zu denken— bei dieser Sache— das ist nicht meine Stärke.

Besonders verwirrend wird es, wenn die Person, die Namjoon dated, eine Freundin von mir ist. Eine Enge.

Und noch schwerwiegender ist es, wenn die enge Freundin mich nicht hasst. Es respektiert, dass ihr jetziger Freund mal etwas für mich empfunden hat. Es sollte eigentlich gut für mich sein, aber mein Hirn, will es nicht wahrhaben. Ich habe Angst, dass dieses Kartenhaus, welches sich über diese ganze verstrickte Vergangenheit und Gegenwart erstreckt, irgendwann zusammenbricht.


,,Ich denke mal wieder zu viel nach", wispere ich schon fast und komme letztendlich an meinem Spind an. Genervt öffne ich ihn und hole meine Geschichtssachen raus.




Es ist zum Schreien.






,,Y/n", sagt jemand plötzlich und ich schwöre, dass mein Herz für eine Sekunde stehengeblieben ist.

Ich atme scharf ein und drehe mich zu der besagten Person.


Ich erwarte, dass seine Augen so kühl sind wie immer, aber diese fremdartige Sanftheit in ihnen wieder zu finden, versetzt mir einen leichten Tritt.

,,Warum bist du mir hinterher?", frage ich meinem gegenüber langsam.

,,Ich wurde gezwungen", erklärt Yoongi schlicht und versucht ein Lächeln. Er schlägt jedoch fehl und räuspert sich.

Meine Gesichtszüge regen sich nicht.

,,Ich bin freiwillig hinter dir her", sagt er dann und ich hebe vielsagend meine Augenbraue.

,,Okay und jetzt?", hake ich nach und Yoongi seufzt tief.

,,Du machst dir zu viele Gedanken, Y/n", sagt Yoongi und stellt sich nun genauer vor mich hin, sodass ich zu ihm hochschaue.

,,Alles liegt in der Vergangenheit und—"

,,Was weißt du schon?", will ich wissen.

,,Namjoon hat mir heute von eurem Streit erzählt", antwortet er und ich stöhne frustriert auf.

,,Toll", murre ich und blicke für eine Weile an Yoongi vorbei.

,,Es tut ihm leid, Y/n", sagt Yoongi. Aber ich reagiere nicht.




,,Und mir tut es auch leid. Nicht wegen der Sache mit Namjoon, sondern wegen der Sache von vor ein paar Jahren."



Meine Nackenhaare stellen sich sofort auf, während die Luft fast in meiner Kehle steckenbleibt. Gänsehaut übermannt mich und mit überraschtem Gesichtsausdruck blicke ich zu Yoongi, dessen Gesichtszüge noch weicher geworden sind.

Diesen Moment habe ich mir zu oft ausgemalt. Und jetzt ist er hier.

Und Yoongi steht vor mir und sagt es mir persönlich.

,,Warum erst jetzt?", frage ich zurück.
Yoongi vergräbt seine Hände in seine Hosentaschen und nimmt eine schlichte Körperhaltung ein. Er tritt einen kleinen Schritt zurück, sodass ich nicht mehr zu ihm hochschauen muss.

,,Keine Ahnung", sagt er dann ehrlich und ich schlucke das aufkommende bittere Gefühl runter.

Keine Ahnung.

,,Weil der Moment jetzt hier richtig war?", ich kann nicht verhindern, verletzt oder gar wütend zu klingen.

Zu meiner Überraschung weiten sich Yoongis Augen und etwas wie Panik huscht über seine Gesichtszüge.



,,N—nein", er hat gestottert.

,,Lass gut sein—"

,,Wenn", sagt er lauter als geplant— jedoch wird er wieder etwas leiser, während er weiterspricht, ,,wir mit der Sache fortfahren, dann sollte wenigstens alles ausgesprochen sein."

,,Ah", mache ich vielsagend und Yoongi nickt langsam.

,,Dann erzähle mir mal bitte, warum du mich voll all den Menschen bloßgestellt hast", ich versuche ruhig zu klingen, meine Gefühle in Schach zu halten.

Yoongi schweigt.

,,Yoongi", sage ich mit Nachdruck.

,,Ich..der Grund ist dumm", sagt er nur zurück und ich schnaube.


,,Du bist dumm", sage ich gereizt.

,,Hör auf unnötig Streit anzufangen, also wirklich", mein gegenüber verdreht nun etwas genervt seine Augen.

,,Gut, dann gehe ich", sage ich nur und gehe an ihm vorbei. Jedoch komme ich nicht weit, da er nach meinem Oberarm greift und mich zum Stehenbleiben bringt. Yoongi tritt dann vor mich und lässt meinen Arm los.

Sein Blick ist mit einem Male ernst.

,,Du willst, dass ich auspacke?", fragt er mich dann.

,,Ja", sage ich ungeduldig.

,,Gut", erwidert Yoongi und ich werde hellhörig.



,,Ich war wütend, traurig, verletzt. Mein jüngeres Ich wusste nicht, wie man genau damit umgeht und dann warst du da. Dir ist etwas passiert und ich habe diesen Vorfall ausgenutzt, um meine Gefühle in Schach zu halten, wenn nicht zu unterdrücken. Mich von all den Problemen abzulenken."


Während er mir das alles erzählt, blende ich alles um mich herum aus.
Seine Stimme klingt mit einem Male so, als wäre er in einem Tunnel.

Ich sollte mich erleichtert fühlen.









Das tue ich aber nicht.

HATE MATE | m.yg x Reader ✔︎ [texting]Where stories live. Discover now