14.

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Langsam öffne ich meine Augen, die durch die Sonnenstrahlen geblendet werden. Was ich erblicke ist keine Autobahn oder ähnliches, sondern eine Gardine, die ein kleinen Spalt geöffnet ist, wodurch die Sonnenstrahlen durchscheinen. Gähnend setze ich mich auf und muss mich sofort dabei strecken. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich in ein fremdes Bett liege, in einem fremden Raum. Ich blicke mich um und betrachte das Schlafzimmer. Die Wände sind alle schlicht weiß, außer die hinter mir, die einen dunklen blau Ton hat. Ich lasse meinen Blick weiter schweifen, als er bei einem Bild halt macht, welches über einer Kommode aus Holz hängt. Es ist ein schwarz weißes Bild und zeigt die Brooklyn Bridge in New York.

Plötzlich blende ich alles aus und frage mich im nächsten Moment, wo ich bin und wie ich in diesem Bett gelandet bin.

Wo ist überhaupt Kyle? Hat er mich hierher getragen?

Oder wurde ich etwa entführt?!

Panisch springe ich aus dem Bett und schaue an mir herunter. Ich trage immer noch die selben Sachen, aber meine Schuhe wurden mir ausgezogen. Auf einmal nehme ich leise Stimmen aus den neben Zimmern wahr und blicke sofort zu der Tür, die klein wenig geöffnet ist.

Auf Zehenspitzen tapse ich zur Tür und öffne diese ganz, um in den Flur zu treten. Die Stimmen sind nun ein wenig lauter zu hören, aber immer noch unverständlich.

Es hört sich weiblich an....

Neugierig gehe ich weiter in die Richtung wo die Stimmen herkommen und komme somit in einem kleinen Wohnzimmer mit einer offenen Küche an.

Meine Augen weiten sich als ich die Szene erblicke, die sich vor mir abspielt.

Kyle sitzt Oberkörper frei auf der Küchenplatte, während ein Mädchen in seinem Alter vor ihm steht und seine Wunde neu verarztet. Beide schauen sehr konzentriert auf die Wunde und irgendwie spüre ich einen winzigen Stich bei diesem Anblick. Wie sie sich so nahe stehen.

Das Mädchen ist ganz groß, im Gegensatz zu mir. Mit meinen 1,67m bin ich bestimmt einen ganzen Kopf kleiner als sie. Sie trägt ein großes Jungs Shirt und darunter eine weite Jogginghose, die ihr bestimmt auch nicht gehört. Ob sie wohl Kyle gehören?

Und schon wieder breitet sich dieses komische Gefühl in mir aus.

Plötzlich kommt ein weiterer Junge um die Ecke und gesellt sich zu ihnen. Doch bevor ich noch verschwinden kann, entdeckt mich dieser unbekannte Schwarzhaarige und schaut mich stirnrunzelnd an.

"Suchst du etwas vielleicht?"

Nun drehen sich auch die anderen beide Köpfe zu mir, Kyles und der des Mädchens. Mich blicken direkt zwei stechende blaue Augen an, und augenblicklich steigt mir die Röte ins Gesicht, da mir diese Situation überaus peinlich ist. Am liebsten würde ich im Boden versinken, dafür, dass sie mich beim Starren erwischt haben.

"Ähh...n-nein. Entschuldigung. Ich g-gehe wieder."

Sofort, ohne ihnen irgendwas erwidern zu lassen, drehe ich mich hektisch um und gehe mit schnellen Schritten in das Zimmer, wo ich vorher war. Ich schließe die Tür hinter mir und lasse mich in das Bett fallen.

Oh Gott, ist das jetzt unangenehm.

Augenblicklich muss ich wieder an das Bild denken, von Kyle und diesem Mädchen. Ist sie vielleicht seine Freundin?

Naja, dass er eine Freundin hat, hätte ich mir ja schon denken können. Bei so einem Aussehen.... Das Mädchen sah auch schon viele reifer aus und erfahrener, im Gegensatz zu mir.

Ein Klopfen an der Tür holt mich wieder aus meinen Gedanken und ich gebe nur ein leises 'ja', als kurz daraufhin sich die Tür öffnet. Unerwartet kommt das Mädchen von vorhin rein und setzt sich einfach am Ende des Bettes, um mich lächelnd anzusehen. Sie hat braune Augen und schwarz gefärbte Haare.

"Hey, ich bin Savannah. Du heißt Grace, oder?"

Da ich kein Wort herausbekomme, nicke ich einfach nur.

Sie sieht sehr hübsch aus. Im Gesamten wirkt sie sehr freundlich durch dieses Lächeln und den strahlenden Augen, was man im ersten Moment vielleicht nicht wahrnimmt.

"Ok, Grace. Freut mich dich kennen zu lernen."

Ein breites Lächeln erscheint auf ihren Lippen, welches sehr ansteckend ist, sodass ich auch automatisch lächeln muss.

"Wo bin ich hier eigentlich? Und wie bin ich hier gelandet?"

"Oh stimmt, du hast ja geschlafen. Ihr seid heute früh gegen halb vier hier angekommen. Da du geschlafen hast, hat dich Kyle ins Haus getragen und dich ins Bett gelegt."

Sie fängt auf einmal an zu grinsen und schaut mich mit einem Blick an, den ich gar nicht deuten kann.

Augenblicklich kribbelt mein Bauch bei dem Gedanke, dass mich Kyle getragen hat. Doch schnell unterdrücke ich diesen Gedanken und ignoriere dieses Kribbeln.

"Wie spät haben wir es denn?"

"Ähhm, ich denke mal kurz vor zehn."

"Ah ok."

Es ist plötzlich ganz still und mir schwirrt schon die ganze Zeit diese EINE Frage durch den Kopf. Sie liegt mir einfach auf der Zunge und ohne darüber weiter nach zu denken, stelle ich sie einfach.

"Uhm, Savannah?"

"Ja?"

"S-sind du und.....also ist Kyle, d-dein Freund?"

Ich versuche so gut es geht neutral zu klingen, damit sie nicht denkt, dass ich irgendwie eifersüchtig bin oder so. Was mir aber mein Stottern nicht gerade dabei hilft. Dies scheint auch Savannah zu merken, die nun noch breiter grinst als vorher...

"Mhh. Verstehe. Bist du etwa an Kyle interessiert?" Mein Kopf schellt abrupt zu ihr und ich schaue sie mit großen Augen und rotem Gesicht an.

"Was?! Nein!"

"Ahja. Und warum die Frage dann?"

"Weil ich einfach neugierig war, wegen vorhin....Seid ihr denn zusammen?"

"Kyle und ICH?! Nein oh Gott! Das wäre quasi Inzest. Das vorhin in der Küche, da habe ich ihm nur die Schusswunde zugenäht."

Sie hat anscheinend meinen erschrockenen Blick bemerkt, denn sie versucht mich daraufhin aufzuklären.

"Also ich bin auszubildende Krankenschwester. Auch wenn das nicht wirklich erklärt, warum ich weiß wie man eine Schusswund zunäht. Aber ich habe das schon ein paar mal gemacht bei den Jungs. Das erklär ich dir aber wann anders."

"Okaaay. Ich tu mal so, ob wäre das alles normal..."

"Ja haha. Aber trotzdem, dass du dachtest, da wäre was zwischen Kyle und mir. Süß. Glaub mir, Kyle hatte noch nie eine Freundin, nur One Night Stands. Er meint, Gefühle wären nichts für ihn."

Sie fängt an laut los zu lachen und irgendwie finde ich sie sofort sehr sympathisch.

Aber jetzt nicht, weil sie anscheinend doch nicht Kyles Freundin ist und ich irgendwie erleichtert bin, sondern einfach, weil sie so nett, offen und fröhlich ist.

Ob Kyle eine Freundin hat, ist mir egal. Eigentlich.

Aber anscheinend hat er ja wohl keine.

Dass er nichts von Gefühlen hält, hätte ich mir bei seiner kalten Art auch denken können.

"Kyle und ich kennen uns schon richtig lange. Schon seit der Highschool. Anfangs mochten wir uns gar nicht, bis ich seinen besten Kumpel kennenlernte und mich direkt in ihn verliebte. Er heißt Hunter und ist schon seit drei Jahren mein Freund. Das war er übrigens vorhin in der Küche, der Schwarzhaarige."

"Achso. Das heißt, diese Hütte gehört dir und Hunter?"

"Ja genau. Wir sind hier seit einem Jahr eingezogen. Dann hat uns plötzlich vor zwei Tagen Kyle angerufen, dass er zu uns kommt. Ich hab mich sofort gefreut, da er irgendwie zu meinem Bruder geworden ist in den letzten Jahren..."

"Oh. Weißt du denn auch, warum Kyle auf der Flu-...."

Ich kann meine Frage nicht mehr zu Ende führen, da der Besagte genau in dem Moment die Tür öffnet und nun vor uns steht. Er schaut uns mit einem undefinierbaren Blick an, der mich sofort einschüchtert...

ESCAPE  | ✔Where stories live. Discover now