27.

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"Ähm Kyle? K-könntest du mir helfen mein Kleid zu zumachen, bitte?" meine Stimme ist nur ein leises Piepsen, und gerade als ich dachte, dass er mich wahrscheinlich gar nicht gehört hat und mich wieder ignoriert, hält Kyle abrupt inne in seiner Bewegung und schaut mich durch den Spiegel mit einem stechenden Blick an.

Ok, war doch keine gute Idee. Peinlich.

Die bedrückte Stille und vor allem sein überraschter Blick machen mich nur mehr nervöser, als ich es eh schon bin. Mit hochrotem Kopf öffne ich meinen Mund um meine Frage wieder zurückzunehmen, als Kyle dann plötzlich doch unerwartet nickt. Jetzt bind ich diejenige, die ihn überrascht mustert.

Zögerlich dreht er sich vom Spiegel um und blickt mir direkt in die Augen. Mit einer leichten Kopfbewegung deutet er mir, mich um zu drehen. Abrupt erlöse ich mich aus der Starre und drehe ihm zögernd den Rücken zu. Bedacht halte ich mein Kleid vorne fest und erschaudere sofort, als seine kalten Hände meinen Rücken streifen.

Völlig überrumpelt halte ich den Atem an und traue gar nicht irgendeinen Laut von mir zu geben. Das einzige was man in dieser Stille hören kann, sind unser Atem und mein rasendes Herz, welches mir droht herauszuspringen. Und ob würde es nicht schon reichen, spüre ich wie seine Hand langsam den Reißverschluss schließt und dabei immer wieder meine Haut streift. Sein heißer Atem streift meinen Nacken und augenblicklich durchläuft mich ein wohliger Schauer, sowie eine Gänsehaut am ganzen Körper.

Anscheinend hat dies auch Kyle bemerkt, denn ich kann ganz genau sein übliches Grinsen spüren, was ich mal wieder mit einem Augendreh quittiere.

"Fertig." sein raues Flüstern ganz nah an meinem Ohr holt mich wieder in die Realität. Seine rechte Hand ruht immer noch auf meiner Taille, was mich unglaublich aus dem Konzept bringt. Eigentlich allgemein diese Situation.

Hastig drehe ich mich wieder zu ihm um und lache nervös ein Dankeschön, um die Situation ein wenig aufzulockern. Doch wirklich gelingen tut es mir nicht, denn meine Nervosität ich durchaus heraushörbar, woraufhin Kyle mich amüsiert anblickt.

"Ich gehe schon mal vor." mit einem letzten Blick auf mich geht er an mir vorbei und verlässt das Hotelzimmer.

Wie angewurzelt stehe ich noch im Bad und schaue mein Spiegelbild an. Noch ein letztes Mal gehe ich mir durch die Haare um sie zu richten und verlasse dann auch das Zimmer.

Kyle wartete schon am Aufzug und schaute auf seine Uhr. Es war schon stockdunkel draußen, während die Lichter von den Hotels, Bars und Casinos die Stadt beleuchteten.

Die Türe des Fahrstuhls öffneten sich und ein Pärchen trat heraus. Kyle machte ganz gentlemanlike eine Handbewegung, die mir deutete vorzugehen. Es standen noch einige Gäste in Anzügen und Kleider in der Mitte des Fahrstuhls, weshalb Kyle und ich an die hinterste Wand lehnten.

Dass mir dabei einige Männer im Fahrstuhl Blicke zuwarfen und meinen Körpern abcheckte, entging mir nicht. Es war mir plötzlich ein wenig unangenehm und unsicher blickte ich zu Kyle hoch, er direkt neben mir stand. Doch er schaute stur geradeaus ohne jeglichen Gesichtszüge und beachtete niemanden.

Ich wendete mich wieder von ihm ab als die Türen aufgingen und wir alle ausstiegen.

Ein paar Security Leute standen vor einer großen Schiebetür, die sich jedes Mal bei Bewegungen öffnete, und mir einen Blick in das Casino schenkte. Der große und breite Typ von der Security begrüßte uns freundlich und fragte nach unseren Namen. Er schaute in das Tablet nach unseren Namen nach und ließ uns schließlich rein.

"Wow. Es ist unglaublich hier." staunend mit voller Begeisterung schaute ich mich in dem Casino um und sog den alkoholischen Duft ein.

"Ja. Grace?"

"Ja?"

"Geh du schon mal dort drüben zur Bar und warte auf mich. Ich bin gleich wieder da. Geh von dort nicht weg, ok?"

"Alles klar. Ich werde dort warten."

"Gut. Oh und hier." er zückt geschickt sein Portemonnaie raus und überreicht mir 50$. "Bestell uns schon mal was."

"Äh ok. Aber was willst du denn-..." und da hatte er sich schon von mir abgewendet und lief in die andere Richtung.

Ich ging wie er mir befohlen hatte zu der hinteren Bar hinüber und setzte mich elegant auf eins dieser gepolsterten Hochstühlen. Da ich nicht wusste, was ich bestellen sollte, stützte ich meinen Kinn auf meine Hände und beobachtete die Menschen in diesem Casino.

Überall standen haufenweise Gäste in Gruppen und spielten entweder Roulette, spielten an diesen typischen Automaten oder ließen sich volllaufen. Mein Blick schweifte weiter als ich plötzlich von einer tiefen Männerstimme angesprochen werde. Ich drehe mich um und erblicke einen sehr jungen Mann, wahrscheinlich um die 22.

"Hallo. Ich bin Noah." er schenkt mir ein strahlend weißes Lächeln und hält mir freundlich seine Hand zu. Etwas überrumpelt und überrascht zugleich schüttle ich seine Hand und schenke ihm ebenfalls eine freundliches Lächeln.

"Ähm hallo. Ich bin Grace."

"Grace, ein sehr schöner Name. Sowie die Griechische Göttin Grace?"

"Keine Ahnung, vielleicht?" ich schaue ihn unsicher an und lächele dabei schief, worauf er auch grinsen muss.

"Ja, der Name kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Gnade."

"Woher weißt du das?"

"Ich hatte Latein und Altgriechisch an meiner Schule. Ich weiß, das wählt heutzutage fast keiner mehr." er kratzt sich verlegen an seinem Hinterkopf und lächelt schief, wobei sich ein kleines Grübchen breit macht.

"Das voll beeindruckend! Die Sprachen müssen sicherlich sehr schwer sein."

"Ja, die Grammatik ist sehr komplex. Aber im Gesamten finde ich das sehr interessant, vor allem die Geschichte."

Ich schaue ihn überrascht an, da ich das wirklich sehr beeindruckend finde. Immerhin ist das echt nicht leicht, eine tote Sprache zu erlernen. Er lächelt mich freundlich an, was ich einfach nur erwidern kann. Noah wirkt sofort sehr sympathisch mit seinem ansteckenden Lächeln und seiner netten Art.

Im Gegensatz zu Kyle, hat er braune Augen und blonde Harre und nicht so ein kantiges Gesicht. Er trägt ein dunkelblaues Hemd, welches sich über sein relative gut gebauten Oberkörper spannt und dazu eine schwarze Hose.

"Darf ich dich auf ein Drink einladen, Grace?"

Etwas überfordert von dieser plötzlichen Frage, blicke ich um mich herum, um nach Kyle zu sehen. Er ist schon so lange weg. Wo bleibt er denn?

"Danke, aber ich möchte noch keinen Drink."

"Oh achso. Dann, wie wäre es mit ein bisschen Tan-"

"Hey, Babe. Sorry, dass du solange warten musstest, aber Toiletten sind hier alle so voll."

Seine tiefe und raue Stimme ganz nah an meinem Ohr, lässt mich unerwartet zusammenzucken. Und als er seine Arme auch noch um meine Hüfte von hinten schlingt und mir flüchtig einen ganz kurzen Kuss auf die Wange gibt, ist es um mich geschehen, denn sofort steigt die Hitze in meine Wangen und mein Bauch fängt an zu Kribbeln.

"Ähh kein Problem, Kyle."

"Gut."

"Ähm hallo. Ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Noah und gerade ein Freund von Grace geworden." Er schenkt auch Kyle ein freundliches Lächeln, während er mir kurz zuzwinkert. Auch ich versuche krampfhaft ein Lächeln über die Lippen zu bringen, was aber deutlich schwer ist, da Kyle sich abrupt anspannt und mich ein Stückchen näher zu sich zieht.

"Hmm. Freut mich. Ich bin Kyle und seit längerem der Freund von Grace." er sagt die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen, was seinen Kiefer noch kantiger aussehen lässt.

"Freund?" Noah schaut überrascht zwischen uns hin und her, wobei mir der etwas enttäuschte Ausdruck in seinen Augen nicht entgeht.

"Ja Freund."

Fragend schaue ich zu Kyle hinauf, der mich durchdringlich beobachtet, wobei sich seine blauen Augen in meine bohren.

ESCAPE  | ✔Where stories live. Discover now