S I E B E N

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„Musst du unbedingt heute da hin?", erklang Jaspers Stimme über mir. Ich schlug die Augen auf und sah direkt in sein alles andere als begeistertes Gesicht. Die braunen Augen wirkten nachdenklich, die blonden Locken fielen im wild ins Gesicht, als er auf mich heruntersah.

Wir hatten es uns wieder hinter den Kunstkontainern gemütlichgemacht. Penny, Kev, Jasper und ich. Es war ein tolles Gefühl, dass wir vier wieder beisamen waren. Doch insgeheim spürte ich, dass sich etwas gändert hatte. Ich konnte nicht mit Bestimmtheit sagen was es war, aber etwas hatte sich verändert und unterschwellig konnte man es spüren.

„Du solltest froh sein, dass Mel zu dem Gespräch geht. Desto schneller die ganze Sache aus der Welt geschafft ist, umso besser ist es", klinkte sich nun auch Penny ein. Sie fand, wie auch Kevin, dass ein klärendes Gespräch zwischen Cameron und mir eine gute Idee war. Und das Ms Kane dabei sein würde, sei ebenfalls nicht verkehrt.

„Penny hat recht", bestärkte ich meine beste Freundin und gerade, als ich noch etwas anhängen wollte, ließ der laute Gong uns alle zusammenfahren.‌ War die Mittagspause echt schon zu Ende? Von meinem Zeitgefühl her, hatte sie vor wenigen Minuten erst begonnen.

„Das ist dann wohl unser Zeichen zum Aufstehen", kam es von Kevin und kaum waren die Worte draußen stand er bereits. Seine grünen Augen lagen auffordernd auf uns anderen dreien. Widerwillig richtete ich mich auf, sodass Jasper aufstehen konnte. Zuvor hatte mein Kopf noch auf seinem Schoss geruht und ich zur Hälfte auf dem Gras gelegen. Nachdem auch Penny aufgestanden war, machten wir uns auf den Weg in unsere Klassenräume.

Die letzten Unterrichtsstunden verflogen wie im Flug und ich fand mich schneller im Musiksaal wider, als mir lieb war. Obwohl ich der Aussprache mit Cameron langsam etwas abgewinnen konnte, so hatte ich gleichzeitig doch meine Bedenken.

Ms Kane saß bereits an einem der Tische, als ich in den großen Saal eintrat. Als sie mich erblickte, legte sich ein freundliches Lächeln auf ihre Lippen.

„Hallo, Ms Callahan", begrüßte sie mich. „Sie können sich hierhin setzten." Sie deutete auf den Stuhl auf der anderen Tischseite. Das hieß dann wohl, dass Cameron mir später gegenübersitzen, während Ms Kane seitlich von uns sitzen würde.

Ich ließ mich auf den mir zugewießenen Platz fallen. Mein Blick fiel dabei auf die Uhr, die im Raum hing. Obwohl ich es nicht eilig gehabt hatte, war ich auf die Minute genau gekommen. Cameron dagegen ließ sich anscheinend Zeit. Doch wie hieß es so schön: Wenn man vom Teufel spricht ...

Ein hochgewachser, breitschultriger Junge kam durch die Tür gelaufen. Mir fiel sofort auf, dass die dunklen Schatten unter seinen Augen gar nicht mehr so dunkel waren und bereits einen gelblichroten Farbstich angenommen hatten. Wenn man Cameron so ansah und von seinem momentanen Zustand absah, würde man meinen es sei lächerlich, dass jemand wie ich ihm hatte die Nase brechen können. Immerhin war er gute eineinhalb Köpfe größer als ich.

Cameron sah mich nicht an, als er sich gegenüber von mir auf den Stuhl fallen ließ. Auch ihn begrüßte Ms Kane und als sie sicher war, dass wir beide ihr zuhören würden, fing sie an zu sprechen.

„Es freut mich, dass Sie beide sich bereiterklärt haben, heute miteinander zu sprechen. Bevor wir anfangen, möchte ich, dass Sie wissen, dass das hier ein geschützer Raum ist, in dem sie offen miteinander sprechen können. Ich werde natürlich darauf achten, dass das Gespräch nicht ausartet, aber unser aller Hauptanliegen ist es, dass Sie den jeweils anderen und seinen Standpunkt nach dem heutigen Gespräch besser verstehen und vielleicht sogar einen ersten Schritt machen, um den bestehenden Konflikt bei Seite zu legen."

Scherbenherz [TxS / GxG]Where stories live. Discover now